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Kabel-TV und autonomes ORF-Landesstudio?

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In Österreichs Bundesländern sprießen seit einiger Zeit Kabel-TV- Gesellschaften aus dem Erdboden, deren aufregende Aktivitäten sich zumeist auf die Abfassung eines Gesellschaftsvertrages beschränkt haben. Einzig in der Steiermark, deren Landeshauptmann Friedrich Niederl seit je gegen die Aushöhlung des föderalistischen Prinzips durch die Regierung auf die politischen Barrikaden zu steigen bereit ist, will man nun einen Schritt weitergehen: Da sich beim ORF in nächster Zeit punkto Regionalisierung kaum etwas rühren wird und da im Falle, daß sich doch etwas rührt, dank Heinrich Keller diese Regionalisierung ziemlich rot eingefärbt sein könnte, wird die vor ihrer konstituierenden Versammlung stehende steirische Kabel-TV-Gesellschaft möglicherweise sehr bald um eine Betriebskonzession ansuchen.

70 Prozent für Regionalfernsehen

Die Vorarbeiten für diese steirische Initiative reichen bereits einige Jahre zurück. Schon 1974 hat eine Untersuchung des Institutes für Marktforschung und Demoskopie ergeben, daß über 70 Prozent der Steirer ein Regionalprogramm im Fernsehen wünschen. Darauf wurde eine Studiengruppe zur Prüfung der Möglichkeiten des Kabelfemsehens gegründet, der Vertreter aller drei Landtagsparteien sowie der Tageszeitungen „Kleine Zeitung“, „Tagespost“ und „Neue Zeit“ (nicht aber „Steirische Kronen-Zeitung“) angehören.

Die juridische Seite dieser steiri schen Initiative ist noch nicht ganz geklärt. In den einschlägigen Rundfunkgesetzen fehlt nämlich jeder Hinweis auf mögliche Kabelgesellschaften, subsidiär könnte aber das recht allgemein gehaltene Femmeldegesetz zur Anwendung kommen, was aber von manchen Juristen bezweifelt wird.

Vorstellbar wäre, daß die steirische Kabel-TV-Gesellschaft im Endausbau bis zu zwölf Kanäle zur Verfügung stellt: In diese Kanäle könnten die österreichischen, deutschen und jugoslawischen Programme eingespeist werden. Daneben blieben Kanäle für ein selbstproduziertes Landesprogramm, vielleicht auch für kulturpolitische oder für den Ballungsraum Graz bestimmte Sendungen frei. Denkbar und vor allem technisch durchführbar wäre es auch, einen weiteren Kanal als „offenen Kanal“ sozusagen am freien Markt irgendwelchen Interessenten anzubieten.

Via Kabelfemsehen könnten für die Steirer auch die durch die geographische Randlage bedingten Nachteile ausgeglichen werden. In den an die BRD grenzenden Bundesländern können nämlich die deutschen TV- Programme ohne größere Schwierigkeiten großteils empfangen werden. In den meisten Ländern Europas gehört das Kabel-TV schon fast zum Medi- en-Alltag.

Beim steirischen TV-Vorstoß gehe es um einen bewußten Gegensatz zu den „machtpolitischen Zugriffen“ der Sozialisten auf den ORF, versichert der Pressesprecher der weißgrünen Volkspartei, Herwig Hösele: „Die Unabhängigkeit soll sich auch aus der

Zusammensetzung der Gesellschaft ergeben, neben den bisher beteiligten Parteien und Zeitungen können ihr auch private Gruppen angehören. Etwa Banken.“ Durch die Heranziehung privater Initiative könnte eine tarifmäßige oder steuerliche Belastung der steirischen Bevölkerung vermieden werden.

Kabel-Anschluß ab 1500 Schilling

Während ORF-Kuratoriumsmit- glied der ÖVP-Landtagsmandatar Bernd Schilcher dem Landtag einen Antrag vorgelegt hat, wonach die Landesregierung alle rechtlichen, finanziellen und technischen Voraussetzungen für ein steirisches Regional- und Lokalfemsehen untersuchen soll, werden bereits Kostenüberlegungen hinsichtlich eines eigenen Studios und eigener Sendeanlagen angestellt: Ein Studio für rund fünf Millionen Schilling wäre angeblich in der Lage, einwandfreie Programme für ein Lan- des-Kabelnetz herzustellen und auszusenden. Die Anschlußkosten werden mit 1500 Schilling (in Graz) bis

10.0 Schilling (in dünn besiedelten Gebieten) angegeben.

Darüber hinaus kursieren aber in der Steiermark zur Zeit auch Gerüchte und Spekualtionen, wie man das steirische Landesstudio des ORF dem roten Einflußbereich der Wiener Zentralstellen entziehen könnte. Ein einigermaßen autonomes Landesstudio würde den Kabel-TV-Plänen durchaus entgegenkommen.

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