Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
In der Zwangsjacke der Eindämmungspolitik
Während in Washington Freudenfeuerwerke die Nacht erleuchteten und der gestern in sein Amt als 42. US-Präsident eingeführte Bill Clinton gemeinsam mit seinem Vize AI Gore eine Nachbildung der Freiheitsglocke aus der Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskampfes läutete, läutete der erfolglose, trockene und abgewählte George Bush mit einem dritten Angriff auf den Irak seinen Abschied, gleichzeitig den Beginn einer neuen Konfliktrunde „des Westens” mit Bagdad ein.
Zwei Jahre hielt die einzige Supermacht den ungelösten Golfkonflikt auf Sparflamme. Ungezählte UNO-Missionen durchforschten den Irak nach ABC-Waffen. Die Ergebnisse waren eher spärlich, bestätigten, was der FURCHE-Experte für den Mittleren Osten, Khalid Durän, schon zu Beginn des Jahres 1991 schrieb, daß mit Saddam Hussein allein die Türkei fertig würde, ließe man sie nur.
Doch die USA brauchen offenbar Saddam -an dem am Boden fürchterlich strampelnden und wüst drohenden Diktator läßt sich relativ risikolos Stärke und Führungskraft demonstrieren; sogar vorbei am UNO-Sicherheitsrat. Mit den jüngsten Militärschlägen gegen den Irak haben die Alliierten ihre mittlerweile arg angeschlagene Glaubwürdigkeit, für Frieden, Freiheit und Demokratie sorgen zu wollen, kaum zurückgewonnen. Die nach dem Kalten Krieg eben erst entstandene Sicherheitsgemeinschaft mit den Russen zeigt erste Risse.
Clinton hat jetzt von George Bush die „Tomahawks” in die Hand bekommen. 'Was wird er damit anfangen? Hält sich der Hort der Freiheit Saddam als billiges Alibi für begrenzte Strafaktionen? Oder wird die im Irak so „präzise Sprache der Raketen”, die am Balkan stumm ist, auch zur Befriedung anderer Konflikte gesprochen werden?
Wie auch immer - ohne das politische Gespräch, ohne Polit-Perspektiven, ohne eine Idee davon, wie den Krisenregionen der Welt ein dauerhafter Friede gegeben werden kann, wird keine Rakete etwas nützen. Das hat sich bisher am Beispiel Irak gezeigt. Das wurde bislang am Balkan nicht einmal versucht.
Aber vielleicht ist der alte Begriff „Containment” (Eindämmung) die Zauberformel künftiger Weltpolitik: Solange Konflikte nur begrenzt sind, mischt man sich nicht ein, setzt ein paar Embargomaßnahmen und läßt Menschen sterben: sind ja nicht die eigenen!
Mit den Raketen auf Bagdad und den Jagdbombern über dem Irak hat Bush seinen Nachfolger geschickt präjudiziell, ihm eine Handlungszwangsjacke für künftige weltpolitische Aktionen verpaßt. Clinton wurde keine Zeit gegeben, lange nachzudenken, er mußte Beifall klatschen.
Kein gutes Omen für die Nagelproben des neuen US-Präsidenten, von denen hier nur zwei - der Irak (Mittlerer Osten) und der Balkan - beim Namen genannt wurden.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!