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Jachym: Ein völlig neuer Stil

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Die Erklärung wurde in Wien von Erzbischof-Koadjutor Franz Jachym der Öffentlichkeit vorgestellt. Er verwies zunächst auf die ökumenische Situation, die Rom zu diesem Dokument veranlaßt habe. Die anglikanische Gemeinschaft und eine Reihe refor- matorischer Kirchen hätten in den letzten Jahren Frauen zum geistlichen Amt zugelassen. Wegen der ökumenischen Bedeutung dieses Problems sei Rom „in Zugzwang gekommen”. Es habe die Haltung der katholischen Kirche in dieser Frage klarlegen wollen. Deswegen sei die Frage der Zulassung von Frauen zum Priesteramt in einem eigenen Dokument aufgegriffen worden, nachdem zunächst auch dieser Komplex im Rahmen eines umfassenderen Dokumentes behandelt werden sollte, das sich mit der Rolle und den Aufgaben der Frau in der Kirche überhaupt auseinandersetzen sollte. Dieses anläßlich des „Jahres der Frau” in Aussicht genommene Dokument sei erst in Ausarbeitung.

Die Frage der Zulassung von Frauen zum Priesteramt sei auch im katholischen Bereich diskutiert worden. Daß Rom sich gegen weibliche Priester entscheiden würde, sei zum Teil befürchtet, zum Teil erhofft, jedenfalls aber allgemein erwartet worden. Das Bedeutsame an der Erklärung sei nicht das ohnehin zu erwarten gewesene Nein, sondern die Art, wie dieses Nein ausgesprochen werde. Mit großer Bedachtsamkeit und Behutsamkeit, die sich von früheren Erklärungen in anderen Fragen stark unterscheiden, würden Argumente ins Treffen geführt, die die katholische Kirche zum Festhalten an der bisherigen Praxis veranlassen. Es werde auf Argumente, die zugunsten der Zulassung, von Frauen zum Priesteramt vorgebracht werden, eingegangen und nie die Behauptung aufgestellt, daß sich die Notwendigkeit der bisherigen Praxis aus der Heiligen Schrift „stringent beweisen” lasse. Die Tendenz gehe dahin, die Gewichtigkeit der Argumente für und gegen eine Priesterweihe für Frauen gegeneinander abzuwägen. Das Ergebnis, zu dem die Glaubenskongregation dabei komme, sei, daß sich die katholische Kirche „aus Treue zum Vorbild ihres Herrn nicht dazu berechtigt” halte, „die Frauen zur Priesterweihe zuzulassen”.

Er sei sich bewußt, erklärte Dr. Jachym, daß das römische Nein zur Zulassung von Frauen im innerkirchlichen Bereich bereits Kritik ausgelöst habe. Seiner Ansicht nach müsse jedoch die Art und Weise, wie dieses Nein dargelegt und begründet werde, anerkannt werden. Es wäre wünschenswert, wenn Rom durch eine entsprechende Resonanz in der Welt- kirche ermutigt werde, auch in Hinkunft bei der Herstellung wichtiger Dokumente in der gleichen, auf Apodik- tik verzichtenden Art zu verfahren.

Der Dogmatiker Univ.-Prof. Dr. Josef Weismayer (Wien) betonte, man habe nicht die Form einer Enzyklika oder einer Apostolischen Konstitution gewählt, die in der Rangordnung von Äußerungen des kirchlichen Lehramtes weit gewichtiger seien als eine „Erklärung”. Auch für ihn sei das Abwägen der Argumente charakteristisch für dieses Dokument. Über die in der Erklärung angeführten Argumente hinaus, die sich vor allem auf das Verhalten Christi und der Apostel stützten, sprächen jedoch auch noch gewichtige pašto raltheologische und pašto ralpädagogische Argumente dagegen, die Weltkirche gleichsam von heute auf morgen mit einer derart tiefgreifenden Neuerung zu konfrontieren, die sicherlich nicht überall auf Zustimmung stoßen würde.

Prof. Eva Petrik maß einer Zulassung von Frauen zum Priesteramt gegenüber der entscheidenderen Frage, ob die Kirche ihre historische Entwicklung zur „Männerkirche” überwinden werde, sekundäre Bedeutung zu. Es gehe heute darum, daß die Kirche Ja zur partnerschaftlichen Rolle der Frau und zur vollen Mitarbeit der Frau in der Kirche sage. Nicht die Berufung von „Paradefrauen” in kirchliche Gremien, nicht ihre Bestellung in kirchliche Ämter, „weü” oder „obwohl” sie Frauen sind, sei wünschenswert, sondern die Einsetzung jedes einzelnen Christen - Mann oder Frau - nach seinen spezifischen Fähigkeiten.

Der Geistliche Assistent der Katholischen Frauenbewegung, Direktor Josef Wiener (Linz), erklärte: „Es sollte nicht übersehen werden, daß an keiner Stelle die Frage selbst als abgeschlossen bezeichnet wird, daß also die römische Erklärung den bisherigen und gegenwärtigen Standpunkt der Kirche zum Ausdruck bringt.” In dem Dokument werde aber zum ersten Mal die volle Gleichberechtigung von Mann und Frau in umfassendem Sinn positiv dargelegt.

Wie machen es die andern?

Für die evangelische Kirche in Österreich hat die Generalsynode die Ordination der akademisch gebildeten Theologinnen beschlossen. Die Ordinierte ist zur Ausübung aller Rechte des geistlichen Amtes befähigt. Sie ist auf die Stelle einer Pfarrvikarin wählbar, auf ein selbständiges Pfarramt kann sie nur berufen werden.

Die Pfarrvikarin kann sich auch auf ein übergemeindliches Amt oder als Pfarrvikarin im Schuldienst bewerben. Pfarrvikarinnen sind den Pfarrern dienstrechtlich gleichgestellt. Mit der Verehelichung scheiden Pfarrvikarinnen aus dem Dienstverhältnis zur Kirche aus. Sie bleiben allerdings auf der Kandidatenliste.

Die Bestimmung, wonach Pfarrvikarinnen mit ihrer Verehelichung aus dem Dienstverhältnis zur Kirche aus- scheiden, wurde vielfach als ein die Frauen diskriminierender Tatbestand angesehen. Wie Bischof Sakrausky betonte, ist die Auflösung des Dienstverhältnisses mit der Pfarrvikarin nach ihrer Verehelichung in erster Linie eine Rücksicht auf die Frau als Frau und Mutter. Sie selbst kann späterhin bestimmen, wieviel sie als ordinierte Theologin in der Gemeinde verantworten und dieses von ihr dann bestimmte Maß an Mitarbeit in einem Vertrag oder in einer freien Vereinbarung mit der Gemeinde niederlegen kann.

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