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Kärnten zeigt's dem Burgenland

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Die Entschlossenheit und Zügigkeit, mit der Kärnten in kurzer Zeit die von Jörg Haider ausgelöste Krise bewältigt hat, ist imponierend. Christof Zematto übernimmt mit seiner Wahl zum Landeshauptmann auch die Verantwortung, daß sich der demokratische Konsens dieser Tage auch ohne Koalitionsabkommen im politischen Alltag fortsetzt.

Der grauen Theorie unserer Verfassungen - die Trennung von Exekutive und Legislative, die Möglichkeit, ja sogar der Zwang, sich im parlamentarischen Wechselspiel der Kräfte Mehrheiten für politische Vorstellungen suchen zu müssen - wird plötzlich Leben eingehaucht. Und das kann der Weiterentwicklung des parlamentarischen Systems nur nützen.

„In der Demokratie hat der einzelne keine wirkliche Macht. Jeder muß den anderen anhören, auf ihn eingehen, Kompromisse schließen" (Shirley Williams). Was in Kärnten gelungen ist, kann man dem Burgenland nur wünschen.

Natürlich geben die Landesverfassungen Rahmenbedingungen - etwa das Vorschlagsrecht für den Landeshauptmann, Stellvertreter und Landesregierungsmitglieder - vor, die verhindern sollen, daß bei der Regierungszusammensetzung im Regelfall Asymmetrien entstehen.

Daß also der Kärntner FPÖ ein Landeshauptmann-Stellvertreter zusteht, ist keine Frage. Daß just Jörg Haider jetzt in diese Position einrückt, steht auf einem anderen Blatt - und ebenso dafür, daß es der FPÖ-Chef auch billiger gibt. Höhnisch hat er dieses Amt als ihm zu minder noch vor zwei Jahren zurückgewiesen: „Ich will kein zweiter Scheucher werden." Jetzt hat ihn seine Partei dazu gemacht.

Natürlich hätte es gute Gründe gegeben, ihm durch einen weiteren Mißtrauensantrag erneut das Vertrauen zu entziehen. Natürlich haben auch die burgenländischen Fraktionsführer gute Gründe, sich gegenseitig auszugrenzen.

Damit wird - man kann selbstverständlich darüber streiten, ob das gut oder schlecht ist - ein ungeschriebenes Gesetz gebrochen, auf dem die Zusammenarbeit der politischen Kräfte über viele Jahre aufgebaut hat: Keine Partei schreibt der anderen vor, wen sie für eine politische Funktion nominiert. Jetzt wird das Gegenteil praktiziert.

In Ausnahmefällen - und als Landeshauptmann war Jörg Haider nach seiner Entgleisung untragbar - ist ein entschiedenes Nein zur Person aus demokratiehygienischen Gründen sogar geboten. Aber wirklich nur dann.

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