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Journalisten in die Schulen: Medien als Unterrichtsthema
Seit dem vergangenen Jahr, als die Aktion „1000 Jahre Österreich“ an den österreichischen Schulen groß einschlug (die FURCHE berichtete ausführlich darüber), scheint das Unterrichtsministerium den richtigen Weg gefunden zu haben, den Nationalfeiertag für bildungspolitische Maßnahmen auszunützen. Sie sollen mehr Interesse bei Schülern, Eltern und Lehrer finden als die früheren Schulfeiern mit historisch-patriotischem Gepräge.
Die einleuchtende Wichtigkeit des Themas der heurigen Aktion hebt ein Absatz im Erlaß des Unterrichtsministers Dr. Fred Sinowatz besonders hervor:
Das Thema „Massenmedien und politische Bildung“ berührt einen zentralen Bereich der modernen Demokratie: Den umfassenden Zugang zu Informationen über den politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich. Dieser freie Zugang ist heute in den westlichen Demokratien weithin selbstverständlich geworden. Hand in Hand mit der Entwicklung der modernen Medien geht aber auch, daß Politik heute überwiegend über Sekundärbereiche erlebt und beurteilt wird und daß die Massenmedien für weite Kreise die einzige und wichtigste Grundlage für eine eigene Meinungsbildung zu gesellschaftlichen Fragen bieten.
Der Erlaß gibt erfreulicherweise wie im Vorjahr keine verbindlichen Richtlinien, sondern nur Anregungen, die von den Lehrern an den rund 7000 aufgerufenen österreichischen Schulen nach eigenem Belieben - natürlich im Einvernehmen mit Eltern und Schülern, vor allem dort, wo Schulgemein schaftsausschüsse existieren -, in die Praxis umgesetzt werden können.
Dr. Kurt Scholz von der Abteilung Politische Bildung des Unterrichtsministeriums denkt vor allem daran, „daß die Schüler Klassenzeitungen anfertigen, Zeitungsmeldungen zu bestimmten Themen sammeln und vergleichen und auch selbständig Kontakt mit Nachrichtenagenturen, Herausgebern und Journalisten aufnehmen.“ Diesbezügliche Arbeitsvorschläge für die erste bis achte Schulstufe (die Aktion soll sich auf die zweite bis zwölfte Schulstufe erstrek- ken) enthält ein dem Erlaß beigelegtes, im Verlag für Geschichte und Politik erschienenes Heft „Tageszeitung und Politische Bildung“ von Hertha Hei- dinger, Professorin an der Pädagogischen Akademie der Diözese Graz- Seckau.
Ein Abgleiten in ein parteipolitisches Fahrwasser sollte bei verant-
wortungsbewußter Durchführung der Aktion durch die wieder einmal mit viel Mehrarbeit belasteten Lehrer nicht zu befürchten sein. Im Gegenteil: Gerade solche Maßnahmen der Bildungspolitik können die Kritikfähigkeit der Schüler sehr fordern und die Möglichkeiten, sie zu manipulieren, stark vermindern.
Der Erlaß regt an, die in den Wochen vor dem Nationalfeiertag geleistete Unterrichtsarbeit in eine große, möglichst öffentlich zugängliche Abschlußveranstaltung münden zu lassen. Das kann etwa eine Exkursion, eine Podiumsdiskussion, die Einladung von Redakteuren, Journalisten und Politikern sowie das Ausstellen von Arbeitsergebnissen sein. Zweifellos können Schüler einiges dabei lernen, wenn Journalisten in der Schule aus der Schule plaudern.
Wie im vergangenen Jahr wird es für die interessantesten Projekte, die dem Unterrichtsministerium auf einem Erhebungsblatt mitgeteilt werden, schöne Preise geben. Hauptpreis sind für vier Schulen je fünf Flüge nach London mit einwöchigem Aufenthalt unter Betreuung des dortigen österreichischen Kulturinstitutes. Dabei ist auch ein Besuch der Fleet Street, des Herzens des britischen Pressewesens, geplant
Im eigenen Interesse beteiligt sich auch der Verband der Zeitungsherausgeber und Zeitungsverleger an dem Unternehmen. Das kommt in der Stiftung zahlreicher Preise, aber auch in einem Rundschreiben an alle Schulen zum Ausdruck. Darin werden Kontaktadressen angeführt, mit denen sich die Schulen für etwaige Exkursionen, Diskussionen oder andere Begegnungen mit Presseleuten in Verbindung setzen können. Selbstverständlich hat sich auch die FURCHE im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu Kontakten mit Schulen gerne bereit erklärt.
Während nun die Aktion „Massenmedien und Politische Bildung“ an Österreichs Bildungsstätten anläuft und mit Spannung Berichte über die einzelnen Projekte erwartet werden, plant D r. Scholz - zumindest in groben Zügen - bereits die Themen der nächsten Jahre. 1978 soll es um Histrori- sches gehen - 60 Jahre Republik Österreich, 40 Jahre Anschluß an Deutschland 1979 um das behinderte Kind.
Wie heißt es doch im heurigen Erlaß zum Nationalfeiertag:
Gedenktage und Feiern sind nicht nur der Vergangenheit verpflichtet, sie sollen auch einen Bezug zur Zukunft haben. Die österreichische Schule wird die sicherlich nicht leichte Aufgabe, die ihr die Gesellschaft zuschreibt, dann erfüllen, wenn sie in einer lebensnahen Weise die Hauptprobleme der Gegenwart bewältigt. Zu diesen Hauptaufgaben gehört es zweifellos, im Rahmen einer verantwortungsbewußt konzipierten politischen Bildung einen Beitrag zur Erziehung einer aufgeschlossenen, mündigen und urteilsfähigen Jugend zu leisten.
Diesen Worten ist nichts mehr hinzuzufügen außer ihrer Umsetzung in die Tat. Der Startschuß ist gefallen.
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