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Kuba braucht Devisen: Die seit dreißig Jahren verfallene Altstadt von Havanna soll auch mit Hilfe der österreichischen UNESCO-Kommission beispielhaft restauriert werden.

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Kuba braucht Devisen: Die seit dreißig Jahren verfallene Altstadt von Havanna soll auch mit Hilfe der österreichischen UNESCO-Kommission beispielhaft restauriert werden.

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Ein Sanierungsprogramm, einmalig in Umfang und Methode, soll bis zur Jahrtausendwende die Altstadt der kubanischen Hauptstadt Havanna retten. An der Plaza Vieja will ein österreichisches Architektenteam ein internationales Künstlerquartier einrichten.

Von Altstadterhaltung hielt der vor achtundzwanzig Jahren vertriebene kubanische Diktator Fulgencio Batista wie alle seine Zeitgenossen nichts: der koloniale Kern der „Weißen Stadt” Havanna sollte einem modernen Stadtkern aus Stahl und Beton weichen.

Batistas Sturz verhinderte dies im Jahr 1959.

Von Altstadterhaltung hielt auch der vor bald dreißig Jahren an die Macht gekommene Fidel Castro nichts: Das „karibische Babylon” Havanna, in das die amerikanischen Touristen vor der Revolution geströmt waren, um sich all das zu erlauben, was sie daheim nicht durften, sollte für sein unzüchtiges Treiben bestraft werden.

Castros Puritanismus verhinderte Reparaturen jeder Art.

Aber eine von Salzwasser um-gischtete Kapitale verrottet rasch. In den siebziger Jahren drohte Havannas Altstadt unbewohnbar zu werden. Die Bilanz jahrzehntelanger Vernachlässigung ist inzwischen von kubanischen Beamten genau erhoben worden: von den neunhundert Gebäuden von historischem Wert auf den vier Quadratkilometern des inneren Kreises der Altstadt waren nur 15 Prozent gut erhalten; 46 Prozent waren reparaturbedürftig; 38 Prozent müssen von Grund auf restauriert werden; ein Prozent wird nicht mehr zu retten sein.

Die Regierung mußte etwas unternehmen und machte sich dabei den einzigen Vorteil der Vernachlässigung- ein Stadtkern fast frei von Modernisierungswunden — ehrgeizig zunutze. Die Kubaner erarbeiteten Anfang der achtziger Jahre ein Sanierungsprogramm von einmaligem Umfang und vorbildlicher Zielsetzung; die UNESCO erklärte Havanna Vieja mit seinen prachtvollen Kolonialbauten zum Kulturgut der Menschheit.

Es blieb nicht beim Programm. Was gerettet werden soll, ist inzwischen abgestützt, um den weiteren Verfall zu verhindern. Die Häuser ganzer Straßenzüge sind für Reparaturarbeiten eingerüstet. Und an den bereits sanierten Häuserblocks läßt sich das Konzept ablesen: Eine Innenstadt, in welcher die Verbindung von gestern und heute zum Stadtleben der Zukunft werden soll.

Ebenerdig sind Werkstätten und Geschäfte jener Sparten untergebracht, von denen die Historiker und die Soziologen im kubanischen Planungsteam nachgewiesen haben, daß sie zur ursprünglichen Funktion gehört haben. Wo es möglich ist, werden die alten Räumlichkeiten auch innenarchitektonisch wiederhergestellt, aber immer mit den heutigen Anforderungen kombiniert. So ist etwa der Einkauf von Medikamenten gleichzeitig der Besuch in einem kleinen Museum: im pharmazeutischen Museum gleich beim Palacio de los Capita-nes ist eine moderne Apotheke untergebracht.

Die oberen Stockwerke bleiben als Wohnungen erhalten, nur bei mehreren Geschoßen kommt noch eine Kanzlei oder ein Büro unter, sodaß eine Entvölkerung der Altstadt im Zuge der Restaurierung verhindert wird.

In der neuen Fußgängerzone bummeln Touristen, die neuerdings in Kuba als Devisenbringer wieder willkommen sind. Aber auch die Einheimischen genießen das Ambiente, denn sie geben ihren Bargeldüberschuß gerne für das Essen und Trinken in den neuen-alten Cafes der sanierten Viertel aus.

Ein Platz, der in den nächsten Jahren wieder seine ursprüngliche Funktion als Markt wiedererhalten soll, ist die heute eher abgelegene Plaza Vieja. Hier steht das ehemalige Colegio del Santo Angel, um dessen Sanierung sich die österreichischen Architekten Peter Noever und Carl Pruscha bemühen.

Im Sinne der ehemals schöngeistigen Funktion des Gebäudes konzipierten sie ein internationales Künstlerquartier. Da Castros Kuba mit Kunst gerne international Werbung betreibt, ist von kubanischer Seite mit Zustimmung zu rechnen.

Problematisch ist allerdings die Finanzierung, die sich das Architektenteam zunächst von Österreich erhofft hatte. Jetzt versucht die österreichische UNESCO-Kommission in Drittländern, etwa Kanada, die Finanzierung zu sichern.

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