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Ist das der wahre Islam ?

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Ein Buch soll brennen.

Sein Autor sowie Verleger und Buchhändler sollen vernichtet werden. Ajatollah Khomeini hat’s verordnet. tJSalman Rushdie ist ein toter Mann“, „Man sollte seinen Körper zerstückeln und die Teile in alle islamischen Länder zur Vfamung jener senden, die unsere Religion beleidigen“, kreischen fana- tisierte Moslems.

Kaum eine Drohung hat die westliche Welt in jüngster Zeit so erregt wie das Aussetzen eines Kopfgeldes auf den britischen Autor, einen „islamischen Apostaten“. Dessen JSatanische Verse“ mit den Träumen zweier Inder namens Gibreel und Chamcha in London über d® Geburt einer Religion, dem Islam ähnlich, mit Traumsequenzen aus dem Leben Mohammeds — im Buch mit Mabound, einem Terminus für den Teufel, bezeichnet — und der Schilderung, wie ein Nachfolger Ma- hounds — ein „Arsch aus Persien“ mit Namen Salman — zur Überzeugung gelangt, daß Mdhound kaum mehr ist als ein charismatischer Scharlatan, hat Moslems in Wut versetzt. .

Sie fühlen sich besonders dadurch verletzt, daß in dem Buch zwölf Prostituierte die Namen und Identitäten der Frauen Mahounds annehmen, wodurch ihr Geschäft bestens floriert.

Vertreter des Islam versuchen zu erklären, die Beleidigung sei zu groß, als daß sie mit wenigen entschuldigenden Worten Rushdies aus der

Welt geschafft werden könnte. „Was würden Sie dazu sagen, wenn man einen Jesus zeigt, der mitten in der Bergpredigt plötzlich über Sexualverkehr mit Prostituierten zu fantasieren beginnt?“ fragt der Islam-Experte von Harvard, William Graham.

Für die EG-Staaten und mittlerweile auch für Kanada hat Khomeini eine Grenze überschritten. Deswegen wird der Ajatollah gemieden,

sein menschliches Antlitz ist kaum zu erkennen.

Khomeini ist aber nicht der Islam, wenngleich das jetzige Schweigen derer,’die diese Religion als eine humanistische schmackhaft machen wollen, davon zeugt, daß des persischen Revolutionsführers Auslegung des Islam hohes Ansehen genießt.

Khomeini möchte einen zunehmenden Prestigeverlust in der islamischen Welt (FURCHE 5/1989) wettmachen. Die Werte der islamischen Revolution scheinen für viele nach dem Waffenstillstand mit dem Irak und dem Versuch, mit dem Westen ins Gespräch zu kommen, in Gefahr.

Der 88jährige Khomeini zeigt noch einmal seine Macht. Er überspitzte die Kampagne vieler islamischer Länder gegen das Buch Rushdies mit dem Tötungsgebot. Damit ist auch im inneriranischen Machtkampf ein deutliches Wort gegen die Gemäßigten gefallen, die der tristen wirtschaftlichen Lage des Landes wegen den Westkontakt suchen.

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