6868179-1978_12_08.jpg
Digital In Arbeit

Israels wahre Feinde nur noch bei der PLO

Werbung
Werbung
Werbung

Nach den dramatischen und blutigen Ereignissen der letzten beiden Wochen mit dem Terroranschlag der Palästinenser bei Tel Aviv und der folgenden Ver-geltungs- und Sicherungsaktion der israelischen Armee im Südlibanon scheint nun zu Ostern doch wieder Frieden im Nahen Osten einzukehren. Mit massivster amerikanischer Rückendeckung übernehmen die Vereinten Nationen die

Miütärverwaltung des durch Israel in den letzten Tagen von den Freischärlern der PLO gesäuberten Südübanon. Damit dürften in diesem berüchtigten „Fatah-Land“ endüch Ruhe und Ordnung einziehen.

Die Kibbuzim von Galiläa können wieder ruhig schlafen, ohne daß sich Israel mit dem Problem einer vierten Besatzungszone belasten muß. Fast noch mehr Grund zum Feiern haben jedoch die Libanesen, denen der herrenlose Süden mit seinen Palästinenserbanden seit deren Aufwertung zu einem „Staat im Staat“ durch das Kairoer Abkommen von 1969 nichts wie innere Schwierigkeiten und schließlich gar den schrecklichen Bürgerkrieg 1975/76 eingebrockt hatte. Und selbst nach dessen Beüegung war der Vernichtungskampf von Palästinensern f und Linksmuslimen gegen die chrisüichen Dörfer südlich vom Litanifluß weitergegangen. Bis Israel jetzt hier seine mutige, wenn auch unpopuläre Initiative ergriffen hat. Die maronitischen Christen des Südens jedenfalls haben es ihnen schon mit Fest-

gottesdiensten in ihren Wehrkirchen gedankt.

Betrachtet man jedoch die gesamtarabische Szene, scheint dieser größte Nahostkrieg seit 1973 zumindest auf ägyptischer Seite gar nicht so unwillkommen gewesen zu sein, will man nicht überhaupt Kairoer Informationen über ein abgekartetes Zusammenspiel zwischen Carter, Begin und Sadat Glauben schenken. In Libanon stand ja nicht

nur Israels Sicherheit auf dem Spiel, ebensowenig aUein die Zukunft der christiiehen Stammbevölkerung des kleinen Berglandes. Vor aUem die Position des Westens ist bemerkenswert, angesichts der anhaltenden Okkupation des Libanesischen Nordens, durch die wieder engstens mit Moskau liierten Syrer. Es ist daher auch kein ZufaU, daß nach dem ersten österreichischen Vorauskommando ausgerechnet Frankreich den Löwenanteil an der neuen UNO-Truppe für den Süden steht, das früher in Libanon bei den Christen beüebte Mandatsmacht war. Und mit diesen Interessen ist eben auch Ägyptens Führer Sadat so eng verbunden, daß man sein stiUschweigendes Einverständnis zu aU diesen Schachzügen auch voraussetzen könnte, wenn dieses nicht durch ganz konkrete Anhaltspunkte noch weiter bestätigt würde: '

• Der Kairoer Staatschef hatte die PLO und ihre Terrorakte genau zu Beginn des israelischen Gegenangriffes scharf verurteüt;

• während der Kämpfe jede antiis-raeüsche Festlegung vermieden und nur wiederholt erklärt, daß er „die Entwicklung aufmerksam studiere“;

• es abgelehnt, in Kairo eine PLO-Delegation zu empfangen, die ihm als Gegenleistung für Unterstützung Arafats dessen Abkehr vom antiägyptischen „Ablehnungsblock“ der Syrer, Libyer und Algerier anbieten woUte;

• dem Aufruf der arabischen Liga für ein Gipfeltreffen zum Südübanon die Unterstützung vorenthalten;

• sich als erster arabischer Führer entschieden für eine permanente UNO-Präsenz südlich vom Litani ausgesprochen.

Das alles kann nur bedeuten, daß ungeachtet einer gewissen, für den Inlandsbedarf bestimmten Kaüoer Pressekampagne gegen die „brutalen zionistischen Aggressoren“ keine Mißstimmung zwischen Ägypten und Israel entstanden ist.

Die Bluttat von Tel Aviv hat den Israelis gezeigt, daß ihre wahren Feinde nur noch bei der PLO zu suchen sind.

Umgekehrt ist Ägypten durch seinen versteckten Dreibund mit Israel und den USA in der Libanonsache bei den anderen Arabern nun erst recht in die Isoüerung geraten. Nur noch Marokko hält Kairo durch dick und dünn die Stange, während selbst der Sudan heimüch, stiU und leise auf die Seite Libyens und der Ablehnungsstaaten getreten ist. Die konservativen ÖUänder und Jordanien, über deren Position man bisher noch rätseln konnte, haben sich mit ihrer Forderung nach einem arabischen Libanongipfel als dritte Kraft zwischen Sadat und den Radikalen konstituiert. Saudi-Arabien, Kuwait und die Golfstaaten stehen der UNO-Lösung für den Südübanon äußerst kritisch gegenüber. Aber auch die von Syrien, Libyen und Algerien beschickte Außenministerkonferenz in Damaskus war ein Schlag ins Wasser, da sie keinerlei friedüche Alternativen anbieten und sich ebensowenig zu einer militärischen Unterstützung für die PLO entschüeßen konnte.

So sieht aUes danach aus, daß es im Nahen Osten keine Alternative zum Frieden mehr gibt. Die Bluttropfen der letzten Wochen wären dann wenigstens nicht umsonst gewesen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung