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Jesus oder Marx?

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Im südlichen Afrika muß die katholische Kirche viele Herausforderungen bestehen: mit Waffen ausgetragene Konflikte, die Koexistenz mit marxistischen Regimen und natürlich Priestermangel und Inkulturation.

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Im südlichen Afrika muß die katholische Kirche viele Herausforderungen bestehen: mit Waffen ausgetragene Konflikte, die Koexistenz mit marxistischen Regimen und natürlich Priestermangel und Inkulturation.

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Aufgrund der verschiedenen politischen Systeme leben die christlichen Kirchen im südlichen Afrika recht unterschiedlich. Aber sogar in liberalen Ländern wie Zambia gibt es Probleme. 'Wie ist dann erst die Lage in marxistischen Landern wie dem pragmatischen Zimbab we oder dem strengen Mozambique?

Seit Zimbabwe unabhängig ist,stand die dortige katholische Kirche immer auf der Seite des Volkes. Sie half bei der nationalenEinigung und beteiligte sich aktiv am Aufbau der neuen Gesellschaft. In den Städten erhalten die Laien ihre Pfarren auch materiell, wie das Beispiel Santa Monica in der Nähe von Harare zeigt: Laien bezahlen einen Priester und zwei Schwestern. Auf dem Land ist die Lage wegen fehlender Mittel anders: Zum Beispiel konnten die Gläubigen der Mission St. Paul 1988 nicht das nötige Geld für den Papstbesuch aufbringen.

Diese Mission bezeugt beides - die Stärke und die Schwäche der Kirche. Der Priester, der im Zentrum einer solchen Mission lebt, ist für 3 5 Pfarren verantwortlich. Die Laien halten Katechismusstunden, kümmern sich um Kranke und Alte, beerdigen die Toten, spenden die Taufe und leiten Gottesdienste ohne Geistliche. Wenn Priester die Dörfer besuchen, werden sie von den Bewohnern - ob gläubig oder nicht -freundlich aufgenommen und bewirtet. Das liegt an der afrikanischen Gastfreundschaft, aber auch am großen Priestermangel in Zimbabwe. Auf 800.000 Katholiken -von 8,6 Millionen Einwohnern -kommen 339 Geistliche.

Die Beziehung zwischen dem Klerus und den Laien ist gut, daher funktioniert auch die Beziehung zwischen Kirche und Staat. Der Generalsekretär der Bischofskonferenz Zimbabwes, Bischof Patrick Mutume, meinte dazu: „Wir haben keine Probleme mit der Regierung, es gibt keine Mauer zwischen uns, die Regierung hört auf uns. Sie fürchtet uns nicht und wir sie auch nicht...“ Eine diplomatische Erklärung? Wahrscheinlich. Aber es gibt keine Zweifel über das Engagement der Gläubigen in der Gesellschaft: Sie loben Gott und erfüllen ihre Staatsbürgerpflichten.

Im Lauf des Befreiungskampfes hat sich die katholische Kirche in ihrer Kommission „Iustitia et Pax“ vom kolonialen und rassistischen System des Ian Smith in Rhodesien distanziert. Die Mehrheit der Kader der heutigen Nationalisten wurde in Missionsschulen ausgebildet. Auch dieser Umstand erleichtert die Koexistenz von Staat und Kirche. In den Schulen wird sowohl Marxismus als auch Religion unterrichtet.

Die Kirche ließ keinen Zweifel offen, daß sie den Staat nach Möglichkeit unterstützen würde. In den pastoralen Briefen „Unser Gang vorwärts“ (1982) und „Sozialismus und Evangelium“ (1984) erklärten die Bischöfe ihre Rolle im Staat, sie forderten die Freiheit der Kritik und prangerten Verletzungen der Menschenrechte an. Die Kirche bangte um ihren Einfluß in der Schulbildung. Der Heilige Vater umschrieb diese Sorge 1988 als „Hoffnung, die katholische Identität zu garantieren“ , denn „die Schulbildung ist eine pastorale Priorität aller Diözesen“.

