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Jetzt ist Moskau klar am Zug
„Heureka!” („Ich hab's!”) soll Archimedes in der Badewanne ausgerufen haben, als er das Gesetz des spezifischen Gewichts entdeckte. Am Eureka-College im US-Bundesstaat Illinois hat Präsident Reagan am 8. Mai seine weitreichenden Vorschläge für strategische Abrüstung vorgelegt: Grund zum Jubel wie vor 2200 Jahren?
Erfahrung mahnt zur Zurückhaltung. Außerdem verrät selbst die Berichterstattung seriöser Weltblätter, daß die neue US-Strategie noch nicht in allen Implikationen ausdeutbar ist.
Aber es ist endlich der große, deutliche Schritt in Richtung Gleichgewicht (in diesem Fall bei nuklearen Interkontinentalwaffen, denn Mittelstreckenraketen stehen hier nicht zur Debatte) auf sinkenden Rüstungsebenen.
Nach den Reagan-Vorschlägen soll in den nächsten zehn Jahren die Zahl der nuklearen Sprengköpfe auf beidseitig 5000, die der strategischen Langstreckenbomber auf 400 gesenkt werden. Derzeit verfügen die USA über 9480, die UdSSR über 8040 Nuklearsprengköpfe.
SALT II, das vom US-Senat nie ratifizierte, aber von beiden Supermächten eingehaltene Abkommen, begrenzt mit je 2250 nur die Zahl der Trägersysteme (Interkontinentalraketen, schwere Bomber, U-Boot-Atomraketen und Lüft-Boden-Atomraketen), ohne die'Sprengkopf zahl pro Rakete zu regeln. Die neuen Vorschläge sind zweckmäßiger und präziser.
Ursprünglich sollten auch Zerstörungskraft und Treffsicherheit als Kriterien in das Abbauprogramm übernommen werden: theoretisch sinnvoll, praktisch kaum lösbar.
Die „Falken” im US-Verteidigungsministerium wollten die nukleare Zerstörungskraft zum Hauptkriterium machen, weil hier das Verhältnis zwischen UdSSR und USA 7868:3505 Megatonnen steht. Das wäre für Moskau unzumutbar gewesen, und daß Außenminister Haig und Generalstabschef Jones sich gegen Verteidigungsminister Weinberger durchsetzten, signalisiert Kompromißbereitschaft auch beim Präsidenten.
Natürlich: Der hat es jetzt mit der Friedensbewegung auch in den USA, der politischen Bedrohung des Bonner NATO-Gipfels am 9. Juni, dem Antrag auf Einfrieren der Nuklear-Arsenale Und Finanzierungshürden für die neue Superlandrakete „MX” zu tun.
Sei's drum: Der US-Vorschlag ist phantasievoll, kühn und weiterreichend als das erste SALT-2-Programm der Regierung Carter von 1977. Dazu sagte Moskau ebenso nein wie 1979 zu Vorschlägen über ein Einfrieren der Nuklearwaffen und einen Gewaltverzichtsvertrag für Europa, die Carter in Wien Breschnew vorgelegt hatte.
Die Friedensbewegung soll jetzt sehr hellhörig sein, wie Moskau diesmal reagiert.
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