Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Jetzt ist die WAZ aus dem Sack
„Wer in Österreich Privatfernsehen machen will, sollte sein Geld lieber verbrennen. Da hat er's wenigstens warm”, hat der RTL-plus-Chef und Österreicher Helmut Thoma vor zwei Jahren noch gemeint. Jetzt hat „Kro-ne”-Mann Hans Dichand zuerst einmal dem ORF und den Medienpolitikern eingeheizt. Der ORF soll zerschlagen werden und ein „Kronen”-TV auf Sendung gehen: „Ich will für Österreich so Fernsehen machen, wie wir mit der Krone eine österreichische Zeitung machen.” Schon „demnächst” werde er sich um eine Fernsehlizenz bewerben, will erreichen, „daß die Politiker endlich darüber reden müssen”.
Jetzt ist die WAZ aus dem Sack. Die Überraschung kann freilich nur gespielt sein. Denn genau von diesem „medialen Super-GAU” (Fritz Csoklich in der „Kleinen Zeitung”) war bereits vor fünf Jahren konkret die Rede, als es in Österreich zur Zusammenballung von wirtschaftlicher und publizistischer Macht mit einer weltweit einmaligen Auflagenkonzentration gekommen ist: zum „KroKuWAZ” (FURCHE 13/ 1988). Ein Medienkartell, dessen Interessen sich über Zeitungen und Magazine hinaus im elektronischen Medienbereich ergänzt haben und ergänzen: Dichand ist Österreichrepräsentant von RTL plus, an dem die deutschen WAZ-Männer mit zehn Prozent direkt beteiligt sind.
Was wurde 1988 nicht alles über kartellrechtliche Schranken geredet und geschrieben, um genau das zu unterbinden, was jetzt droht. Und rein gar nichts ist passiert. Niemand hatte den Mut, sich mit dem Medien-Moloch anzulegen. Und der ORF selbst versuchte es die längste Zeit - bis hin zur Auswahl der Teilnehmer(innen) für die TV-„Pressestunde” - mit einer Ap-peasementpolitik.
Es gibt gute und zahlreiche Gründe, mit dem ORF, mit seinen Programmen und mit seiner Selbstherrlichkeit unzufrieden zu sein. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk befindet sich - und das nicht nur in Österreich - in einer Krise, ist via Kabel und Satellit längst der Konkurrenz ausgesetzt. Aber er ist und bleibt durch seinen Programmauftrag unverzichtbar.
Eine andere Frage ist schon, ob das Monopol hält. Und da liegt der eigentliche Sprengsatz derzeit beim Europäischen Gerichtshof in Straßburg (FURCHE 50/1992). Vielleicht müssen dann Private zugelassen werden. Also grünes Licht für Dichands TV?
Nichts gegen Dichand, aber aus demokratiepolitischen Gründen alles dagegen, daß diese totale Verschränkung medialer Macht - von Print- und elektronischem Bereich - zustande kommt.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!