6810464-1972_31_05.jpg
Digital In Arbeit

Injektion fürs Kino

19451960198020002020

Entgegen in letzter Zeit kursierenden Gerüchten, es werde in Osterreich doch zu keinen Maßnahmen auf dem Gebiet der Filmförderung kommen, sind Verhandlungen, Ausarbeitung des Gesetzestextes und vorgesehene Abschlußenquete schon sehr weit fortgeschritten.

19451960198020002020

Entgegen in letzter Zeit kursierenden Gerüchten, es werde in Osterreich doch zu keinen Maßnahmen auf dem Gebiet der Filmförderung kommen, sind Verhandlungen, Ausarbeitung des Gesetzestextes und vorgesehene Abschlußenquete schon sehr weit fortgeschritten.

Werbung
Werbung
Werbung

Kurz rekapituliert: In der Regierungserklärung 1970 kündigte Bundeskanzler Dr. Kreisky gesetzliche Maßnahmen zur Förderung des österreichischen Films an; eine solche Zusage fand sich in der Regierungserklärung 1971 nicht. Auf eine schriftliche Anfrage hin erklärte der Kanzler im November jedoch ebenfalls schriftlich, daß ein Filmförderungsgesetz noch in der laufenden Legislaturperiode beschlossen werde. Am 22. März fand nun — einberufen durch das Bundesministerium für Unterricht und Kunst — eine Filmförderungsenquete statt, bei der zwar von allen Rednern der vorgelegte Vorschlag des Ministeriums abgelehnt und eine zusammenfassende Förderung, also einschließlich des Kommerzfilms, verlangt wurde, die aber doch annehmen ließ, es würde an der Filmförderung gearbeitet.

In der ersten Septemberhälfte 1972 nun soll um eine gemeinsame Enquete der Ministerien für Unterricht und Kunst sowie Handel, Gewerbe und Industrie stattfinden. Den Teilnehmern soll (aus Kompetenzgründen) zwei Gesetzentwürfe vorgelegt werden. Bei der Vorlage des Unterrichtsministeriums zur Förderung des künstlerisch und kulurell hochwertigen Films wird es sich praktisch nur um eine Erweiterung der im Bundesflnanzgesetz für diese Zwecke schon vorgesehenen Positionen, um Prämien für Drehbücher oder besonders gut gelungene Filme handeln.

EWG-Schwierigkeiten?

Das Handelsministerium wird einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen, von dem die damit befaßten Beamten annehmen, er könne — nach einer Begutachtungsfrist von nur drei Wochen — im Parlament eingebracht und möglicherweise noch heuer beschlossen werden.

Österreichs Abhängigkeit vom ieutschsprachigen Filmmarkt ist besannt — denn im Höchstfall spielt ;in österreichischer Film im eigenen L,and zehn Prozent der Herstellungs-iosten ein.

In der Bundesrepublik hat sich die Filmförderung nach quantitativen

Gesichtspunkten bewährt, qualitativ gibt sie Anlaß zu allgemeiner Kritik. Deshalb soll auch eine sogenannte jroße Novelle den Bundestag passieren, wurde aber vom zuständigen Ressortminister im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen gar nicht mehr eingebracht. Auf diesen Bremseffekt sowie auch auf die Tatsache, daß sich in zwölf Jahren die 3tamm-EWG auf keine Harmonisie-~ung der Filmförderungsbestrebun-en einigen konnte, weisen Pessimisten in Österreich hin.

Das Bundesministerium für Unterricht und Kunst ist hingegen in ;iner günstigeren Situation. Eine ludgetpost für die Förderung des ünstlerisch und kulturell wertvol-?n Films ist seit vielen Jahren Veranden, ebenso wie die genaue Vor-chrift zur Einreichung um eine Sub-ention oder ein Darlehen. Die Bud-etpost muß nur erhöht, der Einrei-lungsmodus erleichtert und die Zu-;ilung von Förderungen toleranter nd für alle in gleichem Maße gere-elt werden. Wer sich der Mühe nterzieht und die tatsächlichen .usgaben des Ministeriums für ilmförderung mit den Ansatzzifrn im Budget vergleicht, wird sich rundern, woher um so viel mehr örderungsmittel kamen; die tat-ichlichen Ausgaben zusammenge-)ßt, könnten also durchaus dem an-estrebten Ziel entsprechen.

