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Jasser Arafat: Der Phönix von Amman
PLO-Chef Jasser Arafat, den man politisch schon völlig ausmanövriertglaub-te, ist wieder da. Und mit ihm die Hoffnung, daß eine Koalition der Gemäßigten den Friedensprozeß in Nahost in Gang bringt.
PLO-Chef Jasser Arafat, den man politisch schon völlig ausmanövriertglaub-te, ist wieder da. Und mit ihm die Hoffnung, daß eine Koalition der Gemäßigten den Friedensprozeß in Nahost in Gang bringt.
Als ein außergewöhnliches Ereignis hat sich die einwöchige Sitzung des Palästinensischen Nationalkongresses in der jordanischen Hauptstadt Amman erwiesen: Jasser Arafat, Ende 1983 aus seinen letzten Stützpunkten in Libanon vertrieben und zum Kniefall vor dem gleich ihm von den anderen Arabern geächteten ägyptischen Führer Mubarak gezwungen, ist wie ein Phönix aus der Asche auf die Nahostszene zurückgekehrt.
Das im Bunde mit einer mächtigen Koalition aus Ägypten, dem Irak und Jordanien, die für das Neue Jahr konstruktive Entwicklungen in diesem Krisenraum verspricht. In die Enge gedrängt sind jetzt nicht nur die ultraradikalen PLO-Kräfte, sondern auch ihre syrischen und libyschen Hintermänner.
Alle Versuche aus Damaskus und dem libyschen Tripolis, die Tagung des Exilparlamentes der Palästinenser zu vereiteln oder gegen Arafat zu beeinflussen, haben sich als Schläge ins Wasser herausgestellt. Syrien hatte noch dazu zum Sturz des neuen PLO-Schirmherrn König Hussein von Jordanien aufgerufen.
Präsident Assad scheute sich allerdings, persönlich gegen den Monarchen aufzutreten. Sein revolutionärer Appell zur „Vernichtung des Verräters Hussein" wurde in Damaskus im Namen des jordanischen Flügels der syrischen Baath-Sozialisten veröffentlicht. Bei diesem handelt es sich, soweit er von Assad kontrolliert wird, um eine reine Exilorganisation.
Der bodenständige Baath Jordaniens hatte schon 1959 mit der Parteiführung in Damaskus gebrochen. Der prominenteste Sozialist in Amman, Abdallah ar-Rimauwi, wirft seinen syrischen Genossen vor, sie versuchten die Lebensbedingungen der „ausgebeuteten Massen" nur insoweit zu verbessern, daß sich Revolten und Revolutionen gegen die „Ausbeuter" hinauszögern. Aber auch nach seinem Bruch mit Syrien blieb der jordanische Baath in die Illegalität verbannt, bis er sich nun im Zug der Annäherung zwischen Amman und Bagdad mit den irakischen Baathisten ins Einvernehmen setzte.
Heute wird sich in Jordanien weder ein Baath-Sozialist noch ein Palästinenser finden, der die Putsch- und Mordaufrufe Assads und Ghaddafis gegen Hussein in die Tat umsetzt. Schon lange saß der „kleine König" nicht mehr so fest auf seinem chronisch wackeligen Thron.
Schon mit der Abwahl des bisherigen, prosyrischen National-Kongress-Vorsitzenden Chaled al-Fahhum trafen die palästinensischen Abgeordneten eine klare Vorentscheidung zugunsten der weiteren PLO-Führung durch Arafat. Außerdem nahm die von ihnen beschlossene Verlegung des Sitzes der Exil-Versammlung, der neben Vertretern der PLO-Fraktionen auch unabhängige Mandatare angehören, von Damaskus nach Amman den Syrern ihre bislangen Beeinflussungsund Erpressungsmöglichkeiten.
Zwar hat es sich strenggenommen nur um ein Rumpfparlament gehandelt, das allerdings über das unumgänglich nötige Quorum verfügte. Gesamtpalästinensisch stellte es aber eine klare Mehrheit für Arafat und seinen neuerdings kompromißbereiten, gemäßigten Kurs dar?
„Abu Ammar", wie Arafats „Kriegsname" lautet, kann nämlich zusätzlich mit der heimlichen Unterstützung von 180 Delegierten aus Jerusalem, dem Westjordanland und dem Gazastreifen rechnen, denen Israel die Ausreise zu Sitzungen des PLO-Natio-nalkongresses verweigert hat.
Dem können die in der „National-Revolutionären Allianz" mit der seit eh und je syrisch geführten Saiqa zusammengeschlossenen Fatah-Rebellen auch in Zukunft nichts Ebenbürtiges entgegenstellen. Auch den statt nach Amman nach Moskau geeilten Linksaußen der PLO, Habasch und Hawatmeh mit ihren Volksfronten, ist dort bedeutet worden, sich nicht allzusehr gegen Arafat aufzuspielen.
Sie haben darauf ein Grundsatzbekenntnis zur „Einheit der Palästinensischen Revolution" abgelegt. Diese ist für die Sowjets gerade nach Amman wieder in ihrer Gesamtheit interessant geworden: Sowohl die politische Grundsatzerklärung von Faruk al-Kaddumi wie die Abschlußresolution des Palästinenserkongresses bewegen sich in Richtung der vom Kreml schon längst gewünschten „Internationalen Nahostkonferenz" unter Moskaus Beteiligung.
Auch bei der eiligen Vorsprache König Husseins bei Mubarak in Kairo am Wochenende, wo die beiden nach der Rückendeckung durch die PLO und ebenso von Seiten des während der Beratungen in Amman zu vollen diplomatischen Beziehungen mit den USA zurückgekehrten Irak ihren weiteren, gemeinsamen Nahostfahrplan festlegten, stand eine solche Wiederbelebung der „Genfer Nahostkonferenz" von 1973/74 im Mittelpunkt der neuen Initiative.
Der ägyptische Staatschef darf mit den Ergebnissen von Amman fast noch zufriedener als der wiedergewählte Arafat und der in seinem Palästina-Vorstoß bestätigte König Hussein sein. Die nachträgliche Billigung seines so umstrittenen Weihnachtstreffens von 1983 mit dem damals schwer angeschlagenen PLO-Chef legt den Schlüssel zu allen weiteren Aktivitäten in seine Hand-
Immerhin verfügt Kairo allein aus den Verträgen von Camp David über ein auch von Israel anerkanntes Verhandlungsmandat in Sachen der Palästina-Araber. Israels Premier Shimon Peres kann Hussein und schon gar Arafat als Gesprächspartner zurückweisen. Mubarak hingegen muß von Israel wenigstens angehört werden, wenn es nicht das ganze Friedenspaket mit Ägypten in Frage stellen will.
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