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Jahr des Kindes -Jahr der Schwätzer?

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1959 bis 1979: 20 Jahre Fortschritt der Menschheit hegen zwischen den beiden Jahrzehnten. Die Entwicklung hat uns in diesen Jahren fast überholt. Computer, Farb-TV, Geschirrspüler usw. sind für uns als „moderne“ Menschen selbstverständlich geworden.

Mit dem Jahr 1959 sollte aber noch etwas anderes beginnen. In diesem Jahr wurde anläßlich der General-veEsammlung der Vereinten Nationen die Charta des Kindes proklamiert. 20 Jahre danach hat nun dasselbe Gremium ein Jahr des Kindes ausgerufen. Man könnte meinen, daß dies in memoriam für die Charta des Kindes geschieht.

In einer Präambel und in . zehn Grundsätzen wurden die Rechte der Kinder in wohlgeformten Sätzen zu Papier gebracht. Es ist die Rede von Liebe, Fürsorge, Geborgenheit in der Familie, vom Recht auf Ausbildung auf eine eigene Persönlichkeit, von der Verwerflichkeit der Kinderarbeit, vom Mißbrauch der Kinder zu kommerziellen Zwecken, von der Brutalität Kindern gegenüber.

Die Realität sieht aber anders aus. In vielen Staaten der Welt lebi die Wirtschaft von der Kinderarbeit. In sinnlosen Kriegen wird auch der Tod von Kindern als notwendiges Übel hingenommen. Die erschreckend hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit in vielen Gebieten unserer Welt wird schon fast als natürliche Geburtenregelung angesehen. Beschäftigt mit den Problemen unseres Ubergewichtes, vergessen wir Hunderttausende, die verhungern. Diese Aufzählung könnte noch beliebig lange fortgesetzt werden.

Wo sind nun diese 78 Regierungen, die am 20. November 1959, auf der 841. Sitzung der Vereinten Nationen, diese Charta ohne Gegenstimmen angenommen haben? Papier ist geduldig. Das Schicksal von Millionen Kindern läßt aber keine Geduld mehr zu.

Auch Österreich gehört den Vereinten Nationen an. Auch in Österreich gibt es Kinder. Trotzdem hat man bis jetzt von der Regierung, den Parteien und Interessenvertretungen zum Jahr des Kindes außer einigen salbungsvollen Reden nichts gehört. Vielleicht, denken unsere Volksvertreter, bei uns sei ja alles in Ordnung.

Sicher, wie haben keinen Krieg, aber eine erschreckend hohe Zahl von Kindesmißhandlungen. Wo bleibt dazu eine Aufklärungskampagne? Vielen Kindern könnte durch eine effizientere Kinder- und Jugendfürsorge geholfen werden. Kindesmißhandlungen, und hier darf man-nicht nur an die physischen denken, gelten noch immer als Kavaliersdelikt.

In den Bauordnungen sind zwar Autoabsteilplätze, aber keine Kinderspielplätze vorgeschrieben. Wann werden die Gesetzgeber dagegen etwas tun?

Keine Hungersnot heißt noch lange nicht, daß die Kinder richtig ernährt sind. Ubergewicht und Haltungsschäden, als Folge von Bequemlichkeit der Eltern, sind ein Problem bei Kindern.

Vollbeschäftigung und Wohlstand sind kein Garant für das Wohlergehen der Kinder. Bei der Beseitigung der Wohlstandsverwahrlosung ist schon zu viel Zeit ungenützt verstrichen.

Jedes Jahr nehmen sich mehr Kinder das Leben. Dieses Wegwerfen des im Moment nicht bewältigbar erscheinenden Lebens müßte uns alle auf die mannigfaltigen Probleme der Kinder besonders in einer auf Leistung und Konsum ausgerichteten • Gesellschaft stoßen.

Der wichtigste Ansatz zur Situationsverbesserung ist die Stärkung der Familie. Leider greift auch die Familienfeindlichkeit immer mehr um sich. Es müßte selbstverständlich sein, daß Familien ideell als auch materiell sowohl von staatlicher Seite als auch von der Gesellschaft, unterstützt werden. Je schlechter die Familien sind, desto schlechter geht es den Kindern. Zweit-Autos, Wochenendhäuser und die Luxusabhängigkeit haben die Kinder in den Hintergrund gedrängt. v

Zum Glück gibt es in Österreich auch Aktivitäten, die das Problem an der Wurzel packen wollen. Eine der wichtigsten ist die von der katholischen und evangelischen Kirche veranstaltete Enquete „Kinder - Christen- Staatsbürger“. Dah^ei stehen im Vordergrund:

• Schaffung einer gemeinsamen christlichen Basis - das Kind hat einen Eigenwert als Geschöpf und Gabe Gottes;

• Uberdenken der Situation des Kindes in Österreich;

• Präzisierung einer christlichen Stellungnahme und die Konsequenzen daraus.

Dies sind die Ziele der von 26. bis 28. Oktober in Salzburg stattfindenden Veranstaltung. In acht Arbeitskreisen, die die Themen Religion, Familie, Schule, Gesellschaft, Freizeit, Medien, Lebensraum und Kind in Not behandeln, werden rund 600 Personen einen neuen Anlauf zu einer kinderfreundlichen Welt nehmen.

Auf Grund solcher und ähnlicher Aktivitäten darf man hoffen, daß die Charta des' Kindes doch noch verwirklicht wird. In diesem Jahr liegt eine Chance, unsere Welt, die wir für die kommenden Generationen verwalten, lebenswerter zu machen.

Nähere Auskünfte über die Enquete „Kinder - Christen — Staatsbürger“ erhalten Sie bei der Katholischen Jungschar Österreichs, Johannesgasse 16, 1010 Wien.

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