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Italiens Unregierbarkeit
Die Kunst, mit Widersprüchen zu überleben, stößt selbst in Italien auf Grenzen. So jetzt die paradoxe Vorstellung, die sich die neue, von nur knapper Mehrheit getragene Parteiführung der Democrazia Cristiana zurechtgelegt hat: Man brauche nur die Achse der Partei ein wenig nach rechts zu verlagern, um links brauchbare Koalitionspartner zu finden. Solch schöner Wahn - und mit ihm das Kabinett des Christdemokraten Cossiga - überdauerte den Führungswechsel in der Partei kaum zwei Wochen.
Die Regierungskrise, die zwölfte in zehn Jahren, war nicht länger hinauszuschieben. Sie entblößt wieder einmal jene viel tiefere Krise, die der italienischen Demokratie. Diese erlaubt zwar den Machtverfall, doch nicht die Machtablösung - zumindest so lange die zweitstärkste Partei, die kommunistische, als Sicherheitsrisiko gilt.
Die Sozialisten, unentbehrlich für jede Regierungsmehrheit ohne Kommunisten, hadern mehr denn je mit sich selbst. Ihr Parteichef Craxi träumt von einer Fünferkoalition unter seinem eigenen Vorsitz, wogegen sich die meisten seiner Genossen sträuben, die eher mit Kommunisten als mit Sozialdemokraten und Liberalen zusammenarbeiten wollen.
Aber auch für die Christdemokraten bleibt Craxi ein viel zu unsicherer Kandidat, als daß sie gerade ihm ihr fünfunddreißigjäh-riges Führungsmonopol opfern würden. Wie könnte auch die christdemokratische „Rechte" jetzt den Sozialisten zugestehen, was ihnen die Partei-„Linke" letzten Sommer verweigerte?
Zwar steht auch der Rückzug der Kommunisten in die Opposition im Zeichen ihrer Orientierungskrise, doch wer will, wer kann sich auf einen Frontalzusammenstoß mit ihnen einlassen? Von Neuwahlen (es wären die dritten in vier Jahren) neue Möglichkeiten zu erwarten, wagen nicht einmal jene, die diesen Ausgang riskieren wollen. Die vielberedete Unregierbarkeit Italiens entpuppt sich immer mehr als Re-qgprungsunfähigkeit seiner großen Parteien.
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