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Jury für den Weltfrieden

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ZUR DISKUSSION

Eine zentrale UN-Weltregierung hat bisher nicht funktioniert. Was denn könnte geschehen? Neue Ideen werden in dem Buch „Die Welt im Konflikt” (01-zog, 1982) formuliert.

Sämtliche Institutionen für kollektive Sicherheit, von den großen Allianzen bis zu den Vereinten Nationen, erfüllen ihre Funktionen als Schutzmächte kleinerer Staaten nur selten oder gar nicht.

Insbesondere die Vereinten Nationen sind so konstruiert, daß jeder Konflikt, der die Supermächte direkt berührt, für sie unlösbar ist. Daher wären neue Wege zur

Bekämpfung subversiver militanter Akte und offener Busch-Kriege unerläßlich.

Ein Vergleich des koreanischen mit dem Vietnam-Konflikt zeigt, daß öffentliche Unterstützung jeder anti-subversiven-Aktion — oder richtiger, jeder Unterstützung kleiner Staaten, die unter militantem Druck stehen — wesentlich leichter erreichbar ist, wenn eine internationale Jury dafür stimmt.

In den fünfziger Jahren hatten die Vereinten Nationen für eine solche Haltung gestimmt und den Gegenangriff in Korea gegen die Aggression aus dem Norden empfohlen; doch aus historischen und praktischen Gründen blieb dies eine einmalige, nicht wiederholbare Aktion.

Es müßte daher eine neue, kompetente und anerkannte Jury geschaffen werden, die, gestützt auf die Ermittlungen eines erfahrenen, kleinen internationalen Stabes, derartige Beurteilungen im Namen aller beteiligten Staaten treffen kann.

Da die Regierungen meist schüchterner sind als ihre öffentliche Meinung und zudem immer mit ihren demokratischen Alltagssorgen beladen, sollten die demokratischen Parteien als die tragenden staatlichen Kräfte eine internationale Körperschaft bilden, wie dies die gemäßigten Sozialisten schon seit langem mit wechselndem Erfolg getan haben.

Ein solcher internationaler Sicherheitsrat aller antimilitanten demokratischen Parteien könnte sodann die internationale Situation beobachten und sein Urteil bezüglich militanter Aktionen abgeben und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen der nichtmilitanten Welt empfehlen.

Ein solcher Spruch wäre dann die Basis für die Handlungen nationaler Staaten, wobei Länder von geringem militärischen oder wirtschaftlichen Gewicht ihren Beitrag im Rahmen eines internationalen Freiheitskorps durch die Entsendung von Freiwilligen leisten könnten.

Ein derartiger freiwilliger Beitrag würde es vielen Ländern gestatten, die von ihnen angestrebte Politik der Detente weiter zu verfolgen, so wie dies ja auch die Oststaaten tun, ohne dadurch ihre Aufgabe, kleinere, unabhängige Nationen zu verteidigen, unerfüllbar zu machen.

Diese neue internationale Jury, wie wir sie oben genannt haben, könnte auch die Kodifizierung aller Aspekte übernehmen, die sich aus der Doppelgesichtigkeit des Staats- und Parteimechanismus überall dort ergeben, wo die Parteien monopolitischen Charakter haben und nach der exklusiven Macht einer Clique, einer Klasse oder einer gegebenen Nomenklatura streben.

Die Schaffung von Satelliten durch Gewalt ist ein neues Phänomen des 20. Jahrhunderts und ist bisher weder von internationalen Gesetzen noch auch von den Vorschriften normalen Benehmens erfaßt worden.

Ein ganz besonderes Problem wird sich ergeben (oder ist bereits gegeben) durch die Koexistenz oder richtiger: das Zusammenwirken von rein demokratischen und autoritären Regierungen a-militanten Charakters. Eine Nation kann als a-militant bezeichnet werden, wenn sie nicht versucht, ihre Macht oder ihre Staatsphilosophie schwächeren Nachbarn aufzuzwingen.

Die gefährliche Welt unserer Tage kann nicht ohne die tatkräftige Mitarbeit der beiden großen Bürgergruppen bewältigt werden - den mehr liberal-gesinnten und den mehr konservativen oder, in Europa, den gemäßigten Sozialisten und den Liberal-Konservativen.

Dabei fällt den Gewerkschaften eine besondere Rolle zu, da gegen ihren eventuellen eingefleischten Widerstand keine Verteidigung möglich wäre. Ebenso unmöglich ist es, die unabhängige a-militan-te Welt allein mit puristischen Demokraten zu verteidigen. Schon ist die Gefahrenmarke überschritten, die solche aufgesplitterten Versuche gerade noch gestattete.

Der Verfasser, Jahrgang 1909, war in jungen Jahren „Roter Falke”, wechselte 1934 ins christlichsoziale Lager über, war in der Nf'.-Zeit Widerstandskämpfer in Tirol, dann bis 1953 Außenminister, später Botschafter in den USA, Spanien, der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz, dazwischen Staatssekretär im Kabinett Klaus.

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