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Kärntner Arbeitsmarkt: Mehr Mobilität gefragt

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Die jüngste Blockade der Transporteure in Thörl-Maglern hat es neuerlich deutlich gemacht: Kärnten ist von Wien so weit weg, daß selbst eine SPÖ-Regierung auf die in Kärnten dominierenden Genossen nicht ungern vergißt. Sogar im Kärntner SPÖ-Organ hieß es zum Grenzkpn-flikt: „Aber nicht nur Rom war weit weg ... auch für Wien schien sich dieser permanent schwelende ... Konflikt irgendwo im finsteren Süden abzuspielen ...“

Tatsache ist, daß sich Österreichs südlichstes Bundesland auch unter einer sozialistischen Bundesregierung nicht aus seiner wirtschaftlichen Randlage befreien konnte. Vielleicht mag ein Hauptargument der geringen

wirtschaftlichen Potenz Kärntens darin hegen, daß sich seit Jahrzehnten ÖVP und FPÖ mit den Sozialisten arrangieren müssen, ohne dabei entsprechendes Kapital herausschlagen zu können.

So stützt sich denn Kärntens Wirtschaft auf ein paar gestandene Großbetriebe, vornehmlich aber auf das Klein-und Mittelgewerbe. Großbaustellen wie die Tauernautobahn und das Malta-Kraftwerk bieten wohl temporär Arbeitsplätze, doch stehen die Politiker bei Fertigstellung dieser Projekte jedesmal vor neuen Problemen.

Der Kärntner Arbeitsmarkt insgesamt sieht für die nächsten Jahre nicht allzu rosig aus. Die Betriebsneugründungen halten nämlich kaum Schritt mit den Betriebsauflösungen. Zum Beispiel steht derzeit noch nicht einmal fest, was mit den Hüttenberger Knappen geschehen soll, die wegen der „Schlagwetter“ in der Verstaatlichten bald zum letzten Mal in die Grube fahren werden. Sollte es nicht gelingen, in den abgelegenen Raum des Görtschitztales eine Fertigungsindustrie zu bringen, steht eine Abwanderung größeren Ausmaßes aus diesem Tal bevor.

Sukzessive Entlassungen gibt es auch in der Leder- und Getränkeindustrie, was insbesondere der Unterkärntner Raum, ohnehin nicht unbedingt mit sicheren Arbeitsplätzen gesegnet, zu spüren bekommt. Dennoch zeigt sich in diesem Bereich die positive Wirkung der vor Jahren mit Hilfe der Arbeitsmarktförderung, des Wirt-schaftsförderungsinstitutes und der Landwirtschaftskammer (für Nebenerwerbslandwirte) angelaufenen Umschulungsaktion.

Nicht immer sind die Betriebsniederlassungen aus dem Ausland ein Segen gewesen. Die Zahl jener Spekulanten, die in Kärnten die kostenlose Grundinanspruchnahme und die billigen Arbeitskräfte nützen konnten,

nach dem „großen Gewinn“ sich aber wieder ins Ausland verdrückt haben, ist gar nicht gering. Nun ist man vorsichtiger geworden.

Bleibt als sicherster Arbeitgeber immer noch der Fremdenverkehr. Zwar zählte man heuer im April noch rund 2770 Arbeitslose, doch entspricht diese Zahl dem „zeitlichen Umstand“, daß die Sommersaison noch nicht begonnen, die Wintersaison aber schon beendet war. Ein erhebliches Plus an Arbeitslosen gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres weist die Bauwirtschaft mit 1165 (plus 361) auf. In der Land- und Forstwirtschaft sind noch 782, in den verschiedenen Metallberufen 761 Personen ohne Arbeit. Insgesamt waren im April 9864 Personen arbeitslos, das sind um 1789 mehr als im April 1977.

Sorgen bereiten den für den Arbeitsmarkt Verantwortlichen die Absolventen der höheren berufsbildenden Schulen - und das ist bezeichnend für die wirtschaftliche Strukturschwäche Kärntens: Kaum ein Absolvent kann mit einer seiner „Ausbildung entsprechenden“ Stellung rechnen, es sei denn, er sucht sich in einem anderen Bundesland (Tirol, Vorarlberg, Wien) eine Stellung. Dieser bundesweite Ausgleich wird aber von den jungen Kärntnern nur ungern angenommen, ein Beweis für die auffallend geringe Mobilität der Jugend.

Die Arbeitsmarktverwaltung versucht, eine Abwanderung mit dem Hinweis schmackhaft zu machen, daß bei einer Rückkehr die erworbene Praxis hilfreich bei einer Anstellung sein könnte. Sie läßt sich diese Politik auch manches kosten: Für die Förderung beruflicher Mobilität wurden letztes Jahr 52 Millionen, für die geographische Mobilität zwei Millionen Schilling ausgegeben. Der letztere Betrag soll nun um ein Vielfaches angehoben werden.

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