6983456-1986_17_25.jpg
Digital In Arbeit

In Eugens Schlössern

Werbung
Werbung
Werbung

Der weiträumige Stall dürfte vor vierzig Jahren der sowjetischen Besatzung noch als Kantine gedient haben. An der Hinterwand steht noch, verblaßt, der Ausspruch des russischen Feldmarschalls Suworow, Napoleons Gegenspieler in Oberitalien: „Mehr Schweiß beim Studium, weniger Blut im Krieg“.

Man hat die Inschrift stehenlassen, als der Innenraum neu geweißt wurde. Nicht nur, um auch diesen Abschnitt in der Geschichte von Schloßhof nicht auszuklammern. Er paßt auch in die Linie, die der Hausherr dieses Schlosses im Marchfeld in den 34 Jahren seines Soldatenlebens verfolgt hat.

Als Prinz Eugen von Savoyen 1725 das Schloß Schloßhof erwarb und von Lukas von Hildebrandt ausbauen ließ, lagen diese 34 Jahre, lagen die Siege von Zenta und Höchstädt, von Oudenarde und Malplaquet, von Peterwardein und Belgrad bereits hinter ihm.

Zu dieser Zeit, da er auch Schloß Niederweiden, unweit von Schloßhof, als Jagdschloß einrichtete, war der kleine Savoyar-de Präsident des Hofkriegsrates, wichtigster Berater bereits des dritten Kaisers, der Mann, der die Geschichte Österreichs und des Kaiserhauses über Jahrzehnte entscheidend beeinflußte.

Als Eugen vor 250 Jahren starb, begann sein Ruhm bereits zu verblassen. 20 Jahre nach seinem Tod kaufte Maria Theresia beide Schlösser. Später begannen sie zu verfallen. In Schloßhof übten Kavalleristen der k. u. k. Armee, des Bundesheeres und der Wehrmacht, bis 1945 die Russen einzogen. Die Ringe in den Mauern des Stalles, der nun als Veranstaltungsraum dient, erinnern noch daran — die verblaßte Inschrift „Slawa sowjetskoi armij“ an die— letzte dieser Phasen.

Nun aber sollen die einstigen Prunkräume in Schloßhof und Niederweiden die Zeit des Sa-voyers wieder auferstehen lassen: „Prinz Eugen und das barocke Österreich“, zwei Begriffe, die für die Periode von 1683 bis 1740 nicht zu trennen sind.

Was assoziiert der Nachfahre, ein Vierteljahrtausend später, mit Prinz Eugen? „Edler Ritter“, „er ließ schlagen eine Brucken“, Bel-vedere und Belgrad? Ins Konkrete übersetzt! er war

• der Sproß des europäischen Hochadels, der, vom eigenen König Ludwig XIV. abgewiesen, ein Leben lang mit unverbrüchlicher Treue dem Kaiser diente — gegen seinen einstigen Herrn. Unvorstellbar heute in einem Zeitalter nationaler Vorurteile.

• der geniale Feldherr, der selbst seine Truppen in die Schlacht riß, siebenmal verwundet wurde; der ebenso durch genaue Planung wie intuitives Reagieren siegte - undenkbar heute in einer Zeit computergesteuerter Massenvernichtung.

• der Bauherr, der das Gesicht Wiens am Beginn des 18. Jahrhunderts mitformte; der Staatsmann, dem die größte Machtentfaltung des Hauses Österreich zu verdanken war — und der sich gegen Korruption, Mißgunst, Intrigen, Unverständnis durchsetzen mußte.

Alles das soll nun hier bis zum Herbst gezeigt, wenigstens angedeutet werden. Wohltuend sparsam, um den am Detail weniger interessierten Besucher nicht zu überfordern. Vielfältig genug, um auch in groben Zügen ein Bild der Umwelt zu geben.

Für 34 Jahre Kriegszeit, im Südosten wie im Westen und in Italien, müssen zwei Säle genügen. Aber nicht nur aus Platzgründen fehlt wohl bei dem auf der Karte verzeichneten Vorstoß nach Sarajevo im Herbst 1697 Eugens Meldung an den Kaiser: „Man hat die Stadt völlig niedergebrannt und auch die ganze Umgebung. Unsere Trupps, die den Feind verfolgten, haben Beute eingebracht, und auch Frauen und Kinder ...“

Heute hieße dies Kriegsverbrechen.

In Schloßhof kommen Politik, Kriegsgeschichte, Kulturgeschichte zu Wort, in Niederweiden das Leben der Menschen dieser Zeit, von den Bettlern in ihren Lumpen, dem Aberglauben des Volkes über die Arbeiten der Bauern und Handwerker bis zu den Bauleistungen und den Belustigungen des Adels. Der Jagdlust des Prinzen ist zu verdanken, daß sein Jagdschloß heute noch von seiner Zeit zeugen kann.

Vor der Eröffnung beider Schlösser aber lagen Jahre des Wiederaufbaus, der Revitalisierung — an deren Zustandekommen die Publizistin Pia Maria Plechl gebührenden Anteil hatte.

127 Millionen Schilling wurden bisher für Schloßhof, 43 Millionen für Niederweiden bereitgestellt. Nun hofft man auf 400.000 Besucher, die wenigstens das Defizit der Ausstellung auf fünf Millionen beschränken könnten.

Dann aber müssen noch weitere Räume des ersten Stockes, der ganze zweite Stock und schließlich die Gartenanlage restauriert werden. Dazu wird es neuer Verwendungsmöglichkeiten für beide Schlösser bedürfen, neuer Aufgaben, die auch weitere Investitionen berechtigt erscheinen lassen und wenigstens einen Teil der Kosten decken könnten. Bis zum Ende der Ausstellung am 26. Oktober sollten sich Anregungen dafür finden lassen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung