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Innovation statt Rückzug

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Die Ablehnung von Gewalt, Militarismus und militärischen Formen der Konfliktaustragung kann zu sehr verschiedenen Verhaltensweisen führen:

• Rückzug: Viele Antimilitari-sten wollen nichts mit jenen zu tun haben, die meinen, der Frieden müsse unter anderem auch mit militärischen Mitteln gesichert werden und die auch ihr Leben in den Dienst dieser Uberzeugung stellen (Berufssoldaten, Milizoffiziere).

Die Vertreter der „Raus aus der Umfassenden Landesverteidi-gung"-Linie sehen keine Perspektive in einer Zusammenarbeit mit den bestehenden Institutionen der Landesverteidigung. Nicht nur das: Sie sehen überhaupt keine ernsthaften Perspektiven.

Was so als „Friedensdienst" ausgegeben wird, entbehrt jeglichen Nachweises, daß damit tatsächlich Kriege verhindert werden könnten. Der gesellschaftliche Zusammenhang des eigenen Verhaltens wird nicht gesehen.

• Innovation: Es wird versucht, pazifistisches Gedankengut in das System der Landesverteidigung einzubringen und praktische Vorschläge zu machen, wie der Frieden am besten gesichert werden könne.

Dahinter steht die feste Uberzeugung, daß die eigenen Vorstellungen über nichtmilitärische Formen der Landesverteidigung angesichts der militärtechnologischen Entwicklungen von den derzeit bestimmenden Kräften nicht gänzlich abgelehnt werden können.

Damit ist jedenfalls auch die Chance verbunden, daß bei entsprechenden Anlaßfällen vielleicht gar nicht militärisch gekämpft wird. Eine derartige Entwicklung liegt aber im ureigensten Interesse aller, einschließlich jener Pazifisten, die derzeit eine konstruktive Auseinandersetzung mit den Militärs meiden.

Die aktive Teilnahme von Pazifisten an der Gestaltung der Landesverteidigung ist auch keine „staatspolitische Gefahr", wie dies behauptet wird. Ein gewaltfreier Widerstand kann auch gar nicht „verboten" sein.

Ziviler Ungehorsam gehört zu den wichtigsten moralischen Rechten im Kampf für Demokratie und gegen Diktaturen. Wer dies nicht wahrhaben will, lebt in seinem Denken noch in einem Jahrhundert absolut herrschender Kaiser, Könige und anderer Imperatoren.

Auch der Widerstand eines Teils der Zivildiener gegen die Zivildienerausbildung ist legitim. Ob er vernünftig ist, muß jedoch sehr bezweifelt werden.

Mehrere Befragungsergebnisse haben auch gezeigt, daß die Mehrheit der Zivildiener ein Interesse an einer Ausbildung hat.

Eine Bereicherung um eine Ausbildung in den Methoden des gewaltfreien Widerstandes würde nun auch zu einer Demokratisierung des gesamten Systems der Landesverteidigung beitragen.

Der geplante Grundlehrgang soll daher möglichst bald realisiert werden. Eine Gewichtsverlagerung in den Ausbildungsinhalten hin zu den Anliegen der Zivildiener (weniger Zivilschutz; mehr Ausbildung in den Methoden des gewaltfreien Widerstands) wäre jedoch wünschenswert.

Sehr bedenklich hingegen wäre jedoch eine Verlängerung des Zivildienstes; damit würde der Zivildienst wiederum zu einem Getto für einige Idealisten werden.

Der Autor arbeitet in der Wiener Arbeiter-kammef und war Gründungsmitglied der ARGE Zivildienst.

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