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Jahrzehnt der großen Ängste

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Der etwas reißerische Titel des Salzburger Symposions, ,J3ie Lust am Untergang", traf genau jenes Syndrom negativer Befindlichkeiten, bestehend aus Angst, Pessimismus, Resignation, No-Future-Stimmung, und zuweilen geradezu lustvoll ausgekosteten Weltuntergangserwartungen, mit denen wir heute konfrontiert sind. Vielleicht werden einmal die achtziger Jahre als das Jahrzehnt der großen Ängste in die Geschichte eingehen.

Je länger man darüber diskutierte, desto deutlicher stellte sich heraus, daß unseren Ängsten eine fundamentale Sinn- und Wertkrise zugrunde liegt, auf die die bloße Vernunft keine brauchbare Antwort zu geben vermag.

Hier lag der entscheidende Punkt des Salzburger Symposions. In der negativen Utopie eines Orwell, Huxley und Samjatin erscheint das Reich utopisch erhoffter Einheit von Freiheit, Gleichheit und Glück als ein Zustand des Grauens und der definitiven Abschaffung des Menschen, und die utopisch inspirierte Hoffnung weicht dem Schrecken angesichts der Möglichkeit, daß sich die Utopie am Ende doch noch verwirklichen könnte. Das läßt sich nur dadurch erklären, daß sich die Geschichte entweder dem Zugriff der Utopie entzieht oder jene Hoffnungen dementiert, die einst an ihre Verwirklichung geknüpft wurden.

Treffend formulierte Günter Rohrmoser, einer der eindrucksvollen Redner auf diesem Symposion, die sich aufdrängende Grundfrage der Gegenwart: „Gibt es eine nicht utopisch begründete Hoffnung? Ist Lebensmut allein abhängig von dem mutmaßlichen Ausgang geschichtlicher Prozesse. Gibt es außer dem Argument für biologisches Uberleben eine erfolgsunabhängige Begründung für die Notwendigkeit der Anstrengungen, die auf die Vermeidung der Katastrophe gerichtet sein müssen? Gibt es eine spes contra sperre?"

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