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Iran: Es fehlt an Solidarität!

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Das Drama von Teheran lockt Nervenschwache aufs publizistische Schlachtfeld. Daß der US-Präsident wieder einmal nur betet statt dreinhaut, raubt ihnen - in Amerika und anderswo - die Ruhe. Warum nicht handeln wie die Israelis in Entebbe und die Deutschen in Mogadischu: mit Fallschirmjägern und Automatikfeuerwaffen?

Was aber müßten die USA sich - teilweise von denselben Leuten - anhören, hätten sie augenblicks eine militärische Gewaltaktion inszeniert, die angesichts ungleich komplizierterer Verhältnisse als in den genannten „Musterfällen“ vermutlich entweder schiefgehen oder Ströme von Blut kosten würde?

Man muß sich vor salbaderndem Schreibtisch-Predigerton in acht nehmen: Vielleicht wird ohnehin Schreckliches noch passieren, vielleicht gar als wirklich letzter Ausweg scheinen. Aber daß die USA im Angesicht einer so demütigenden Herausforderung Zurückhaltung an den Tag legten, den Kopf nicht verloren und keine Möglichkeit einer gewaltfreien Lösung unausgeschöpft lassen wollten, sei ihnen wirklich nicht zum Vorwurf gemacht.

Symbolakte rechtfertigen heutzutage keine Schießereien mehr. Eine verbrannte Fahne legitimiert noch keinen durchschossenen Kopf. Das heißt nicht, daß Washington nicht entschlossener, zielstrebiger und phantasievoller hätte reagieren können. Die Einstellung von Waffenersatzteillieferungen war lächerlich, die Studentenausweisung kam spät, der Verzicht auf angemessene Vergeltungsmaßnahmen gegenüber iranischen Diplomaten in den USA leuchtet nur schwerlich ein.

Aber mindestens ebenso wenig versteht man die mangelnde Solidarisierungsbereitschaft, die eigentlich alle zivilisierten Staaten der Erde, zumindest aber sämtliche Verbündeten der USA, an den Tag legen sollten. Wenn Iran den Amerikanern den Ölhahn zudreht, trifft das die USA spürbar, aber keineswegs entscheidend: Knappe fünf Prozent des US-ölbedarfs nur kommen aus Iran. Wenn aber alle, die öl von dort beziehen, dieses vorläufig nicht mehr annehmen, trifft das den Iran tödlich.

Es träfe einen Staat, der seit neun Monaten von einem blindwütigen Eiferer, dem jede Rechtsgrundlage fehlt, ins Chaos gesteuert wird. Persiens Industrieproduktion ist auf 40 Prozent gesunken, die Ölförderung verfällt nach der Flucht der ausländischen Techniker ohnehin immer mehr, die Preise der Grundnahrungsmittel sind um 40 Prozent geklettert, jeder vierte Perser ist arbeitslos, Kurden und Belutschen rebellieren gegen die Zentralregierung, die es seit einer Woche nach dem Rücktritt des Ministerpräsidenten Mehdi Basargan gar nicht mehr gibt.

Das Ende des wahnwitzigen Kho- meini-Regimes ist unvermeidlich. Es könnte durch einen weltweiten Protestschritt etwa in der Form eines demonstrativen Abbaus diplomatischer Beziehungen beschleunigt werden. Die Einigkeit aller übrigen Länder würde dem iranischen Volk - und aller übrigen Welt nützen. Denn die Versuchung, das, was sich „islamische Revolution“ nennt, zu importieren, muß für viele gigantisch sein, solange sich ein Henkerregime mit Blutrhetorik und Piratenpolitik am Ruder halten kann.

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