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Isoliert sich Israel?

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In den letzten Wochen wurde eine Luftbrücke wischen Moskau und Kairo errichtet. Frachtmaschinen mit zerlegten supermodernen sowjetischen Jagdbombern (Mig 23 und Suchoi 11) treffen täglich in Kairo ein. Das ägyptische Luftpotential dürfte sich durch die letzten Waffensendungen um 40 Prozent vergrößert haben, das Luftabwehrsystem Ägyptens wurde stark verbessert.

Auch der israelische Botschafter in Washington und Generalstabschef während des Sechstagekrieges, General Jitzchak Rabin, meint freilich, daß damit die sowjetische Streitmacht in Ägypten und nicht die VAR selbst verstärkt werden soll, denn diese Flugzeuge seien viel zu kom-

„Achtung, Friedensboten im Anflug…“

Karikatur: Hait?inger piliziert, um von ägyptischen Piloten bald geflogen zu werden.

Die Errichtung einer sowjetischen Luftbrücke wurde zuerst aus russischen Quellen bekannt, die „Indiskretionen“ westlichen sowie Korrespondenten der ägyptischen Nachrichtenagenturen zuspielten. In Israel glaubt man, daß die Sowjetunion damit einen politischen Trumpf und Druck gegen Israel in die Hand bekommen wollte.

Israelische Sprecher betonen, daß die USA trotz der Gegensätze zwischen amerikanischen und israelischen Friedensplänen „keinen Druck ausgeübt haben“, um Israel zu einem einseitigen Rückzug aus der Kanalzone zu bewegen. Zwar wurde kein wirtschaftlicher Druck ausgeübt und kein Waffenembargo über Israel verhängt, doch in den letzten Wochen wurde ein direkter und indirekter politischer Druck der USA immer spürbarer. Das amerikanische Außenministerium führt einen Nervenkrieg gegen Israel. Es wird den Israelis immer wieder nahegelegt, daß sie „Vernunft walten“ lassen müssen, daß ihre Hartnäckigkeit zu einem neuen Krieg führe und so weiter. Das amerikanische Außenamt behauptet, daß die Schuld an der neuen russischen Luftbrücke bei den Israelis liege.

Die Sowjetunion wurde hingegen, so nimmt man in Israel an, aus folgenden Gründen dazu bewogen, ihre Präsenz in Ägypten zu verstärken:

• Israels Weigerung, den territorialen Forderungen Ägyptens nachzukommen.

• Verstärkung des israelischen Militärpotentials während des Waffenstillstandes, welche viel größer ist als die Stärkung Ägyptens.

• Weigerung des Weißen Hauses, stärkeren Druck auf Israel auszuüben, um es zu einem Rückzug zu bewegen.

• Der Beschluß der 24. Kommu- nistehkonferenz in Moskau, keiner Annektion besetzter arabischer Gebiete zuzustimmen.

• Den Sowjets ist es klar, daß ohne Heraufbeschwörung einer akuten Weltkriegsgefahr Israel nicht gezwungen werden kann, den ägypti schen Forderungen nachzukommen. • Die Sowjets wollen bei ihren arabischen Bundesgenossen nicht den Eindruck erwecken, als würde ein allfälliges israelisches Nachgeben nur auf amerikanischen Druck hin erfolgen, sondern zeigen, daß solch ein amerikanischer Druck auf russische Initiative zurückzuführen sei.

Die israelische Regierung wird zwar demnächst ihren offiziellen Bescheid auf die ägyptischen Forderungen geben müssen, doch wird sie versuchen, ihre Antwort solange wie möglich nicht zu publizieren. Israels Position wurde in der vergangenen Woche durch Interviews, die dem amerikanischen Fernsehen (CBS) von Ministerpräsident Goldą Meir, Sicherheitsminister Mosche Dayan und General Aron Jariv gegeben wurden, definiert.

Mosche Dayan: „Soweit dies von uns abhängt, können die Ägypter sofort mit den Vorbereitungen zur Wiedereröffnung des Suezkanals beginnen. Wenn Arbeitsteams zwecks Säuberung des Kanals den Suez überqueren müssen, so sind sie von uns herzlichst eingeladen. Wir werden gute Gastgeber sein. Aber warum sollen wir aus diesem Grund die Suezregion verlassen?“

Goldą Meir: „Sa’adat will den Suezkanal eröffnen. Wir sind bereit, zu kooperieren, doch profitieren wir nichts davon. Somit ist es lächerlich, wenn man sagt: Sa’adat öffnet den Suezkanal, was tragt ihr dazu bei?“ Dayan .und Aron Jariv, der an der Spitze der Aufklärungstruppen steht, erklärten, die Aussichten auf den Ausbruch eines Krieges seien 1971 viei’großer, als auf ein Fortbestehen d eS-W a ffe ns t i 11? tandes. - •

Die russische Luftbrücke führte dazu, daß sich die Positionen Ägyptens und Israels verhärteteni

Mosche Dayan schloß einen israelischen Rückzug vom Suez dabei nicht aus. Wie viele Kilometer, sei dabei nicht ausschlaggebend. Viel wichtiger sei, was Ägypten für solch einen Rückzug bieten wolle.’

Eine Wiedereröffnung des Suezkanals läge dabei hauptsächlich im Interesse Ägyptens. Fast eine Million Einwohner der Suezregion, die zur Zeit als unzufriedene Flüchtlinge in Ägypten leben, könnten in ihre alten Wohngebiete zurückkehren. Ägypten könnte zumindest 300 Millionen Dollar pro Jahr durch die Wiedereröffnung des Suezkanals kassieren. Sie würde die Position des Präsidenten Sa’adat stärken, insbesondere, da dieser zur Zeit mit seinen arabischen Verbündeten um seine Vormachtstellung ringen muß.

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