Die größte Krise zwischen Kirche und Staat gab es 1983, als ein Text des Episkopates das brutale Vorgehen des Militärs gegen die Opposition im Matabeleland verurteilte.

In Mozambique ist die Lage ganz anders. Nach der Erlangung der Unabhängigkeit (1975) hat die marxistische Regierung das gesamte Kircheneigentum verstaatlicht. Erst nach jahrelangen Forderungen hat die Kirche im Juni 1988 mehr als 90 Einrichtungen zurückbekommen, auch das große Seminar Matola in der Nähe Maputos. Schulen und Spitäler bleiben aufgrund einer Übereinkunft zwischen Kirche und Staat nationalisiert.

Im Juli 1988 gestand die Regierung Fehler in der Religionspolitik ein und gab allen offiziell anerkannten Konfessionen durch ein neues Gesetz Kultfreiheit. Aber diese Entspannung ist noch sehr schwach und belastet, da die Kirche früher sehr eng mit den portugiesischen Kolo-nialherrenzusammenarbeitete. Eine Ausnahme machten nur die „Weißen Väter“, die aus Protest gegen die Kolonialmacht das Land verließen. Wegen dieser Vergangenheit der Kirche wollte der überzeugte Marxist Samora Machel „das Volk von der Religion befreien, auf daß es frei leben kann“.

1976 setzte sich die Kirche auf einer Versammlung in Beira das Ziel, den Dialog mit dem Staat zu suchen, und akzeptierte die Verstaatlichung ihrer Schulen und Spitäler. Angestellte dieser Einrichtungen durften weiter dort arbeiten (nicht so in Angola), wurden aber vom Staat bezahlt. Dieser Dialog war anfangs ohne Echo, weil die Regierung Briefe, die das Leiden des Volkes aufzeigten und die Umerziehung kritisierten, ignorierte.

Weil die Regierung auf den Appell der Bischöfe nicht einging, wandten sich diese direkt an die Gläubigen. 1987 hat einer ihrer Briefe die Regierung in arge Bedrängnis gebracht. In ihm wurden die Protagonisten des Krieges beim Namen genannt: die herrschende Partei „Frelimo“ und die Rebellen „Renamo“. Beide wurden zum Dialog aufgerufen. Das würde aber für die Regierung bedeuten, die immer als Banditen bezeichnete Renamo als politische Kraft anzuerkennen. Heute gibt es Gerüchte in Maputo, daß der Vatikan mit der Renamo Verhandlungen über einen Weg zum Frieden, den jeder in Mozambique herbeisehnt, führt.

Die Schwierigkeiten festigten die Bischofskonferenz und die christlichen Gemeinden. Die Gläubigen (1,9 Millionen von 13,5 Millionen Einwohnern) tragen das Leben in den Pfarren: so zum Beispiel die Kirche Nossa Senhora do Amparo. Diese Pfarre steht unter dem Patronat der „Weißen Väter“, die am Sonntag die Messe lesen, und funktioniert ohne Geistliche. Trotz des Rates der Priester, in ihren Gemeinden Versammlungen der marxistischen Partei zu besuchen - auch dort könnten sie das Evangelium weitergeben - lehnen die Gläubigen jede Mitarbeit dort ab und engagieren sich nur im kirchlichen Bereich.

Bei der Verbesserung der Beziehungen zwischen Kirche und Staat spielte die Caritas eine wichtige Rolle. Die schwierige ökonomische Lage und die Flüchtlingsfrage gaben der Caritas die Möglichkeit, direkte, schnelle Hilfe zu leisten. Sie arbeitet mit der Regierung, wahrt aber ihre Autonomie und bringt gewaltige internationale Hilfe ins Land.

Unlängst haben die Bischöfe des südlichen Afrika zur Niederlegung der Waffen aufgerufen, um allen Völkern der Region endlich Frieden zu geben. Sie haben das rassistische System Südafrikas angeklagt, aber auch die marxistischen Regimes dieser Region, besonders das Angolas, angegriffen und ihnen vorgeworfen, „eine neue Form der Apartheid, die nicht weniger verderblich ist, weil sie die Christen diskriminiert“, zu schaffen.

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