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Italien wie Chile?

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Nach seinem großen Sieg“ hält es Diktator Pinochet nicht mehr für erforderlich, vor 1988 neue Wahlen durchzuführen. Die demokratische Welt protestiert geschlossen gegen die Anfang des Jahres durchgeführten manipulierten Wahlen, davon dürften die betroffenen Chilenen jedoch kaum etwas erfahren haben.

Italien scheint nicht nur geographisch, sondern auch ideologisch-politisch auf der anderen Seite der Erdkugel und des politischen Machtkampfes zu liegen. In Rom re-

gierte Andreotti auf Gnaden der KPI und wird alles Faschistische als Inbegriff des Teuflischen hingestellt. Das geht soweit, daß jeder, der Kritik an der wachsenden kommunistischen Machtbeteiligung übt, als ewig Gestriger, als Reaktionär und - eben - als Faschist abgestempelt wird. Montanellis neue Zeitung „II Giornale Nuovo“, die aufzeigt, wie die KPI auf allen Ebenen des politischen Machtkampfes - in den Lokale, Provinz- und Regionalverwaltungen, bei den halbstaatlichen Betrieben, im Bankensektor, bei der Vergebung von Krediten und der Besetzung verantwortlicher Stellen, in den Massenmedien, im Heeresund Polizeiwesen - von Monat zu Monat an Einfluß gewinnt, wird eigentlich nur noch von jenen gelesen, die das alles ohnehin schon wissen ... Und von vornherein glauben!

Kom distanzierte sich solchermaßen von Santiago de Chile, daß es vor einem Jahr, beim Finale um den „Davis Cup“, seine Tennis-Stars gleich gar nicht nach Chile reisen lassen wollte. Nur die gute Aussicht, sich vor aller Welt als Tennis-Weltmeister präsentieren zu können, hat schließlich überwogen. Der Nationalismus kann eben auch pn linksengagierten Ländern hohe Wellen schlagen!

Geht man den Dingen auf den Grund, so hat Italien heute manches mit Pinochets Chile gemein. Das Parlament wird in beiden Ländern immer wieder überspielt: Die Würfel fallen während geheimer Sitzungen der Parteidelegationen hinter den Kulissen der demokratischen Institutionen.

Jn Italien wurden die auf letzten November angesetzten Gemeindewahlen verschoben. Offizieller Grund: Urnengänge kosten Geld und Italien muß sparen. Wirklicher Grund: Christdemokraten und vor allem die Kommunisten haben Angst vor Wahlen. Ihre gemeinsame Herrschaft 'wird von allen Seiten kritisiert. Die bisher eigene Wählerschaft, aber auch die kleinen Parteien von den Sozialisten bis zu den Liberalen haben Angst vor der sogenannten klero-kommunistischen Diktatur. Mit 75 Prozent der Wähler im Rücken - so viele wie Pinochet - können KPI und Democrazia Christiana das gute und schlechte Wetter in Italien bestimmen...

Die Regierungskrise, die sich schon solange abgezeichnet hat, ist jetzt jedenfalls in voller Schärfe ausgebrochen. Ob es Andreotti auch diesmal gelingt, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, ist bei der gegenwärtig chaotischen politischen Situation in Rom ungewiß. Nur soviel scheint sicher: Neuwahlen dürften weder ihm noch seinen politischen Gegnern genehm sein!

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