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Jetzt Feuer am Suez?
Die Flottenbasen Mersa Malruh und Alexandrien am Mittelmeer, sowie die kleinere Base Ras Banas am Suezbecken werden auch in Zukunft Sowjetflottencinheiten beherbergen und betreuen. Die Luftbasen Luxor, Kairo-West und Abu Suwayr werden auch weiterhin von russischen Piloten angeflogen werden. Ein Teil der rund 60 SA-3- und SA-6-Raketenbasen, die diese russischen Luft- und Flottenbasen beschützen, soll in russischen Händen bleiben. Alle anderen Militärinstallationen, die in Ägypten bisher von russischen Kommandanten befehligt wurden, werden in ägyptische Hände übergehen.
Die Flottenbasen Mersa Malruh und Alexandrien am Mittelmeer, sowie die kleinere Base Ras Banas am Suezbecken werden auch in Zukunft Sowjetflottencinheiten beherbergen und betreuen. Die Luftbasen Luxor, Kairo-West und Abu Suwayr werden auch weiterhin von russischen Piloten angeflogen werden. Ein Teil der rund 60 SA-3- und SA-6-Raketenbasen, die diese russischen Luft- und Flottenbasen beschützen, soll in russischen Händen bleiben. Alle anderen Militärinstallationen, die in Ägypten bisher von russischen Kommandanten befehligt wurden, werden in ägyptische Hände übergehen.
Nachdem sich der erste Rauch verzogen hat, der um die Erklärung von Ägyptens Staatspräsidenten Sadat entstanden ist, wird nun klar, daß die russische, Militärpräsenz trotz bereits erfolgten und geplanten Abzugs sowjetischer Militärexperten auch weiterhin .gewahrt bleibt. Die russischen Militärratgeber, Wirtschafts- und Industrieexperten haben nämlich bereits vor etwa drei bis vier Monaten begonnen, Ägypten zu verlassen.
Von russischer Seite kam man schon vor einigen Monaten ganz von selbst zu dem Entschluß, die Investitionen und die Militärpräsenz in Ägypten nicht, weiter auszuarbeiten. Aus diesem Grunde wurden die Beziehungen zu Syrien und dem Irak intensiviert, wurde ein Freund-schäftsvertrag mit dem Irak unterzeichnet, Syrien weiterhin technische Hilfe versprochen — alles, um im Mittleren Osten nicht ausschließlich auf Ägypten angewiesen zu sein.
Ungefähr zur gleichen Zeit hat man mit dem Bau einer großen Luftbasis in Südbulgarien begonnen, die in der weiteren Zukunft an Stelle der Luftbasen in Ägypten als Reservebase bereitstehen wird. Bekanntlich besitzen die neuen Topolow-22-Maschinen einen Aktionsradius von 5000 Kilometern, so daß man auch von einer bulgarischen Luftbasis aus der russischen Mittelmeerflotte einen „Luftschirm“ bieten kann.
In Rußland selbst wurden in den letzten Monaten immer mehr Stimmen dahingehend laut, daß die Rieseninvestitionen in Ägypten vergeudetes Geld seien und daß man nicht wisse, ob diese Anlage je Früchte tragen 'werde. Ägypten zeigte sich immer weniger fähig, Kredite zurückzuzahlen, obwohl die Waffen den Ägyptern nur mit 25 Prozent ihres wahren Wertes angerechnet wurden. Daher war es den Russen mehr denn je genehm, als Präsident Nixon während seines Moskau-Besuches vorschlug, die Waffenlieferungen nach dem Nahen Osten zu drosseln.
Die ägyptischen Militärs hingegen fordern die Einlösung des von Sadat gegebenen Versprechens, daß das Jahr 1972 ein Jahr der Entscheidung sei. Wenn man schon auf politischem Wege keine Entscheidung erzwingen könne, so müsse dies auf dem Schlachtfeld geschehen. Um das Feuer gegen die Israelis wieder eröffnen zu können, brauchte man aber nach Ansicht der ägyptischen Militärs noch mehr ultramoderne Waffen zwecks Übertrumpfung der amerikanischen, die sich in Händen der israelischen Armee befinden. Doch die Sowjetunion war zu solchen Lieferungen nicht bereit. Die russischen Offiziere behaupteten: „Den Ägyptern fehlen keine Waffen, sondern die Fähigkeit, mit diesen umzugehen.“
So fühlten sich die ägyptischen Offiziere bis in die tiefste Seele be. leidigt. Das revolutionäre Offizierscorps fühlte sich immer mehr frustriert und machte seinem Unmut durch Druck auf Sadat Luft.
Nun haben die Ägypter völlige Freiheit, eigenhändig das Feuer auf Israel zu eröffnen — ohne Rücksichtnahme auf die Sowjetunion, und diese neue Lage zwingt die Israelis, am Suezkanal neue Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, um jeder Eventualität entgegensehen zu können. Und der Abzug der Russen erleichtert es nun auch im Notfall den Israelis, einen Gegenschlag zu führen.
Die ägyptischen Beziehungen zu den USA sind immer noch sehr kühl. Der amerikanische Geschäftsträger Green wurde, obwohl er bereits vier Monate in Kairo sitzt, noch nicht von Sadat empfangen. Von einer Waffenlieferung aus Amerika kann überhaupt nicht die Rede sein. Trotzdem zeigt Moskau einigen Unwillen über die bombastischen Erklärungen Sadats anläßlich des Abzugs der Sowjetratgeber. Nassers Nachfolger hat weder große Erfolge in der Innen- noch in der Außenpolitik zu verzeichnen. Er wurde der Gefangene seiner eigenen Losungen. Er verspricht seinen Offizieren die Befreiung der von Israel besetzten Gebiete (weshalb denn auch die jungen Offiziere Taten sehen und nicht auf der Stelle stehen bleiben wollen). Sadat hat zwar eine Atempause erhalten. Doch was in einem Vierteil jähr geschehen soll, ist noch nicht sicher. Viele Israelis befürchten jetzt, daß Sadat seinen hitzköpfigen Offizieren freie Hand geben möchte, damit diese an irgendeinem Abschnitt der Suezfront einen Durchbruch versuchen.
So sitzt Sadat heute nicht fester im Sattel als noch vor einem halben Jahr. Im Gegenteil: seine Lage wird immer unhaltbarer.
Ein altes arabisches Sprichwort sagt: „Nicht der angerichtete Schaden, sondern die Tat ist wichtig.“ Fast möchte man glauben, daß Sadat dieses Sprichwort verwirklichen will.
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