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Irrweg Welteroberung

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Wenn man sich die im Dossier dargestellten Probleme vor Augen hält, ist die Versuchung groß zu verzagen. Wie sollen wir da herausfinden? Und dabei ist die Liste der Probleme keineswegs komplett: Keine Rede von der Atomproblematik, vom Ozonloch, von der Versauerung der Böden...

Ist also Hoffnungslosigkeit angesagt? Ja, aber nur wenn keine Konsequenzen gezogen werden sollten.

Tatsächlich hat sich gerade in Umweltfragen in der letzten Dekade jedoch auch viel zum Guten gewendet: Das Thema Umwelt ist heute eine der wichtigsten Fragen im Bewußtsein der öffentlichen Meinung: Sie beeinflußt den Ausgang von Wahlen und damit die Entscheidungen von Politik und Wirtschaft.

Dementsprechend gibt es auch über positive Entwicklungen zu berichten:

- Die österreichischeE-Wirtschaft hat enorme Investitionen zur Senkung der Emissionen der kalorischen Kraftwerke erfolgreich getätigt. In Deutschland geht das Ener-gieversorgungsunternehmen „Veba“ sogar dazu über, Bundesländern Kredite, mit denen sie Investitionen zum Stromsparen finanzieren können, einzuräumen.

- Die Entwicklung des Verkehrsgeschehens wird nicht mehr als naturgegeben hingenommen. „Weg von der Straße“ wird zu einem politischen Anliegen und löst konkrete

Schritte aus. Die Einführung des Katalysators geht zwar langsam vor sich, aber sie findet statt. Es gibt bleifreies Benzin, der Treibstoffverbrauch der Kfz wird gezielt verringert.

- Neue Gesetze schränken die Emissionen von Hausbrand und Industrieanlagen ein, regulieren den Umgang mit Müll.

- Nach der Sanierung der Seen hat Österreich ein Milliardenprogramm zur Sanierung der Fließgewässer initiiert, Projekte zur Reduzierung des Schadens von grundwassergefährdenden Altdeponien gestartet.

- Auf internationaler Ebene gab es eine erste Vereinbarung zur Beschränkung von Gasen, die die Ozonschicht abbauen. Die Internationale Energiekonferenz empfiehlt die Einhebung von Energiesteuern!

- Die Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf wird nicht gebaut und auf demselben Gelände will ein deutsches Unternehmen Anlagen zur Entwicklung und Erzeugung von Solarzellen einrichten!

- Und dazu kommen die vielen lokalen Bemühungen, umweltgerechter zu leben: Da werden Papier, Glas, Textilien, Plastikbehälter gesondert gesammelt. Da gibt es Aktionen zur Waldsäuberung oder -düngung. Zunehmend mehr Menschen wählen Wasch- und Putzmittel, Lacke und Konservierungsmittel nach deren Umweltverträglichkeit aus.

- Beim Heizen wird gespart (wenn

auch bei den'gesunkenen Energiepreisen leider mit weniger Konsequenz), mit dem Warmwasser sorgsamer umgegangen und nicht die ganze Wohnung abends illuminiert.

- Die öffentlichen Verkehrsmittel erleben eine Renaissance und das Fahrrad wird von vielen als Fortbewegungsmittel wiederentdeckt.

Diese lückenhafte Liste läßt erkennen, was in den letzten Jahren alles in Bewegung geraten ist. Sie zeigt auch, daß in der Bevölkerung eine Bereitschaft gegeben ist, Anliegen des Umweltschutzes mitzutragen. Ja, genaugenommen war die sogenannte Basis die treibende Kraft in dieser Frage.

Und dennoch befällt viele Menschen tiefes Unbehagen bei der Betrachtung der derzeitigen Situation. Worauf ist das zurückzuführen?

Die Umweltfrage ist immer noch nicht in ihrer Tragweite erkannt. Sie stellt nämlich die Grundausrichtung unseres Fortsehritts in Frage. Dieser läuft nach wie vor auf den Schienen, die Descartes im 17. Jahrhundert gelegt hatte, als er bezüglich der Wissenschaft feststellte, sie diene dazu, „die Kraft und Wirkungsweise des Feuers, des Wassers, der Luft, der Sterne und aller anderer Körper, die uns umgeben, kennenzulernen, sodaß wir sie zu allen Zwecken... verwenden und uns so zu Herren und Eigentümern der Natur machen.“

Genau das funktioniert nicht. Ab-

laufe weiter zu normieren und zu funktionalisieren, um sie menschlichen Zwecken unterzuordnen, ist ein Untergangsrezept, Da nützen auch einzelne Umweltsanierungserfolge auf lange Sicht nichts.

Das globale Ausmaß der heutigen Bedrohung wird zwar globale Sanierungsanstrengungen erfordern, Sie wird aber nur durch eine Abkehr vom globalen Eroberungsprojekt abgewendet werden können.

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