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Isolierter Erzbischof

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Erzfoischof-Prasident Makarios III. von Zypern hat sich vom 17. bis zum 25. Mai zu seinem schon lange geplanten und immer wieder verschobenen Staatsbesuch in Peking aufgehalten. Diesmal konnten ihn Umsturzdrohungen in Nikosia und mehrstündige Vorstellungen seiner Minister von der Reise nicht abhalten.

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Erzfoischof-Prasident Makarios III. von Zypern hat sich vom 17. bis zum 25. Mai zu seinem schon lange geplanten und immer wieder verschobenen Staatsbesuch in Peking aufgehalten. Diesmal konnten ihn Umsturzdrohungen in Nikosia und mehrstündige Vorstellungen seiner Minister von der Reise nicht abhalten.

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Der Zweck seiner Vorsprache bei Mao Tse-tung war immerhin dringender als bei den meisten in letzter Zeit für Staats- und Regierungschefs zur Mode gewordenen Peking-Wallfahrten. Der neutralistische Insel-Führer ist nämlich in eine außenpolitische Isolierung geraten, die ohne Rückendeckung bei neuen Freunden langfristig vielleicht noch gefährlicher ist als die Augenblicksdrohungen der griechischen und türkischen Nationalisten gegen den Fortbestand der Eigenstaatlichkeit Zyperns.

Makarios hat den Flug zu Mao genau in dem Moment angetreten, in dem sich seine für den Anschluß der Inselrepublik an Athen streitenden Widersacher von der EOKA 2 durch einen Waffenraub großen Stils in den Besitz von Maschinengewehren, Handfeuerwaffen und Munition setzen konnten. Diese aus einem Depot der Armee, der „Zypriotischen Nationalgarde“, entwendeten Bestände reichen aus, den Kleinkampf-Verbänden aus dem national-griechischen Lager eine Machtergreifung oder einen längeren Bürgerkrieg zu ermöglichen. Zwar wäre die an die 10.000 Mann starke „Nationalgarde“ den EOKA-Partisanen zahlenmäßig hoch überlegen. Doch steht diese Streitmacht unter dem Kommando von Offizieren aus Griechenland, die sich selbst als Vorboten des Enosis-Anschlusses betrachten.

Der Aufruf des Erzbischof-Präsi-

denten vom vergangenen Februar an alle paramilitärischen Organisationen Zyperns, angesichts des Todes von EOKA-Chef General Grivas ihre Waffen abzuliefern und sich die Hände zur Versöhnung zu reichen, ist nur von wenigen EOKA-Leuten, hingegen von zahlreichen Makarios-An-hängern befolgt worden. Ebenfalls nicht abgerüstet haben die zyperntürkischen Enklaven. Hinter den Mauern der Türkenviertel von Nikosia, Kyrenia, Famagusta, Larnaka und Limassol und in dem geschlossen türkischen Gebiet von Lefka im Westen der Insel stehen an die 10.000 Miliz-Soldaten, mindestens ebenso viele Jugendgarden und „Wehrbauern“ sowie reguläre Truppen aus der Türkei in Regimentsstärke unter Waffen. Wird diesen durch die zwei Divisionen der UNO auf Zypern Schach geboten, so stützt sich Makarios gegen die Feinde innerhalb seiner eigenen griechischen Volksgruppe auf eine Privatarmee, die von dem Bruder seines engsten Vertrauten, des Metropoliten Chry-sostomos, geleitet wird.

Was den griechisch-orthodoxen Erzbischof dazu gebracht hat, nun in Peking als erster christlicher Kirchenfürst in den maoistischen Lobgesang einzustimmen, liegt auf der Hand: Makarios hat es sich seit Anfang 1974 mit allen Kräften verscherzt, von deren Duldung oder Unterstützung der Fortbestand seines Regimes und Staates abhängt, und

dem sich immer stärker die Alternative eines griechisch-türkischen Kondominiums über die Mittelmeerinsel, präsentiert.

Die anfänglich verbesserten Beziehungen zwischen Nikosia und dem neuen Militärregime in Athen — Makarios und der alte Führer Papa-dopoulos waren persönliche Feinde gewesen — hatten bald unter dem Kollisionskurs gelitten, zu dem sich Griechenland in der ägäischen Erd-

ölfrage Ankara gegenüber hinreißen ließ. Makarios begann sich erneut von Hellas abzusetzen, was man ihm wieder in Athen übelnahm und sofort einen Kompromiß mit den Türken ansteuerte, denen Mitsprache auf Zypern für den Fall ihres Verzichtes auf die von Griechenland beanspruchten Offshore-Vorkommen angeboten wurde.

Die Regierung in Nikosia hat bereits öffentlich die Absicht ausgesprochen, die Athener Söldner durch ein einheimisches Offizierskorps zu ersetzen. Für einen solchen Affront braucht Makarios aber außenpolitische Deckung, die ihm heute weder der alte Freund Sowjetunion noch die vielgepriesenen blockfreien Brüder bieten wollen. Zypern hatte allzulange von den amerikanisch-sowjetischen Interessengegensätzen am östlichen Mittelmeer profitiert und seine neutrale Unabhängigkeit östlicher Schlagseite mit Moskauer Suk-kurs gegen alle „NATOistischen Verschwörungen“ verteidigt. Mit der

neuen Kissinger-Ära amerikanisch-sowjetischen Einvernehmens im Nahen Osten kommt aber der Tag immer näher, an dem sich Washington und Moskau auch an die gemeinsame Bereinigung des Zyperndisputs machen werden. Diese dürfte so ziemlich im türkischen Sinne ausfallen, da Ankara sowohl für die USA ein wichtiger Verbündeter wie für die Sowjetunion ein revolutionäres Zukunftsland ersten Ranges darstellt, das der Kreml am allerwenigsten verärgern will.

Von seinen „blockfreien Freunden“ hat Makarios keine Hilfe mehr zu erwarten. Diese stehen heute alle mehr oder weniger unter dem wirtschaftlich-politischen Einfluß der Erdölmacht Saudi-Arabien, das sich unter panislamischen Vorzeichen hinter die Türkei und die Muslim-Minderheit auf Zypern gestellt hat. Bleiben also nur die Chinesen, die nach ihrem Fiasko in der arabischen Welt kaum zögern werden, sich auf dem Inselstützpunkt einzunisten.

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