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Ja zu Solidarität, nein zur Abgabe!

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Muß man, wenn man für mehr Solidarität ist, auch zwangsläufig für eine eigene Solidaritätsabgabe sein? Ich meine: keinesfalls! Eine derartige zusätzliche Abgabe wäre ein echter Mißbrauch der zweifellos vorhandenen Solidaritätsbereitschaft der österreichischen Bevölkerung. Sie soll bloß davon ablenken, daß es dieser Regierung auch in einer langanhaltenden Hochkonjunkturphase offenbar nicht gelungen ist, den notwendigen Budgetspielraum für schlechtere Zeiten zu schaffen. Selbst als sich im Ausland der Konjunkturabschwung schon deutlich abzeichnete, spielte die Regierung noch den Big Spender, anstatt Geld für die Krisenvorsorge zur Seite zu legen.

Man soll doch auch nicht so tun, als ob das, was durch eine Solidaritätsabgabe im derzeit diskutierten Ausmaß an Einnahmen hereinkommen würde, eine wesentliche Budgetgröße wäre! Es ist weit weniger, als der Finanzminister durch das Hinausschieben der längst fälligen Senkung der Lohn- und Einkommensteuer heuer an zusätzlichen Einnahmen lukriert. Und es ist mit Sicherheit auch weit weniger, als der immer eklatanter werdende Mißbrauch von staatlichen Sozialleistungen kostet.

Analog zur Solidaritätsabgabe könnte man - führt man die Idee konsequent zu Ende - für alle im gesellschaftlichen Interesse liegenden Aufgaben des Staates eigene Abgaben einführen. Eine „Sicherheitsabgabe" zur Finanzierung zusätzlicher Gendarmerieposten, die von der Bevölkerung dringend gewünscht werden und für die bekanntlich kein Geld da ist; eine „Kindergartenabgabe" - bekanntlich gibt es zuwenig Geld für Kindergärten, und es wäre doch wohl rechtens, wenn jene Eltern, die für ihre Sprößlinge einen Kindergartenplatz haben, ein Solidaritätsopfer zugunsten jener Eltern ohne Kindergartenplatz brächten, oder?

Was die Sache so verdrießlich macht, ist auch der Weg, den alle neuen, unter der Vorspiegelung, für einen gesellschaftlich wertvollen Zweck verwendet zu werden herausgepreßten Abgaben nahmen.

Die Erhöhung der Kfz- und der Mineralölsteuer rang man uns mit dem Versprechen ab, damit den öffentlichen Verkehr auszubauen. Tatsächlich versickerte dann der Großteil der zusätzlichen Einnahmen im allgemeinen Budgettopf. Und natürlich trug auch der „Gesundheits-Schilling", um den vor Jahren jede Packung Zigaretten teurer wurde, in erster Linie zur Gesundung des Budgets bei. Warum wohl lehnt jeder Finanzminister unter Hinweis auf die „moderne Budgettheorie" jegliche gesetzliche Zweckbindung für neu geschaffene Abgaben ab?

Würden aus dem Topf der Arbeitslosenversicherung beispielsweise nicht elf Milliarden Schilling zur Finanzierung des zweiten Karenzjahres abgezweigt (zum Vergleich: die Kosten für die Arbeitslose werden heuer 14 Milliarden Schilling betragen), stünden auch ohne Solidaritätsabgabe genug Mittel für die Finanzierung der steigenden Arbeitslosigkeit zur Verfügung!

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