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Israels Anti-Terror-Schlag

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Kaum waren die Worte des israelischen Generalstabschefs: „Unsere Armee hat den Südlibanon bis zum Litanifluß besetzt“, verklungen, als bereits Ministerpräsident Begin in New York sich mit UNO-Generalsekretär Dr. Kurt Waldheim getroffen hatte. Begins Botschaft: „Wir haben das Feuer eingestellt

24 Stunden vorher hatte der Sicherheitsrat der UNO den Beschluß gefaßt, daß die Israelis den Südlibanon räumen müssen und eine 4000köpfige UNO-Streitmacht für die Ruhe in den geräumten Gebieten sorgen soll. Wie und wann die israelischen Truppen abziehen, ist auch noch nicht klar. Ganz so einseitig, wie Israel die Feuereinstellung hinstellen wollte, ist sie in Wirklichkeit nicht

Verteidigungsminister Ezer Weiz-mann bekam am Montag vergangener Woche um 18 Uhr grünes Licht zur Feuereinstellung. Nach einer eintägigen Konferenz des UNO-Generals En-sio Siilasvuo mit. dem libanesischen Generalstabschef Victor Khoury und dem libanesischen Außen- und Verteidigungsminister Fuad Butros, die beide eine syrische Versicherung erhalten hatten, daß die syrische Armee, die unter dem Decknamen der panarabischen Armee im Libanon stationiert ist, die PLO-Einheiten davon abhalten will, das Feuer erneut im Südlibanon zu eröffnen. Die syrische Bereitschaft wurde bei einem Gespräch zwischen dem libanesischen Ministerpräsidenten Salim el-Hoss und dem syrischen Staatspräsident Hafez Assad erreicht Syriens Nachgiebigkeit beruht auf vorheriger Tuchfühlung mit dem amerikanischen Botschafter in Damaskus.

Es ist im Interesse Syriens, die Freischärler in Schach zu halten, denn Assad will auf keinen Fall eine Verwicklung, die zu einem erneuten israelisch-syrischen Krieg führen könnte. Das darum, weil die israelischen Soldaten fast bis zu den syrischen Stel-: lungen im Libanon vorgedrungen sind. Syrien will dann Krieg führen, wenn Siegesaussichten bestehen. Zur Zeit ist das nicht der Fall.

Die Besetzung und Eroberung des

Südlibanons war schon von langer Hand vorbereitet worden. Der große Terroranschlag in der Nähe Tel-Avivs war der Anlaß dazu, die gegen Israel operierenden Freischärler empfindlich zu schlagen. Die Terroristen werden Monate brauchen, bis sie sich von diesem Schlag erholen. Der politische Schlag war nicht weniger empfindlich, denn es stellte sich heraus, daß alle arabischen Staaten - auch die der Verweigerungsfront - bereit sind, die PLO im Stich zu lassen, wenn es nicht in ihr politisches Konzept paßt

Durch die Besetzung des Südlibanons durch Israel haben 100.000 bis 200.000 Einwohner ihre Dörfer verlassen, aus Angst vor kriegerischen Aktionen. Der Judenstaat gibt sich alle Mühe die Flüchtlinge zurückzuholen:

er will bei der Reparatur zerbomter Häuser mithelfen; verletzte Zivilisten und Kranke wurden in israelische Krankenhäuser gebracht und vieles andere mehr. Doch der gute Wille allein kann das neue Flüchtlingsprc-blem nicht aus der Welt schaffen. Amerika ist über das neue Flüchtlingspro-blem besonders verärgert, da Israel den Schlag gegen Südlibanon hinter seinem Rücken durchgeführt hat.

In dieser Situation traf sich Begin mit Carter in Washington. Die Gespräche wurden zwar vorher verabredet doch war die Atmosphäre für Begin so unfreundlich wie niemals zuvor.

Begin erregte im Weißen Haus die Gemüter, als er die Bereitschaft Israels, sich von großen Teilen Westjordaniens zurückzuziehen, die von allen is-

raelischen Regierungen seit 1967 gezeigt worden war, rückgängig machte. Mit legistischen Formulierungen begründete Begin Israels Anrecht auf Westjordanien, ein Standpunkt, der die Friedensaussichten im Nahen Osten beeinträchtigt Statt dessen brachte Begin erneut seinen alten Friedensplan für eine beschränkte Autonomie in Westjordanien vor, obwohl dieser bereits von Ägypten und Jordanien kategorisch abgelehnt worden war.

Derzeit ist auch Israels Popularität innerhalb der amerikanischen Öffentlichkeit und des amerikanischen Senats auf einem Tiefpunkt angelangt. Begin und Dajan sprachen in den USA von der Verpflichtung, die sie für die Sicherheit des Judenstaates heute und für die nächsten Generationen hätten. Deswegen könnten sie auch nicht auf Westjordanien verzichten. Carter hingegen will Frieden im Nahen Osten in dieser Generation - egal unter welchen Bedingungen. Um dies durchzusetzen, ist er auch bereit, auf Israel Druck auszuüben. Das wird der Judenstaat in den nächsteh Monaten noch zu spüren bekommen.

Die israelische politische Führung hatte angenommen, daß die Erschütterung über den Terroranschlag in der Welt so groß ist, daß man daraufhin einen solch weittragenden Schritt der Israelis ohne weiteres akzeptieren wird. Es war klar: Terror kann man nur mit Kraft parieren.

Die schweren Schlägt, die die PLO-Soldaten erhalten hatten, kamen last allen Machtfaktoren im Nahen Osten gelegen. Der Libanon hoffte dadurch, eventuell wieder die Möglichkeit zu erhalten, den Süden selbst zu beherrschen. Die Syrer waren an einer Schwächung der PLO interessiert, da diese immer wieder den Versuch gemacht hatte, die syrische Schutzherrschaft über die Terrororganisationen abzuschütteln. Ägypten war an der Schwächung der PLO interessiert, damit sich diese nicht in die Friedensverhandlungen mit Israel einmischen und mit Terror auf Kairo keinen Druck ausüben kann Eigentlich mußten auch die USA Interesse an einer solchen Schwächung der PLO haben. Doch die Angst als alleiniger Bundesgenosse der Israelis dazustehen, war allem Anschein nach bei Präsident Carter so groß, daß er den UNO-Sicherheits-ratbeschluß initiierte. Denn die amerikanischen ölinteressen gehen vor.

Mit der Stationierung der UNO-Truppen im Südlibanon kann die Sicherheitssituation sich nur verschlechtern. Diese Truppen dürfen im allgemeinen nicht scharf schießen, nur im Notfall zur Selbstverteidigung. Deswegen können sie nur schwerlich in Einsatz gebracht werden. Insbesondere, da bei den UNO-Soldaten auch keine Motivation besteht, für irgendeine Seite - die israelische oder arabische - ihr Leben zu riskieren.

Da die Freischärler bisher auf alle internationalen Gesetze gepfiffen haben, werden sie dies mit gutem Gewissen auch hier tun. Die Terrororganisationen haben bereits ihren Widerstand gegen diese UNO-Truppen angemeldet. Sie wollen in den Südlibanon zurückkehren, um unter der Nase der UNO-Soldaten weitere Angriffe auf die Israelis durchzuführen.

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