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In der Zwickmühle

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Die offiziellen Wirtschaftsprognosen.gehen, den gewohnten Blamage-Weg. Im Herbstgutachten des Sachverständigenrates der Bundesrepublik' werden für das nächste Jahr nun noch 4,5 v. IL, Wachstum erwartet.-Im August Tyafte manjioqh 6 y. H. vorhergesehen. Realistisch erscheinen eher. die, Abnahmen vpii. Banken, dje nacj* 4 W H. Rückgang des realen' Sozialprodukts in diesem JahrjHeniaüs im nächsten bis zu 4 v. H. Wachstum unmöglich halfH, Dann wäre 1976 etwa das Wirtschaftsniveau von 1973 erreicht.

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Die offiziellen Wirtschaftsprognosen.gehen, den gewohnten Blamage-Weg. Im Herbstgutachten des Sachverständigenrates der Bundesrepublik' werden für das nächste Jahr nun noch 4,5 v. IL, Wachstum erwartet.-Im August Tyafte manjioqh 6 y. H. vorhergesehen. Realistisch erscheinen eher. die, Abnahmen vpii. Banken, dje nacj* 4 W H. Rückgang des realen' Sozialprodukts in diesem JahrjHeniaüs im nächsten bis zu 4 v. H. Wachstum unmöglich halfH, Dann wäre 1976 etwa das Wirtschaftsniveau von 1973 erreicht.

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Dennoch sollte man sich nicht täuschen: Vieles spricht zur Zeit dafür, als bekäme die SPD/FDP-Koalition einen kleinen Wirtschaftsaufschwung termingerecht zur Bundestagswahl serviert. Die Belebungsanzeichen sind unverkennbar; sie haben von Amerika auf Japan übergegriffen und werden auch in europäischen, vor allem deutschen Auftragsbüchern spürbar. Die schlimmste weltwirtschaftliche Flaute seit vierzig Jahren macht ohne viel Geräusch allmählich einer Normalisierung Platz.

Doch wird eine kleine Belebung als großer Fortschritt, vor allem als Befreiung von der Zukunftsangst empfunden werden, Um wieviel mehr muß sich der Wahlbürger auf ein Trommelfeuer gefaßt machen, wenn es da und dort wirklich nach oben geht.

Die CDU/CSU kommt in die Zwickmühle zwischen der wahrscheinlichen Erholung und jener hemmungslosen Verleumdungscam-pagne mit darauf folgenden Ab-schwächungen nach dem Motto „Es bleibt immer etwas hängen“, für die Brandts „Sicherheitsrisiko“ ein erstes Beispiel war.

Wenn sie die Wahlen gewinnen wollen, müssen die Oppositionsparteien den Eindruck auslöschen, ihr Programm sei lediglich, auf den Wirtschaftszusammenbruch zu warten, um dann alles zu sanieren. So wird es nicht kommen. Die CDU/ CSU muß zeigen, daß sie mehr zu bieten hat. Daß die SPD jetzt tatsächlich die Begriffe Freiheit und Sicherheit für sich in Anspruch nimmt, zeigt überdeutlich, was versäumt wurde. Die gemeinverständliche Übersetzung des gegnerischen Orientierungsrahmens wird der Opposition niemand abnehmen, und auch ihre eigenen Ziele muß sie schon klar und unverquollen nennen.

Das Erfordernis wirklicher Freiheit von innerer und äußerer Bedrängnis und die dazu notwendigen Einzelmaßnahmen sollten darstellbar sein. Die CDU/CSU wird hoffentlich deutlich machen, daß der stets erwünschte gesellschaftliche Fortschritt niemals in der kollektivistischen Bürokratisierung liegen kann, sondern nur in der freiheitlichen Zusammenarbeit der Bürger. Ohne Solidarität geht es nicht, aber sie muß die Zukunft einsichtig bauen, statt neue Untertanen zu schaffen.

Die Position Sicherheit hängt eng damit zusammen. Verbrechen und Bedrohung verlangen kein stures Zurückschalten ins Mittelalter, wohl aber Festigkeit und Entschlossenheit, damit die nächste Generation frei leben kann. Solle das vor lauter Soziologie wirklich nicht an den Bürger zu bringen sein?

Die neuen grotesken Klagen von SPD-Politikern darüber, wie Studenten und Soldaten jetzt „brav“ und „anpassungsbewußt“ würden, zeigen, daß auch junge Menschen ohnehin nach Schaumschlägerei wieder die Vernunft bevorzugen, daß sie genug haben vom aufgedrängten Derwischtanz. Soll jetzt, mit der üblichen Kapier-Verspätung, ausgerechnet die CDU/CSU Schaum schlagen?

Neben den Grundlagen für ein menschenwürdiges Leben, die jeden einzelnen unmittelbar angehen, gehört selbstverständlich auch die rechtzeitige Sanierung der Staatsfinanzen zu den Prioritäten. Sehr schnell hat sich gezeigt, was Inflation und Arbeitslosigkeit schon in den Anfängen bedeuten. Die Entwicklung muß gezügelt werden, solange noch nicht alles verloren ist. Schuldenpolitik wird das niemals fertigbringen, sondern nur die Probleme verschieben und entscheidend verschlimmern.

Gewiß, auch die Freiheit hat ihre Risiken. Das mag schon schwieriger zu erklären sein; doch die Bevölkerung denkt in ihrer Masse durchaus realistisch. Die Union muß sich jetzt mehr einfallen lassen. Sie sollte weniger Kraft nach innen richten* sie muß nach außen deutlicher werden.

Im Libanon hat ein Sechstel der Bevölkerung die Hoffnung auf eine gesicherte Zukunft im eigenen Land aufgegeben. Eine halbe Million libanesischer Christen will ihre Zelte in dem angestammten Vaterland abbrechen oder hat sie bereits abgebrochen. Das ist ein Sechstel der Gesamt- und fast die, Hälfte der christlichen Bevölkerung.

Die von Beirut abgehenden Flugzeuge der „Middle East Airlines“ sind überfüllt von Flüchtlingen. Durch das Wiederaufflammen der Bürgerkriegskämpfe in den letzten Tagen hat sich der Flüchtlingsstrom noch vergrößert. Amtlichen Schätzungen zufolge verließen seit Ausbruch der Feindseligkeiten im Frühjahr rund eine Viertelmillion Menschen ihre Heimat.

Im Gespräch mit den Flüchtlingen stellt sich bald heraus, daß die meisten aufgegeben haben, an die Wiederherstellung der liberalen Demokratie und Wirtschaft im Libanon zu glauben. An Rückkehr denken die wenigsten, höchstens für kurze Zeit nach einer Beruhigung der Lage, um ihren unbeweglichen Besitz abzustoßen.

Über 40.000 christliche Libanesen haben bereits die Konsequenz gezogen und sind gleich nach Rom, Paris und London emigriert. Viele von Ihnen wollen weiterziehen in die Vereinigten Staaten oder nach Südamerika, wo es bereits große libanesische Kolonien gibt und ihnen daher der wirtschaftliche Neubeginn erleichtert wird.

Ein Verkauf der im Libanon zurückgelassenen Liegenschaften ist unter den herrschenden Umständen ein aussichtsloses Unterfangen. Entweder finden sich überhaupt keine Käufer für die vielfach geplünderten oder zerstörten Besitzungen oder man bietet nur geringe Preise. Einige Besitzungen wurden denn auch bereits von linksgerichteten Gruppen besetzt und faktisch enteignet. Diese Entwicklung vergrößert die Hoffnung der politischen Linken auf grundlegende gesellschaftliche Veränderung. Eine Nationalisierung der verlassenen Besitztümer würde einem Linksregime das.nötige „Start-kapital“' für eine Befriedigung der armen muselmanischen Massen verschaffen.

Die zurückbleibenden libanesischen Christen sind meistens weniger begüterte Bergbauern und kleine Geschäftsleute. Die Dezimierung ihrer Zahl macht ihre Position gegenüber den aggressiven Moslems noch schwieriger und erleichtert den politischen, wir schaftlichen und sozialen Umbau des Levantelandes beträchtlich. Mit jedem abwandernden Christen schwindet die Hoffnung auf die Wiederherstellung der traditionellen politischen und wirtschaftlichen Liberalität und steigen die Chancen der Linken zur absoluten Machtergreifung.

In der Welt wird dieser neue Exodus kaum erwähnt. Aber hat man schon vergessen, daß der letzte gewaltsame Exodus in Nahost, jener der Palästinenser — der Anfang allen Übels war? Man vergesse nicht: auch des Libanons Christen leben im Land der Zedern schon durch gut 30 Generationen.

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