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Innsbruck hat die Nase vom

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„Europareife Welthändler“ sollte eine neue Studienrichtung an der Wiener Wirtschaftsuniversität ausbilden. Der Plan ist vorerst gescheitert: am „Mittelbau“ und an den Studenten.

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„Europareife Welthändler“ sollte eine neue Studienrichtung an der Wiener Wirtschaftsuniversität ausbilden. Der Plan ist vorerst gescheitert: am „Mittelbau“ und an den Studenten.

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Die „fahrenden Scholaren“ von einst, die während ihres Stxidiums von einer Universität an die nächste weiterzogen, um ein mögüchst breites Bild ihrer Disziplin zu erhalten, sind ausgestorben. Im Zeitalter der Massenuniversität, geregelter Studienabläufe, der Sorge von denrecht-zeitigen Einstieg in den Beruf imd der . anrechenbaren Zeit für die

Pensionsversicherung haben die Studiosi relativ wenig Lust, sich auch noch im Ausland zusätzUch umzusehen. Und vielleicht haben darüber hinaus auch die Assistenten die Angst, sich unerwünschte Konkurrenz heranzuzüchten, wenn international ausgebildete und einsatzfähige Nachwuchskräfte nachwachsen.

Sonst wäre es nicht zu verstehen, daß dieser Tage das oberste Entscheidungsgremium der Wirtschaftsuniversität Wien nach vierstündiger Sitzung mit den Stimmen des „Mittelbaus“ und der Studenten ein Projekt niederstimmte, das den Hörem der Wirtschaftsuniversität die Chance bieten sollte, im Europa von morgen Führungspositionen zu übernehmen.

Nicht nur der EG-Binnenmarkt, der für 1992 bevorsteht, verlangt auch in Österreich Führungskräfte, die mit ihren ausländischen Kollegen - und Konkurrenten - auf gleichem Ausbildungs- undErfahrungs-niveau verkehren können. Ethche Fortbildungsinstitutionen der Wirtschaft haben sich auf dieses Ziel bereits eingestellt. ‘

Aber auch schon in der universitären Ausbildving müßte vorgesorgt werden - und deswegen hat Altrektor Heinrich Stremitzer das Projekt für eine neue Studienrichtung „Internationale Betriebswirtschaft“ erstellt, das auch von Vertretern der Pohtik wie der Wirtschaft intensiv begrüßt wurde.

Dieses Studium soll die Absolventen ganz gezielt auf Tätigkeiten in internationalen Organisationen oder multinationalen Unternehmungen vorbereiten. Es soU neben einer umfassenden universitären Ausbildung im In- und Ausland mit mehreren Praktika auch eine verstärkte Praxisorientierung erhalten.

Und vor allem soll es jenen Akzent deuthch intensivier«!, der immer schon die Stärke der „Welthändler“ gewesen ist und der durch die Studienreform von 1966 zeitweise vernachlässigt worden war: die Beherrschung von Fremdsprachen. Englisch ist auf jeden Fall Pflicht, nun sollen aber noch zwei weitere Fremdsprachen nach eigener Wahl dazukommen.

Die neue Studienrichtung wäre, um besser international vergleichbar (und damit anrechenbar) zu werden, dreigeteilt: In den ersten vier Semestern gibt es die für den künftigen Wirtschaftsmanager unerläßlichen Techniken wie Datenverarbeitung, Buchhaltung und Bilanzierung, Kostenrechnung, Finanzplanung, Investitioii und volkswirtschaftliche Gesamtplanung, femer Enghsch und eine zweite Fremdsprache sowie Grundzüge der intemationalen Betriebswirtschaftslehre, der Volkswirt-

schaftslehre und des intemationalen Rechts. Abschluß ięt eine dem angelsächsischen „bachelor“ vergleichbare erste Diplomprüfung.

Dann folgt im zweiten Studienab-Bchnitt ein Auslandsjahr, von dem wenigstens ein Semester an einer fremdsprachigen Universität zugebracht werdeja muß. Heimgekehrt erhält der Student eine Vertiefung der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, eine Spezialisierung in einem intemational ausgerichteten Funktionsbereich.

Außerdem müssen die Englisch-

kenntnisse in Richtung Wirtsduft erweitert, die zweite Fremdsprache perfektioniert imd die dritte neu aufgenommen werden. Im dritten Studienabschnittschheßhchsolldie Dissertation abgefaßt und das Doktorat erworben werden.

Während des ersten und des zweiten Abschnitts sollen Praktika von mindestens sechs Wochen absolviert werden, mindestens eines davon im Ausland. Schließlich soll es amEnde eines jeden Semesters Blockveranstaltungen als Fallstudien unter der Leitung von Wirtschaftsfachleuten aus der Praxis geben, um den Hörem ständig den vmmittelbarai Bezug zu den wirtschaftlichen Gegebenheiten zu vermitteln.

ProfessorStremitzer hatte gehofft, im Herbst mit diesem Projekt in Wien beginnen zu köimen - damit wird eą also nun nichts. Die Inns-bmcker hatten rascher die Zeichen der Zeit.erkaimt: Dort beginnt mit dem neuen Studienjahr eine „Wirtschaftswissenschaftliche Studienrichtung mit intemationaler Ausrichtung“ ähnlichen Zuschnitts, aber nur mit zwei Fremdsprachen.

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