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Digital In Arbeit

JOBSUCHE WIRD ZUM HÜRDENLAUF

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Erstmals seit zwei Jahren gibt es erfreuliche Nachrichten vom niederösterreichischen Arbeitsmarkt: 14.000 weniger Jobsuchende im Februar als noch im Jänner dieses Jahres. Um knapp drei Prozent weniger Arbeitslose als im Vergleichsmonat des Vorjahres, davon mehr als 18 Prozent weniger Ausländer.

Doch Grund zum Jubeln gibt es nicht, wenn man sich ansieht, wie die Zahlen zustande kamen.

Niederösterieich beherbergte 40 Prozent aller Asylwerber, die auch in den Arbeitslosenzahlen „untergebracht" wurden - bis man im Vorjahr beschloß, die Statistik zu „bereinigen". Die Februarzahl, so die Auskunft des Landesarbeitsamtes, ist eine Folge dieser Bereinigung.

Einen weiteren Grund für die Abnahme der Arbeitslosen sehen die Arbeitsämter darin, daß keine neuen Ausländer-Beschäftigungsbewilligungen erteilt wurden.

„Administrative Schikanen", nennen das viele Arbeitgeber, die seit Öffnung der Grenzen von Arbeitskräften aus den östlichen Reformlän-dem umworben werden. Die dringende Frage nach einer passenden Arbeit könnte zwar in vielen Fällen mit, Ja" beantwortet werden, doch dazu muß die Beschäftigungsbewilligung vom Bezirks Arbeitsamt vorliegen. Und hier beginnen die Schwierigkeiten.

Österreicher haben Vorrang bei der Jobsuche. Nur wenn sich nach wiederholten Vermittlungsversuchen kein Inländer für die Arbeit findet, könnte die Arbeitsbewilligung erteilt werden; vorausgesetzt, es gibt noch genug Spielraum im Rahmen der „Landes-höchstzahl". Die Landeshöchstzahl wird jährlich für jedes Bundesland festgelegt und die Summe darf zehn Prozent aller in Österreich Erwerbstätigen nicht übersteigen. Die Anstellung einer ausländischen Arbeitskraft, jedoch ohne Bewilligung, kann teuer werden, denn kontrolliert wird in Niederösterreich konsequent.

Werner Lamm von der Handelskammer Niederösterreich, Bezirk Hollabrunn, bringt die Sache auf den Punkt. „Vor der Grenzöffnung gab es für uns keine Probleme, obwohl immer Ausländer beschäftigt wurden, denn für einige Branchen ist es schwer, inländische Arbeitskräfte zu finden", so Lamm, „aber mit der Öffnung der Grenzen kam eine Lawine von Arbeitswilligen, die Geld verdienen wollten. Unsere Betriebe, immer auf der Suche nach geeigneten Leuten, konnten nun aus dem vollen schöpfen." Allerdings nicht lange.

Viele Unternehmer reagieren mit Unverständnis auf die neuen gesetzlichen Beschränkungen. Wie sollte auch ein Gastgewerbe-Saisonbetrieb dafür Verständnis haben, wenn das im April eingereichte Ansuchen um Beschäftigung einer ausländischen Kraft, Anfang November-also am Ende der Saison - bewilligt wurde?

Schwer zu verstehen ist auch der ablehnende Bescheid für einen lebensmittelverarbeitenden Betrieb im Bezirk Hollabrunn. Zur Entlastung der krebskranken Mutter und der hochschwangeren Schwiegertochter wurde eine Arbeitskraft gesucht. Es meldete sich zwar eine inländische Kraft, die war allerdings nicht bereit, auch Samstag und Sonntag zu arbeiten. Die Beschäftigungsbewilligung für eine Ausländerin wurde jedoch mit der Begründung „es gehe dem Betrieb nur um eine billigere ausländische Arbeitskraft" abgelehnt.

Gegen Administration und Beschränkungen bei der Beschäftigung von Ausländern protestierte auch die niederösterreichische Landwirtschaft. Mit Erfolg.

Den Vertretern der Bauernschaft gelang es, ein Sonderkontingent von 4.000 Beschäftigungsbewilligungen über die Landeshöchstzahl hinaus zu erreichen. Auf das Vermittlungsverfahren, der Versuch inländische Arbeitskräfte „an den Arbeitgeber zu bringen", wird dabei verzichtet. Eine große Erleichterung, denn gerade durch das Bemühen der Arbeitsämter, Inländer zu vermitteln, kamen die oft beklagten Verzögerungen zustande. Wirtschaft und Landwirtschaft sind dagegen gleichermaßen betroffen von der ab 1. April in Kraft tretenden „Meldeverpflichtung innerhalb von 24 Stunden". Diese, unter Umständen unrealistische, Vorschrift bei der Anmeldung ausländischer Arbeitskräfte - zum Beispiel Erntezeit, die auf ein verlängertes Wochenende und freie Samstage und Sonntage der Ämter keine Rücksicht nehmen kann - wird jedoch entschärft. Im Zweifelsfalle entscheidet das Datum des Poststempels.

Kritik wird laut, da wie dort. Aber wie könnte man es besser machen?

Werner Lamm von der Handelskammer wünscht sich eine vernünftige Regelung, die den Bedürfnissen der Wirtschaft angepaßt werden sollte. Von Seiten der Gewerkschaft dazu: „Die Wünsche der Wirtschaft gehen ins Unermeßliche." Ein Teufelskreis.

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