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Kaiserurlaub

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Raus aus dem Haus, ohne Aufwarmen auf die Piste, Drängein, Stoßen, stundenlanges Warten, rasantes Abfahren - manche nennen es Erholung. Was wunder, wenn die Mediziner Alarm schlagen und auf den gesundheitsschädlichen Streß hinweisen, der durch solche Winterurlaube auftritt

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Raus aus dem Haus, ohne Aufwarmen auf die Piste, Drängein, Stoßen, stundenlanges Warten, rasantes Abfahren - manche nennen es Erholung. Was wunder, wenn die Mediziner Alarm schlagen und auf den gesundheitsschädlichen Streß hinweisen, der durch solche Winterurlaube auftritt

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Doch es bedarf auch der Mithilfe der Wintersportorte, nicht nur des Appells an den Urlauber, um die Freizeit zu dem werden zu lassen, was sie auch sein sollte: eine richtige Erholung, um das Kräftereservoir aufzu-tanlen, mit dem man den täglichen Alltagsstreß bewältigen kann.

Der Tiroler Wintersportort Kühtai hat dies erkannt und propagiert für den Winter 1981/82 ein Antistreß-Ski-programm. Dabei ist dieses eigentlich nur eine Ausnutzung der vorhandenen Gegebenheiten. Die Abfahrten sind leicht, höchstens mittel, und für Raser sowieso nicht geeignet. Aber auf diese verzichtet man gerne. Die acht Lifte Kühtals t>ewältigen in einer Stunde 6000 Personen, was eine Überkapazität bei einer Anzahl von 1000 Gästebetten bedeutet. Dadurch ergeben sich Wartezeiten an den Liften von höchstens 10 Minuten, wobei der Skischuldirektor des Ortes betont, daß dies eine Maximalzeit sei.

Gegen den Streß wirken sollen auch längere Frühstückszelten in den Hotels. Eine lohnenswerte Sache. Manch Urlauber knirschte schon vor Zorn mit den Zähnen, wenn es am Abend einmal länger wurde, aber er sich strikt an die vorgegebene Frühstückszeit halten mußte.

Auch die normalen Essenszeiten wurden verlängert. So unter dem Motto: Nur nicht hetzen. Denn der Gast soll sein Urlaubsgefühl voll auskosten. Überhaupt bietet sich der Ort als Gesamtes zur Erholung an. Auf 2000 Meter Höhe gelegen, ist Kühtai einer der höchstgelegenen Urlaubsorte Europas. Und seine Tennishalle ist die höchstgelegene überhaupt. Was die Betreiber sogar vor ein kleines Problem stellte, denn normale Tennisbälle sind aufgrund dieser Höhenlage nicht verwendbar. Sie sind zu leicht und erreichen eine rasante Fluggeschwindigkeit Deshalb muß Kühtai seine Tennisbälle aus Südafrika Importieren.

Doch abgesehen vom Tennis ist der Ort für die kommende Wintersaison. bestens gerüstet Drei Loipen mit ins-’ gesamt 15 Kilometer Länge stehen den Langläufern zur Verfügung. Das ist zugegebenermaßen keine beeindruckende Zahl, doch ist die geographische Gegebenheit in einer solchen Höhe ins Kalkül zu ziehen. Weiters gibt es acht Skilifte, die natürlich mit einer Wochenkarte befahrbar sind, und der Kinderhang ist von den Abfahrten für die Erwachsenen getrennt, so daß die Kleinsten keiner Gefährdung ausgesetzt sind.

Billig ist das Kühtai nicht unbedingt Die Durchschnittspreise bewegen sich um die 500 Schilling pro Tag, allerdings mit Vollpension, die sich bei dem abgeschiedenen Ort auch empfiehlt. Als erstes Haus am Platze gibt sich das Jagdschloß für die besser Be-tuchten, und der Hausherr ist dafür ein direkter Nachfahre des seligen Kaisers.

Im Jahre 1497 mietete der Kaiser Maximilian I. das Schloß, um zwölf Sommer lang dem Jagdvergnügen nachzugehen. Allerdings zahlte der Gute noch mit Salz, was aber in dieser Zeit noch etwas mehr wert war als heute. 132 Fuder machte die Jahrespacht aus.

Natürlich gibt es Saunas, Hallenbäder und, im Unterschied zu manch anderen Wintersportorten, vor jedem Hotel großzügige Parkplätze. Auch Frühstücksbüfetts werden in allen Häusern angeboten, sozusagen eine Rehabilitation jener Hotels in unserem schönen Lande, die mit vier Semmelhälften und 20 Gramm Butter die Gäste mit den Geheimnissen der Mengenlehre konfrontieren.

Doch trotz des gehobenen Preisniveaus verzeichneten die Kühtaier einen starken Zuwachs von Wiener Gästen, ja manche Häuser waren im letzten Winter fast zu zwei Drittel mit dieser Spezies belegt Ein gutes Zeichen dafür, daß man dazu übergeht, die Qualität über Quantität zu stellen und. das ist das besonders Erfreuliche: Oer Urlaub im Inland wird wieder bevorzugt.

Der Ort ist mittels PKW gut erreich-bar, ab Innsbruck sind es nur mehr 35 Kilometer, und die früher eher berüchtigte Straße Uber Sellrain ist tadellos ausgebaut Aber auch Nichtmotorisierte können in den Genuß der Kühtaier Höhenluft kommen. Ab Innsbruck verkehren dreimal täglich Autobusse - was zu Ausflügen animiert -und auch für ein Taxi ist es nicht so weit.

Naturlich steht auch eine Skischule zur Verfügung, deren 40 Lehrer über keinen Schülermanget klagen können. Denn das Tourengehen Ist groß im Kommen, und auch das will gelernt sein.

Auskünfte holt man am besten direkt beim Fremdenverkehrsverband ein. A-6183 Kühtai/Tlrol, Tel. 05229/ 222.

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