Filmförderungsinstitut

Schwieriger hat man es im Bun-esministerium für Handel, Geerbe und Industrie. Der dortige esetzentwurf über Filmförderungs-laßnahmen soll einerseits dem iternationalen Standard entspre-len, muß aber anderseits auf Einahmen an der Kinokasse verzich-;n. Die Formulierungen des nun-lehr vorliegenden Gesetzentwurfes, er, wie gesagt, noch unter Ver-iiluß gehalten wird, werden in iren Widersprüchen eine Fund-rube für die Verfassungsjuristen ;in. Allein die Befassung mit Bud-eterstellung durch Vorstand, Auf-ichtsrat und Mitsprache des Bei-ates des zu schaftenden Filmför-erungsinstitutes könnte juristisch icht einmal nach dem Vereinsesetz bei einem Kleintierzüchter-tlub möglich sein.

Das Gesetz sieht aber vor, daß für maximal drei Filme Förderungsmittel in der Höhe bis zu 25 Prozent ier Üerstellungskosten bereitgestellt werden. Erst wenn alle drei Filme erfolglos waren und ihre Herstel-ungskosten nicht einspielten, kann ler Produzent mit keiner Förderung echnen. Nun sieht aber der Einrei-:hungsvorgang die Vorlage des Drehbuches, der Stabliste und in-iowie ausländische Verleihverträge mit Garantien vor — ebenso eine ;enaue Kalkulation und die detail-ierte Aufbringung der Eigenmittel.

Wer in Österreich je über solche Verträge verfügte und Eigenmittel einbringen konnte, hat stets seine Filme auch gedreht und höchstens für die Spitzenflnanzierung den Exportförderungsfonds in Anspruch genommen.

Daneben sollen die filmtechnischen Betriebe (also Ateliers, Kopierwerke usw.) auf Ansuchen zur Modernisierung ihrer Anlagen ebenfalls Zuschüsse bis zu 20 Prozent ihres Jahresumsatzes erhalten können. Hauptnutznießer dieser Bestimmung wäre der Finanzminister, weil er Eigentümervertreter der größten österreichischen Firma ist, die über Ateliers und ein Kopierwerk verfügt: Nämlich die staatseigene Wien. Film. Er braucht dann kein Defizit mehr abzudecken — das Geld käme aus dem Filmförderungsfonds.

Woraus soll nun dieser Fonds gespeist werden, wenn man auf die Eigenblutinjektion, sprich Abgabe an der Kinokasse, verzichtet? Die Wünschelrutengänger fanden zwei ersprießliche Quellen: einmal das Budget, aus dem der Fonds zuerst geschaffen und späterhin — auf fünf Jahre zumindest — gespeist werden soll; die Verwendung echter Steuergelder also für einen ganz spezifischen, aber auch im Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigten Bereich. Zum anderen soll der ORF, der ja im Hinblick auf sein Programm an einer kontinuierlichen einheimischen Filmproduktion ebenso interessiert sein muß wie an der Heranbildung sowie zusätzlichen Beschäftigung von Fachkräften, für jeden Spielfilm, der im Fernsehen ausgestrahlt wird, an den Fonds eine Abgabe leisten. Diese soll pro Film zwischen dreißig- und vierzigtausend Schilling betragen. Wer nun weiß, daß das Fernsehen für einen Spielfilm der Mittelware im Engros-einkauf im Schnitt zwölf- bis fünfzehntausend Schilling für das zweimalige Ausstrahlungsrecht bezahlt und selbst bei Spitzenfilmen nicht mehr als 60.000 Schilling hinblättert, kann sich unschwer ausmalen, daß man mit den Zuständigen im ORF über eine solche Abgabe in dieser Höhe noch gar nicht gesprochen hat.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung