6822905-1973_47_08.jpg
Digital In Arbeit

In den Lagern: Skepsis

Werbung
Werbung
Werbung

Die „Palästinensische Befreiungsorganisation“ (PLO) ist, wie man in Beirut hört, derzeit gegen die unter anderem von Ägypten vorgeschlagene Bildung einer palästinensischen Exilregierung. Eine Mehrheit der in dieser Dachorganisation vertretenen Guerrillagruppen ist allerdings, wie in PLO-Kreisen bestätigt wurde, für die Teilnahme an einer nahöstlichen Friedenskonferenz zwischen den Arabern und Israel. Unter den Palästinensern gibt es jedoch starke Zweifel an der politischen Legitimation der PLO. Während Israel die Freischärler offiziell bis jetzt ignoriert und die arabischen Regierungen sie als Vertreter des palästinensischen Volkes anzuerkennen bereit zu sein scheinen, beurteilt man ihren politischen Vertretungsanspruch unter den Palästinensern selbst sehr unterschiedlich.

Nach mehreren direkten Kontakten mit der Sowjetregierung hat sich die Haltung der PLO-Führung zu einer vorderorientalischen Kompromißlösung grundlegend gewandelt. Der Kreml ließ, wie sowjetische diplomatische Kreise bestätigten, PLO-Chef Jassir Arafat wissen, daß er keine Vernichtung Israels, sondern eine dauerhafte Kompromißlösung wünsche. Die weitere politische und militärische Unterstützung der „Fedaijjin“ sei von der Zustimmung dazu abhängig gemacht worden. Trotzdem lehnen die drei linksextremistischen Gruppen jede Teillösung ab und fordern die Rückgabe' von ganz Palästina an die Araber. Sie sind allerdings nicht stark genug, um sich gegen die Mehrheit durchzusetzen. In der Furcht, die wahrscheinlich weit übertrieben dargestellte wirkliche Stärke der einzelnen Gruppen überdecken zu müssen, liegt übrigens auch einer der Gründe für die Weigerung, noch vor den Friedensverhandlungen eine palästinensische Exilregierung zu bilden.

Die PLO kann sich wahrscheinlich auf eine sichere Mehrheit bei den Insassen der Flüchtlingslager im Libanon und in Syrien stützen und hat auch im Gazastreifen einen gewissen Anhang. Differenzierter ist schon die Haltung der in Transjordanien lebenden Flüchtlinge. Sie bildeten bis zu dem berüchtigten

„Schwarzen September“ von 1970 den hauptsächlichen personellen und politischen Rückhalt der Guerrilleros. In der Zeit danach ließ die Anziehungskraft der Guerrilleros dort erheblich nach, und im „Ramadankrieg“ unterstützten die meisten Lagerinsassen die Haltung König Husseins. Befragungen ergaben, daß manche nun die Vorsicht des Monarchen für das Ausbleiben eines arabischen Sieges mitverantwortlich machen.

Kaum Sympathien genießen die „Fedaijjin“ bei den Einwohnern des seit 1967 israelisch besetzten Westufers, als des eigentlichen Restpalästinas. Dort sieht man in der PLO die Vertreterin einer politischen Minderheit und fürchtet nicht zu Unrecht, ihre Teilnahme an einer Friedenskonferenz könnte das künftige Regierungssystem eines Palästinastaates präjudizieren. Die Westuferpalästinenser wollen für den Fall, daß es zu arabisch-israelischen Verhandlungen kommen sollte, eigene Vertreter zu der Konferenz entsenden. Als Verhandlungspartner bieten sich dort die traditionellen Notabein an, also die schon immer über ihre eigentlichen Amtspflichten hinaus politisch einflußreichen Bürgermeister der Städte Jerusalem, Hebron, Ramalah, Nablus und Jericho. Sie haben bereits fest um-rissene Vorstellungen von der politischen Zukunft Restpalästjnas, die zudem nicht in allzu großem Widerspruch zu der Haltun^^fcrftfaniens und Israels stehen. Sie wünschen einen verteidigungs- und wirtschaftspolitisch mit dem haschemiti-schen Königreich verbundenen autonomen Staat mit innerer Selbstverwaltung. Jerusalem soll nicht internationalisiert werden, sondern die jüdische Ansiedlung im Ostteil der Stadt untersagt und dieser Teü an die Araber zurückgegeben werden. Im Austausch dafür soll den Gläubigen aller Religionen freier Zugang zu ihren heiligen Stätten gewährleistet werden.

Bei allen Palästinensern unumstritten ist der Umstand, daß auch die in dem seit 1948 bestehenden nördlichen Kernisrael lebenden Araber in eine Friedensregelung einbezogen werden müssen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung