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In dieser Welt ist Gott am Werk

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Wenn ich euch oder die jungen Menschen anderer Länder sehe, dann erfüllt mich eine tiefe Zuneigung und eine große Hoffnung. Das Schicksal eures Landes bis weit hinein in das ; nächste Jahrtausend liegt auch in eu- i ren Händen. Und auch das Schicksal des Glaubens in Österreich und darüber hinaus wird von euch mitbestimmt sein. Aus euren Fragen und Anregungen, mit denen ihr das Wirken der Verantwortlichen in Staat Und Kirche oft kritisch begleitet, erkenne ich eure Bereitschaft, euch den Aufgaben der Gegenwart zu stellen.

Ihr selbst habt soeben sehr eindrucksvoll und ernst dargestellt: Die Welt und die Zeit, in der wir heute le- i

ben, sind eine große Herausforderung für euch. Ihr seid betroffen vom Elend und Hunger in weiten Teilen der Erde und von so viel Ungerechtigkeit. Ihr warnt vor der tödlichen Gefahr gigantischer Waffenarsenale und eines drohenden Atomkrieges. Ihr macht euch Sorgen um die Umwelt.

Ihr wißt, daß viele Menschen, vor allem Jugendliche, durch Arbeitslosigkeit bedroht sind oder schon jetzt keine Arbeit haben. Viele Menschen in anderen Ländern sind auch geistig unterdrückt und können ihren Glauben nicht in Freiheit bekennen. Das alles schafft da und dort das Gefühl, das Leben habe wenig Zukunft, we- nig Sinn.

Ift’ėihėf solchen Situation fliehen manche aus der Verantwortung: in kurzlebiges Vergnügen, in die Scheinwelt des Alkohols und der Drogen, in unverbindliche sexuelle Beziehungen, in Gleichgültigkeit, Zynismus oder auch Gewalt. Für einige wird die Flucht in den Tod zum scheinbar letzten Ausweg.

Aber die Mitte der Nacht ist, wie jemand gesagt hat, zugleich schon der Anfang des Tages. U berail auf der Welt haben Menschen begonnen, sich und andere zu fragen: Was kann ich tun? Was können wir tun? Wohin führt unser Weg?

Es sind vor allem junge Menschen, die so fragen. Sie möchten ihren Beitrag leisten, um eine weithin müde und kranke Gesellschaft zu heilen. So geben sie ihrem Leben und dem Leben ihrer Freunde einen neuen Sinn. Dieser Sinn hat für viele von ihnen schon einen Namen: den Namen Jesus Christus. Sie haben Jesus gefunden. Andere junge Menschen suchen Jesus. Zeigt ihr ihnen den Weg zu ihm!

Die verschiedenen Wege, auf denen ihr gekommen seid, mündeten ein in das Kreuz, das einige von euch stellvertretend mitten im Stadion auf den Boden gelegt haben. Es ist ein Kreuz aus Blumen, ein blühendes Kreuz. Es ist das Siegeszeichen Jesu, der als der Gekreuzigte zugleich auferstanden ist. - Ein Zeichen des Osterglaubens gegen alles, was euch lähmen könnte.

Jesus hat vor bald 2000 Jahren junge Menschen, wie ihr seid, zu sich gerufen. Sie haben Boot und Netz verlassen und sind seine Jünger geworden. Aus Fischern und Zöllnern wurden Apostel. Jesus ruft auch heute. Er ruft euch!

Uns berührt sogleich die große Behutsamkeit und Zuneigung, mit der er den Menschen begegnet: wie er Kinder segnet und den Sündern beim Mahl Gemeinschaft gewährt; wie er um seine Jünger besorgt ist und sie schrittweise in seinen Lebensplan einführt; wie er den Schmerz der Witwe von Naim teilt, auf den blinden Bettler hört, der am Wege schreit, und wie er mit der Frau am Brunnen ein Gespräch führt.

Uber den Menschen hinaus zeigt sich Jesus mit der ganzen Schöpfung tief verbunden: Er beobachtet, wie

die Saat auf dem Acker gedeiht und wie der Feigenbaum Früchte ansetzt. Er achtet auf Wind und Wolken. Senfkorn und Weinstock, Lilien und Sperlinge werden zum Gleichnis für das Reich Gottes, das er verkündet.

Wirklich, es erstaunt nicht, daß junge Menschen von heute auf Jesus neu aufmerksam werden: Ihr seid ja besonders darauf bedacht, daß Mensch und Natur in ihrer Würde und in ihrem Wert emstgenommen werden.

Freilich verkörpert Jesus mehr als nur einige Ideale des modernen Menschen. Er zeigt in Natur und Mensch einen tiefen Sinn auf: Die Welt ist Gottes Schöpfung; in ihr ist ohne Unterlaß Gott, der ewige Vater, am Werk. So wird alles Geschaffene durchsichtig auf Gott hin: die großen Ereignisse ebenso wie die scheinbar unbedeutenden Dinge, an denen man leicht achtlos vorübergeht.

Für uns sollte diese Botschaft Jesu von der beständigen Gegenwart Gottes inmitten dieser Schöpfung eine Quelle der Zuversicht sein: Gott kennt uns. Jesu Botschaft ist aber zugleich ein Anspruch. Zuneigung und Vertrauen zu ihm sollen in Nachfolge einmünden. Gefühle allein reichen nicht: Wir müssen bereit sein, unser Wollen und Handeln auf ihn auszurichten. Daran läßt der Herr keinen Zweifel: „Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt“ (Joh 14, 21).

Ihr geht auf Menschen zu. V iele von ihnen sind euch noch gar nicht bekannt. Einer wird vielleicht der Partner für euer Leben sein, entschei

dend ebenso für euch wie für die Kinder, deren Eltern ihr sein werdet. Wie findet ihr den Weg zueinander? Wie lernt ihr jene Liebe, die auch Enttäuschungen übersteht? Wie lernt ihr jene wahre Selbstverwirklichung, die nicht nur „Ich“ sagen kann, sondern auch „Du“ und „Wir“? Jesus hat gesagt: „Kommt und lernt von mir!“

Ihr geht auch auf einen Beruf zu. Für viele wird es nicht ein Traumberuf sein, sondern ganz nüchtern ein Arbeitsplatz, an dem ihr aber doch als junge Menschen gefordert seid. Leistet zuverlässige Arbeit, seid gute Kameraden. Und wenn es euch gegeben ist, seid auch bereit, besondere Verantwortung zu übernehmen. Habt keine Angst, euch in eurem Milieu als Christen zu bekennen!

Ihr seid schließlich auch unterwegs zu einer künftigen Gesellschaft. Ihr wünscht, daß sie besser sei als die jetzige Gesellschaft. Euer Wunsch ist berechtigt. Es wäre aber ungerecht, jenen nicht zu danken, die zu ihrer Zeit im voraus vieles für euch getan haben. Ihr wollt eine Gesellschaft mit mehr Wahrhaftigkeit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Beginnt ihr damit, wahrhaftig und gerecht zu sein, barmherzig und um Frieden bemüht!

Ich bin überzeugt, daß ihr keine Kirche wollt, die die Forderungen Jesu verkürzt oder die Schätze des Glaubens zu billigen Preisen veräußert. Ihr wollt eine Kirche, die deutlich spricht und glaubwürdig lebt. Ohne sich an den Zeitgeist auszulie- fem, soll sie den Menschen von heute Hoffnung vermitteln.

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