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„Inlandsreport“ ist guter Durchschnitt

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590 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben im Februar an unserer Seherbefragung zum „Inlandsreport“ mitgemacht. Ihr kritisches Urteil: gut bis befriedigend.

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590 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben im Februar an unserer Seherbefragung zum „Inlandsreport“ mitgemacht. Ihr kritisches Urteil: gut bis befriedigend.

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Wöchentlich lockt der vor fünf Jahren als Monatsmagazin gegründete und seit September 1985 im Sieben-Tage-Rhythmus ausgestrahlte „Inlandsreport“ — je nach Saison und absehbarer Brisanz - zwischen 500.000 und 660.000 Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehschirm. Und die Sendungsmacher wurden mit ausgezeichneten Infratest-Ergebnissen verwöhnt.

Schlecht kommen sie — um es vorwegzunehmen — auch bei der Sendungsbeobachtung, zu der die

FURCHE gemeinsam mit dem Club(M) (FURCHE 4/1989) für Februar eingeladen hat, nicht weg. Das kritische Urteil der 590 Teilnehmer(innen) — 416 Männer und 174 Frauen — ist für die vier Sendetermine (siehe Graphik rechts oben) relativ ausgeglichen: gut bis befriedigend - 2,55 im Monatsschnitt.

Die Ausgeglichenheit macht die subjektive Beurteilung fast schon wieder objektiv: Die Sendungsbeobachterfinnen) — mit einem relativ repräsentativen Altersquerschnitt - haben sich offensichtlich kaum von Sympathien oder Antipathien für ein Thema oder eine Person leiten lassen — mit einer Ausnahme, auf die noch eingegangen wird.

Es waren turbulente Februar- Wochen für das „Inlandsreport“- Team: Lucona-Ausschuß, Bischofsernennungen, Wahlkampf in drei Bundesländern, der ebenso plötzliche wie tragische Unfalltod von Sozialminister Alfred Dallin- ger, dazu noch ORF-intem der „Fall Hlavac“ und der „freiwillige Rücktritt“ des bis dahin sendungsverantwortlichen Hauptabteilungsleiters Dokumentation (FURCHE 6/1989). An brisanten Themen hat es nicht gemangelt.

Daß sich ein gutes Drittel der von den 590 Teilnehmern—235 davon haben wenigstens drei beziehungsweise vier Sendetermine wahrgenommen — rückgesandten 1.295 Bewertungsbögen auf den „Inlandsreport“ vom 2. Februar konzentriert (siehe untenstehende Graphik), hat nicht nur mit dem „Opus Dei“-Beitrag an die-

sem Tag zu tun: Bei den Folgeterminen haben sich auch die (gestaffelten) Semesterferien bemerkbar gemacht.

Aber der „Opus Dei“-Beitrag hat „mobilisiert“. Etwa 60 Beobachtungsbögen zeigen auffallende Gemeinsamkeiten, die auf eine organisierte Aktion eines „Opus Dei“-Freundeskreises schließen lassen. Die Auffälligkeiten: Nichtgenügende, bestenfalls genügende Benotung, zumeist nur die Bewertung des einen Beitrages, ähnliche bis identische Beurteilung — und ein (bis vier Wochen) späteres Ausfülldatum. Daß das Ergebnis trotzdem nicht verzerrt wurde, liegt daran, daß es offenbar eine unorganisierte „Gegenbewegung“ gegeben hat - und das ist die zuvor zitierte Ausnahme —, bei der der Beitrag (wohl nicht immer nach sachlichen Kriterien) mit Höchstbeurteilungen bedacht wurde. Dadurch scheint die Bilanz aus der Sicht von Experten wieder ausgeglichen.

• Der „Inlandsreport“ vom 2. Februar — mit „Opus Dei“, „Udos Club 45“ und der „blutigen Lehre“ HIV-positiver Bluter als Beitragsthemen — fällt daher mit einem Benotungsdurchschnitt von 2,7 bei 443 Bewertungsbögen nicht aus dem Rahmen. Die Kritik ist differenziert.

Zu „Opus Dei“: „Verzerrende Kameraeinstellung, krasser Interviewschnitt“ bemängelt eine Beurteilung, die den Beitrag selbst ausgezeichnet bewertet. „Manipulation“ ist häufig zu lesen - gezielte Auswahl von Personen, deren Erscheinung und Redeweise, Umgebung und Beleuchtung. Genau das Bild, „das man anbringen möchte“. Der Wunsch: vorurteilsfreie Recherche und mehr Recherche. Denn man hätte zum Beispiel noch gerne etwas über die Strukturen des „Opus Dei“ gewußt, über Unterschiede zur allgemeinen Kirche und „Statuten“. Kurz und bündig faßt es eine Anmerkung zusammen: „Obwohl ich kein OD-Freund bin, war mir der Beitrag zu subjektiv. Erfahren habe ich wieder nichts Konkretes.“

Zu „Udos Club 45“ gibt es eine vergleichbare Wertung - vieles blieb offen. Was sind denn eigentlich die Zielsetzungen und Statuten des Clubs? Warum hatte er in den siebziger Jahren so regen Zulauf? Welche Positionen hatten seine Mitglieder vor dem Beitritt, welche jetzt? Und - die Frage kehrt in den Folgewochen immer wieder—warum kommen Mitglie der aus dem ORF nicht ins Bild? Die CUMpanei mit Udo Proksch wurde als aktuelles Beitragsthema vermißt. Die Schlußfolgerung: „Bestimmte Personen oder Tatbestände werden geschont oder verharmlost.“ •

Zur „blutigen Lehre“: Wer mit dem Thema nicht schon vertraut war - eine Minderheit — fand den

Beitrag als „viel zu kurz und formelhaft“. Der Tenor: „Medizinische Themen brauchen mehr Hintergrundinformation.“

Insgesamt wird aber dem „Inlandsreport“ sehr gute Themenwahl, Themenvielfalt und Aktualität bescheinigt.

