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In Krems und in St. Pölten

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in Klosterneuburg und in Wiener Neustadt, in Groß Enzersdorf und in Baden - und natürlich in vielen Wiener Bezirken bestanden Ende des vorigen Jahrhundertsjüdische Synagogen. Fürdie etwa 150.000 Juden, die zu dieser Zeit in Wien lebten, gab es allein 95 davon. Mit dem Staatsgrundgesetz von 1867 war jüdischen Bürgern der freie Zuzug gestattet, er kam besonders aus dem Osten der Donaumonarchie.

Jüdische Niederlassungen sind in Wien schon seit dem 12. Jahrhundert nachweisbar, ab 1624 gab es ein Ghetto jenseits der Donau (Im Werd). Aber erst 1811 entstand der Vorgängerbau der heutigen Synagoge in der Seitenstettengasse und erst 1824-26 wurde vom Biedermeier-Architekten Josef Komhäusel dort ein Neubau errichtet - entsprechend den damaligen Vorschriften hinter einer Hausfassade versteckt.

Heute befindet sich dort auch Wiens provisorisches Jüdisches Museum, das bis 1. Dezember eine hochinteressante Ausstellung „Wiener Synagogen" zeigt. Der Bau von Synagogen in und rund um Wien boomte, als ab der Mitte des vorigen Jahrhunderts besonders orthodoxe Juden zuwanderten. Kultusgemeinden und Tempelvereine ließen in den Wiener Vorstädten Bethäuser errichten, die - dem Stil der Zeit entsprechend - die Vielfalt architektonischen Schaffens widerspiegelten. Sie sind - heute verlorengegangene - kulturhistorisch und architektonisch wichtige Beispiele für die Wiener Architekturgeschichte.

Ausstellungsfotos belegen den Reichtum der Stilzitate des Historismus, zeigen das Aufkommen des Jugendstils. Der als Wiener Zentralsynagoge (2.000 Plätze) erbaute Leopoldstädter Tempel (Tempelgasse 3) zeigt Anklage an Venedigs Dogenpalast, der Tempel der türkischen Juden (Zirkusgasse 22) gemahnt an die Alhambra. Die Zwiebeltürme des Kreml wurden ebenso nachempfunden (Kluckygasse) wie die Merkmale der Gotik (Schmalzhofgasse 3) oder romanische Burgzinnen (Eitelbergergasse). Richard Neutra entwarf 1924 ein jüdisches Gemeindezentrum in modemer Blockbauweise, 1926-28 entstand am Wiener Zentralfriedhof eine jüdische Zeremonienhalle im Stile Clemens Holzmeisters.

1938 wurden 50 der damals 95 Synagogen zerstört, Kriegsereignisse und Nachkriegsjahre gaben ihnen den Rest, nur wenige wurden wiederaufgebaut.

Mit der Einsetzung des neuen Leitungsteams (Danielle Luxembourg, Georg Haber, Karl Albrecht-Weinberger) könnte nun das seit März 1990 existierende Provisorium einen Schritt weiter in Richtung eines Wiener Jüdischen Museums gehen. Die reichhaltige Sammlung(neben den Objekten von Max Berger Bestände der Stadt Wien, der Nationalbibliothek, aus Bezirksmuseen und aus Privatbesitz) und ihre verstärkte Präsentation in der Öffentlichkeit schließt Lücken in Wiens Kulturgeschichte.

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