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„Informel” und „Plan”

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österreiÄs Befreiung im Jahre 1945 brachte auch auf kulturellem Gebiet nach den Verheerungen des Krieges und der Nazizeit einen großen Nachholbedarf. Wesentliche internationale Entwicklungen in Kunst und Kultur waren bereits vor 1938 hierzulande übersehen und ignoriert worden und wurden erst von da ab rekapituliert, bewußt und zum Tragen gebracht.

Zwei Ausstellungen im Museum des 20. Jahrhunderts sind nun einem wichtigen Teil dieser Bestrebimgen gewidmet, die in den ersten acht Jahren nach dem Kriege bedeutsam wurden

In dieser Zeit setzten sich die jungen Künstler Österreichs nicht nur mit dem Expressionismus imd Kubismus, sondern auch mit der gegenstandslosen Kunst und dem Surrealismus auseinander. In dessem Gefolge hatte sicah sciion früh der „Automatismus” entwickelt und bei ‘Michaux und Massen Formen des „acrtion painting”, die im Grunde schon Wurzeln in den ersten gegenstandslosen Bildern Kandinskijs hatten. Als Reaktion gegen die nach 1945 in Paris ,ysiegreiche” geometrische Abstraktion gelang dieser Bewegung, die bald die Maler Bryen, De Kooning, Härtung, Pollock, Mathieu, Riopelle und Wols umfassen sollte, nach 1947 durch den Einsatz von Michel Tapie der Durchbruch. In Österreich war die Wirksamkeit des „Tachismus”, des „abstrakten Expressionismus” oder des „Informel”, wie sie aucii genannt wurde, auf vier Jahre und im wesentlichen auf drei Hauptfiguren dieser im Grunde gegen die Kunst gerichteten „Antikunst” beschränkt: Maria Lass-nig, Oswald Oberhuher und Arnulf Rainer, deren Arbeiten unter dem Titel „Informel in Österreich 1949 bis 1953” im Hauptsaal des Museums gezeigt werden. Arnulf Rainer entwickelte sich 1951 von phantastischen automatischen Mikrostrukturen und -Organismen zu seinen aggressiven „Vertikalgestaltungen”, Oswald Oberhuber in seiner Malerei zu Farbgerinseln ä la Pollock und in der Plastik zu vegetativen Girlanden, während Maria Lassnig, die male-

risch bedeutsamste der drei, psychisch expressive Färb- und Zeicihen-schübe setzte. 1953 hatte das „Informel” für Lassnig, Oberhul>er und Rainer seine Funktion der Befreiung erfüllt und jeder einzelne wandte sich aktueller scheinenden Bestrebungen zu.

Die Ausstellung, von Otto Breicha zusammengestellt, didaktisch ausgezeichnet aufgebaut und kommentiert, zeigt unter den „Vorläufern” des „Informel” auch Arbeiten der Österreicher Richard Gerstl. Herbert Boeckl, Ferdinand Stransky und Fritz Wotruba, die wohl nur sehr bedingt dazuzurechnen sind, da sie unter gänzlich anderen Voraussetzungen und mit ganz anderen Intentionen entstanden. Die zweite Ausstellung gilt der heute schon legendär gewordenen Avantgardezeitschrift „Plan”, deren erste Nummer im Oktober 1945 erschien und die bis 1948 durch ihren verdienstvollen Herausgeber, den auch als Lyriker und Essayisten bemerkenswerten Otto Basil, ein Sammelpunkt progressiver Tendenzen in Kunst und Literatur war. Manuskripte, Photos und Bilder dokumentieren die für jene Zeit hervorragende Bedeutung der Zeitschrift, in der neben anderen prominenten Österreichern und Ausländem damals Arbeiten von A. P. Gütersloh, Theodor Kramer, Hans Welgel, Fritz Hochwälder, Wilhelm Szabo und von der jungen Generation von Christine Busta, Erich Fried, Hans Lebert und Friederike Mayröcker publiziert wurden. Der in Wien lebende saarländische Maler und Surrealist Edgar Jene setzte sich in ihr zusammen mit Arnulf Neuwirth und Hans Muschik bereits für die jungen Maler des späteren „phantastischen Realismus”, für Rudolf Hausner, Wolfgang Hutter und Ernst Fuchs, aber auch für Emst Paar, Rudolf Pointner, Susanne Wenger und Walter Behrens ein. Curt Stenvert war im „Plan” ebenso vertreten wie Wolfgang Paalen, dessen gezeigtes Bild bereits eine Überleitung zur Ausstellung des „Informel in Österreich” bedeutet.

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