• Der „Inlandsreport“ vom 9. Februar - „ein kleiner Brauner mit Udo“, „Alpin Europa“ (im Zu-

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wahlen in Tirol und Salzburg und den dortigen Transitproblemen) sowie „Computerviren“ waren die Beitragsthemen - kam nur wenig besser an: aus 305 Bewertungen ergibt sich ein Benotungsdurchschnitt von 2,6.

Beim „kleinen Braunen mit Udo“ fällt Mitleid für Jörg Haider und die FPO ab — sie werden „nicht objektiv und fair beurteilt“. Trotzdem hat der Beitrag einigermaßen entsprochen. Zur sachlichen Vervollständigung hätte man aber — wird aus Sehersicht bemängelt — einen Steuerfachmann heranziehen sollen.

Zu .Alpin Europa“: Viel wurde in einen Beitrag hineingestopft - und das ging zu Lasten der Information, die man sich erwartet hat. „Zu saloppe Fragestellungen“ haben auch gestört. Und die „Meinung der Betroffenen“ wurde von sehr vielen vermißt.

Die „Computerviren“ — einige haben das Thema als „angenehme, Ausnahme empfunden“, die Mehrzahl war anderer Meinung: Das Thema gehöre erstens länger und zweitens nicht im „Inlandsreport“ behandelt. Die Mehrzahl der Bewerter(innen) urgierte den fehlenden Background.

• Der „Inlandsreport“ vom 16. Februar—ein Studiogespräch mit Peter Pilz, ein Beitrag über „Kriegsspieler“ Robert Lichal und „Ghegas Erben“ (Semmeringtunnel) — erreichte mit einem Benotungsdurchschnitt von 2,4 aus 269 Fragebögen das beste Ergebnis aller vier Februar-Sendungen.

Das Studiogespräch mit Pilz war eigentlich „Der Beitrag des Monats“. Man wünscht sich — einmal auf den Geschmack gekommen — „mehr Interviews dieser Art“, wenngleich auch warnende Stimmen nicht fehlen: Pilz werde „ungerechtfertigterweise als Star hingestellt, besser wäre eine Information über die eigentliche Aufgabe des Lucona-Ausschus- ses gewesen“.

Im Gegensatz dazu kommt der Beitrag über Verteidigungsminister Lichal ausgesprochen schlecht weg. Von sehr vielen wurde er als Journalistischer Verriß“ aufgefaßt, sogar „dumm und verantwortungslos“ findet man angemerkt. „Der andere Standpunkt fehlte.“

„Ghegas Erben“: Der Beitrag wurde als zu kurz empfunden, das Thema hätte „von mehreren Seiten behandelt werden sollen“, Alternativen fehlten.

• Der „Inlandsreport“ vom 23. Februar - die „Steueraffäre Haider“, , .Klimaschwankungen“ und ein Nachruf auf Alfred Dallinger als Beiträge—wurde mit 2,5 benotet.

Wenig zufrieden war man mit der „Steueraffäre“ - „weniger Vermutungen und mehr Fakten“, eine „ausführlichere Darstellung“ und eine Chance für Haider zur Stellungnahme wurden gefordert.

Und weniger zufrieden war man auch mit dem Beitrag über „Klimaschwankungen“: Viele Seher fanden, dieser Bericht hätte — anstatt des „Noricum“-Beitrages — zugunsten des Nachrufes auf Dallinger ausfallen können.

Apropos Nachruf: Sehr positiv wurde die rasche Reaktion bewertet, kritisch aber unter anderem angemerkt, daß die aneinandergereihten „Floskeln der Politiker“ eigentlich „eher schon peinlich“ waren.

Meinungsvielfalt wird gewünscht, aber nicht immer gefunden: Eher kommt sie in den Augen der Sendungsbeobachter(innen) bei Sach-, eher weniger bei Personenthemen im „Inlandsreport“ zum Ausdruck.

Für die Sendungsmacher haben die „Juroren“ aber auch ganz handfeste Forderungen und Vorschläge zur Hand. Kurz gefaßt:

• Die Beiträge sind eher zu kurz als zu lang, daher: weniger Beiträge, dafür ausführlichere.

• „Interviewer sollen akzeptieren, daß sie Mitbürger befragen, nicht vernehmen.“ Härter, aber weniger aggressiv fragen. Weniger Zynismus.

• Die Redaktion soll über den Schatten der eigenen Meinung springen. Denn: „Starke Parteistellung ist meist zu merken.“

• Schnellsprecher werden nicht geliebt.

• „Mehr Graphiken und Übersichten“ zur Illustration von Zusammenhängen.

Und auch Themenwünsche werden angemeldet, zum Beispiel: mehr über das „zu Tode reformierte“ Bildungssystem, die Rolle und den Einfluß der Nuntiatur im Verhältnis Staat und Kirche, mehr Berichte über Randgruppen …

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