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In der Ehemoral zählt Gewissen
Ungleich mehr Verständnis, als es in manchen offiziellen Aussendungen vatikanischer Zentralstellen zum Ausdruck kommt, manifestierten die österreichischen Bischöfe in einer Klarstellung zum Thema Geburtenregelung im Sinne verantworteter Elternschaft und Schwangerschaftsunterbrechung. Hier handle es sich um „zwei total verschiedene Dinge, die auch völlig verschieden zu bewerten sind“, erklärte Weihbischof Alois Wagner (Linz) auf Befragen in einer Pressekonferenz, die der vorwöchigen Bischofskonferenz gewidmet war.
Österreichs Bischöfe wollen kei-, nen Schritt hinter ihre Erklärung zurückweichen, „die mit Sicherheit auch dem gegenwärtigen Papst bekannt ist“ und in der vor zehn Jahren nach Erscheinen der Enzyklika „Humanae vitae“ auf die Letztinstanz eines gebildeten Gewissens der einzelnen Ehepartner verwiesen wurde.
Es könnte sein, daß auf der nächstjährigen Bischofssynode in Rom auch das Thema Sexual- und Ehemoral zur Sprache kommt, weil die Äußerungen des Papstes dazu in jüngster Zeit wegen mancher undifferenzierter Formulierungen einige Besorgnis ausgelöst haben. Von den österreichischen Bischöfen ist Rom gegenüber eine realitätsbezogene Haltung, die aber nichts mit Prinzipienpreisgabe und „Kapitulation vor dem Zeitgeist“ zu tun hat, zu erwarten.
Im übrigen halten die Bischöfe selbst vor allem ihre Erklärung zur laufenden Schuldebatte für eine der wichtigsten Aussagen der heurigen Herbstkonferenz. Wie „Schulbischof“ Helmut Krätzl (Wien) klarmachte, sähen die Bischöfe in jeder Art von Ganztagsschule eine Notlösung, weil dadurch das „Mindestmaß an zeitlicher Gemeinsamkeit“ von Eltern und Kindern bedroht würde. In diesem Sinn sei die freiwillige Tagesheimschule der obligatorischen Gesamtschule aber vorzuziehen.
Natürlich mußten sich die Bischöfe bei diesem Thema sofort von sozialistischer Seite auch vorhalten lassen, daß die Kirche hier sehr inkonsequent sei, denn in ihren eigenen Internatsschulen würde nach dem „Elternrecht“ auf „maximale zeitliche Gemeinsamkeit“ von Eltern und Kindern noch viel weniger gefragt.
(Nun kann man sicher argumentieren, daß Eltern, die ihre Kinder in - kirchliche Internate schicken, dies ja freiwillig tun, aber so ganz vom Tisch kriegt man das Thema mit diesem Einwand nicht…)
Andere Themen, die die Bischofskonferenz beschäftigten: Diakonat, Datenschutzgesetz, Denkmalschutz, Liturgie, Pastoralplanung. Eine längere Diskussion gab es wie jedes Mal bei einer solchen Gelegenheit natürlieh auch über die Verteilung der kirchlichen Mittel auf die verschiedenen Projekte.
Vorschläge, die die organisatorischen Voraussetzungen für eine kon- zeptive Medienpolitik schaffen sollen, wurden von der Bischofskonferenz kurz geprüft und zu weiterem Studium an verschiedene Gremien weitergegeben. Im Gespräch ist die Gründung einer Medienkommission, in der die Aktivitäten der Presse-, der Hörfunk-, der Fernseh- und der Filmkommission koordiniert werden sollten, sowie die Schaffung eines gemeinsamen Medienfonds, aus dem die Mittel für konkrete Förderungsmaßnahmen im Medienbereich zu kommen hätten. Übermäßig groß dürfte das Interesse der Bischöfe an einem solchen Fonds nicht sein.
Sehr deutlich lehnten die Bischöfe auch ein weiteres Vordringen brutaler Porno- und Gewaltliteratur ab und berieten außerdem die Vorbereitungen für eine Enquete, auf der eine Zwischenbilanz über die (vorwiegend höchst unerquicklichen) Folgen der Fristenlösung gezogen werden soll. „Natürlich werden wir uns niemals mit der Fristenlösung abfinden“, bekräftigte Weihbischof Wagner den Standpunkt der Bischöfe auf eine bei anderer Gelegenheit gestellte Frage, ob Österreichs Episkopat weniger kämpferisch als der deutsche dazu eingestellt sei.
Weihbischof Krätzl sagte zu einer Frage auf der Pressekonferenz zum Thema Laienberufung an theologische Lehrstühle, in Österreich habe man sich im Prinzip zu der großzügigsten Lösung, nämlich Zulassung zu allen theologischen Fächern, entschieden. Da die theologischen Fakultäten aber auch in der Priesterausbildung entscheidenden Rang hätten, halte man sich an den Grundsatz, daß die Zahl der Laienprofessoren die der Priesterprofessoren nicht übersteigen sollte.
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