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Joseph II. und das Gesundheitswesen

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Durch Reformen im Gesundheitswesen, aus denen auch der Bau des Allgemeinen Krankenhauses resultierte, schuf Joseph II. die Basis zur Krankenversicherung. Die Austria-Versicherungen, als traditioneller Kranken versicherer Österreichs, gedenken in diesen Tagen des großen Reformators.

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Durch Reformen im Gesundheitswesen, aus denen auch der Bau des Allgemeinen Krankenhauses resultierte, schuf Joseph II. die Basis zur Krankenversicherung. Die Austria-Versicherungen, als traditioneller Kranken versicherer Österreichs, gedenken in diesen Tagen des großen Reformators.

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Am 17. September 1765 wurde Joseph II. Mitregent Maria Theresias, wie es vor ihm Franz Stephan seit 1740 gewesen war. Zum Unterschied von seinem eher passiven Vater legte Joseph bei der Regentschaft einen aggressiven Stil an den Tag.

Schon während seiner ersten Reisen zeigte sich sein besonderes Interesse für Wohlfahrtseinrichtungen. Beeinflußt von den Staatstheorien des „Aufgeklärten Absolutismus” betrachtete sich Joseph II. in seiner Funktion als römischer Kaiser nicht mehr als Stellvertreter Gottes - einem Heiligen oder Herren gleich -, sondern als erster Diener seines Volkes, als Mensch unter Menschen. Die Aufhebung der Leibeigenschaft, das Toleranzpatent gegenüber Andersgläubigen und eine Reihe sozialer Maßnahmen sind Resultate dieser Auffassung.

Im Bereich der neugegründeten Manufakturen und Fabriken wurde das Problem der Industriearbeiter, die nach Aufhebung der Leibeigenschaft in großen Mengen aus ländlichen Gebieten herbeiströmten, bedrohlich.

Versorgung bei Krankheit, Invalidität und im Alter boten nämlich nur die Zünfte und Bruderschaften der Handwerke. In diesen Institutionen war der Versicherungsgedanke stark entwickelt. Aber weder Andersgläubige noch als fremd empfundene Menschen konnten Eingang in die exklusiven Einrichtungen finden.

Aus Angst vor Überbesetzung mit Meistern, was eine Verringerung der Einnahmen des einzelnen bedeutet hätte, verhinderten die Zünfte auch weitere Zuströme an Handwerkern. Konkurrenzverbot und Heiratsverbot für Gesellen sind nur einige jener Maßnahmen, die den Ideen Joseph II. keineswegs entsprachen.

Bei der rapid steigenden Zahl von Arbeitern, die in den Wechselfällen des Lebens weder sich selbst noch ihre Familien ernähren konnten, mußte sich eine derartige Entwicklung auf die Dauer auf den gesamten Staat negativ auswirken.

Arme, Kranke und durch Alter arbeitsunfähig gewordene Menschen lagen dicht zusammengepfercht in Siechhäusern und wurden als lästige Parasiten der Gesellschaft empfunden und auch so behandelt. Eigene Spitäler besaßen zum Teil die Zünfte und Bruderschaften.

Joseph II. löste im Verlauf seiner Gesetzgebung die Bruderschaften auf, vereinigte sie zu einer allgemeinen „Bruderschaft der Nächstenliebe” und zog ihr Vermögen ein. Dieses sollte zur staatlichen Organisation der Armen- und Krankenpflege verwendet werden. Der sonst so sparsame Herrscher wandte für Spitäler, Waisen- und Findelhäuser, aber auch für Irrenhäuser und andere soziale Einrichtungen große Geldbeträge auf.

Um Spitäler und andere dem Volkswohl dienende Unterkünfte zu bekommen, wurden bestehende Gebäude adaptiert, anderseits aber auch neue errichtet. Im Jahre 1783 erfolgte der Bau des Allgemeinen Krankenhauses, das am 16. August 1784 eröffnet wurde. Kaiser Joseph zog nun Grenzen zwischen Kranken und Armen.

Die Kranken und Pflegebedürftigen konzentrierte er im Allgemeinen Krankenhaus. In das frei gewordene St. Marxer Spital kamen die Insassen des Siechenhauses und in das einstige Spanische Spital die Waisen. Die Invaliden ließ er im neuen Invalidenhaus auf der Landstraße unterbringen und die Findelkinder auf dem Strudelhof. Der neu gebaute Narrenturm erhielt von den Wienern den Namen „Kaiser Josephs Gugelhupf”. Um die Ausbildung von Ärzten für das Allgemeine Krankenhaus voranzutreiben, wurde das Josephinum errichtet. Es bestand aber auch ein großer Bedarf an Militärärzten. Diese wurden vor allem zu Spezialisten auf dem Gebiet der Chirurgie ausgebildet.

Während Maria Theresia (in ihrer vierzigjährigen Regierungszeit) für ihre keineswegs geringe Anzahl von Verordnungen und Gesetzen mit acht Bänden auskam, benötigte Joseph II. (zwischen 1781 und 1790) deren achtzehn. Die Maßnahmen zum Wohl der Untertanen kamen auch im privaten Bereich zum Ausdruck und erregten vielfach den Spott der Zeitgenossen. Hierher gehören etwa Gebote zu der damals oft vernachläßigten Hygiene, Vorschriften gegen das Miedertragen der Mädchen und äußerst radikale Einsparungen bei Begräbnissen, die zum Ärger des Kaisers nicht angenommen wurden.

Die vielen Verordnungen bedingten eine Belastung der Beamten, so daß eine Hauptsorge des Kaisers das Funktionieren der so vermehrten Verwaltungstätigkeit wurde. Dafür erhielten alle Beamten schon 1781 ein „Pensionsnormale”, das auch die staatliche Versorgung der Witwen und Waisen sicherte. Diese waren früher allein von der Gnade des Monarchen abhängig gewesen. Ähnlich war es beim Militär, das durch Joseph gut organisiert wurde. Die dadurch erreichte soziale Besserstellung war für die damalige Zeit so fortschrittlich, daß die davon Betroffenen zu treuen Dienern des Staates wurden. Beamtentum und Armee trugen wesentlich dazu bei, den Zusammenhalt der Monarchie bis zum 1. Weltkrieg zu garantieren.

Dr. Wolfgang Rohrbach Austria-Versicherungen

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