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Kalenderreform

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Der folgende Beitrag ist keine Satire, sondern eine — leicht gekürzte — ernstgemeinte Zuschrift an das „österreichische Anwaltsblatt", die dort im April-Heft 1984 veröffentlicht wurde.

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Der folgende Beitrag ist keine Satire, sondern eine — leicht gekürzte — ernstgemeinte Zuschrift an das „österreichische Anwaltsblatt", die dort im April-Heft 1984 veröffentlicht wurde.

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Es gibt Gedanken, die so naheliegend sind, daß sie zweifellos von unzähligen Menschen erwogen werden; deren Verwirklichung aber so schwierig erscheint, daß sie kaum jemals ernstlich versucht wurde. Einer dieser Gedanken ist die Reform unseres ehrwürdigen Kalenders, die nur weltweit oder zumindest europaweit in Angriff genommen werden könnte. Wer aber wäre geeigneter, die Bedeutung einer solchen Reform im Bewußtsein der Völker Europas zu erwecken und wachzuhalten, als die für alle Reformen aufgeschlossenen Advokaten, die durch ihre Präsidenten in der Organisation der Europäischen Präsidentenkonferenz vertreten sind und die durch ihre Verbindung zur Bevölkerung, den Massenmedien, der Regierung

und dem Gesetzgeber die Mög-lichkeithaben.umwälzendeNeue-rungen auf allen Gebieten des Rechts und der Kultur anzubahnen.

Drei Tatsachen sind es, die den geltenden Gregorianischen Kalender als reformbedürftig erscheinen lassen:

1. Schon die Benennung der vier letzten Monate des Jahres erscheint wohl jedem, der auch nur die Anfangsgründe der lateinischen Sprache erlernt hat, widersinnig. Nach dem alten römischen Kalender hat das Jahr am 1. März begonnen, so daß der September tatsächlich der siebente, der Oktober der achte, der November der ■ neunte und der Dezember der zehnte Monat des Jahres war.

Bei der Kalenderreform im Jahre 1582 wäre es wohl wichtig gewesen, entweder die Namen der Monate September bis Dezember zu ändern oder den Anfang des Jahres wieder auf den 1. März zu verlegen und das Jahr mit dem 28. bzw. 29. Februar abzuschließen.

2. Die Mohammedaner hatten ihren Kalender von arabischen Völkern übernommen. Diesem Kalender lag das reine Mondjahr zugrunde. Da die Neumonde durchschnittlich 29,5306 Tage voneinander entfernt sind, war es unvermeidlich, daß in diesem Kalender die einzelnen Monate von verschiedener Länge sein mußten. — Dem Julianischen und Gregorianischen Kalender hingegen liegt das reine Sonnenjahr zugrunde. Es erscheint daher widersinnig, den Monaten teils 28, teils 29,30 oder gar 31 Tage zuzuteilen.

Unabhängig vom reinen Sonnenjahr und an den Lauf des Mondes gebunden ist heute nur mehr das Osterfest. Es ist dies für den bescheidenen Hausverstand unbegreiflich, da doch der Todestag Christi ebensowenig variabel sein kann wie der Tag seiner Geburt. Tatsächlich aber richtet sich der Todestag nach dem Vollmond, und der Karfreitag schwankt zwischen dem 20. März und dem 23. April. Credo, quia absurdum est!

3. Das schwerwiegendste Argument, das für eine Kalenderreform ins Treffen geführt werden muß, ist der Umstand, daß jeder Monatstag im folgenden Monat auf einen anderen Wochentag fällt. (Ausgenommen ist nur der Ubergang von Februar auf März, sofern es sich nicht um ein Schaltjahr handelt.) Ohne Zuhilfenahme eines Kalenders läßt sich daher niemals feststellen, auf welchen Wochentag ein bestimmter Monatstag (z. B. Christtag, Neujahrstag, Geburtstag) fallen wird.

Bei Berechnung von Zinsen erfordert die verschiedene Länge der Monate bedeutende Mehrarbeit, und bei der Vormerkung von Fristen ergeben sich Hindernisse und Fehlerquellen, weil nur anhand eines Kalenders festgestellt werden kann, an welchem Tag des nächsten Monats die Frist zu Ende sein wird und ob der letzte Tag ein Samstag oder Sonntag ist. So kann z. B. das Ende einer Frist von acht Tagen, die ab dem 25. eines Monats zu berechnen ist, auf den

2., 3., 4. oder 5. des folgenden Monats, wenn dieser Tag aber ein Samstag sein sollte, erst auf den 7. dieses Monats fallen.'

Es wäre eigentlich selbstverständlich, das Sonnenjahr statt in

12 Monate verschiedener Länge in

13 Monate zu je 28 Tagen einzuteilen. Daß dies bisher nicht geschehen ist, dürfte auf den Aberglauben zurückzuführen sein, daß die Zahl 13 eine Unglückszahl sei.

An der Länge des Tages (Drehung der Erde um ihre eigene Achse) und an der Länge des Jahres (Umlaufzeit der Erde um die Sonne) kann nichts geändert werden. Eine Änderung der siebentägigen Woche ist nicht erforderlich und wäre sowohl aus religiösen Gründen (Schöpfungsgeschichte) als auch aus sozialen Erwägungen undenkbar.

Teilte man die 365 Tage des Jahres in 13 Monate zu je 28 Tagen, dann entfielen auf jeden Monat genau 4 Wochen zu je 7 Tagen (4 X 7 = 28; 28 X13 = 364!); dann würde jeder Wochentag regelmäßig und ausnahmslos auf den gleichen Monatstag entfallen. Es verbliebe alljährlich ein Schalttag, der an das Ende des Jahres anzureihen wäre, jedoch ohne Bezeichnung als Wochentag, d. h. der letzte Tag des Jahres hätte statt 24 Stunden 48 Stunden.

Würde jeder Monat mit einem Montag beginnen, dann entfielen jeder 1., 8., 15. und 22. auf einen Montag; jeder 2., 9., 16. und 23. auf einen Dienstag; jeder 3., 10., 17. und 24. auf einen Mittwoch; jeder 4., 11., 18. und 25. auf einen Donnerstag; jeder 5., 12., 19. und 26. auf einen Freitag; jeder 6., 13., 20. und 27. auf einen Samstag und jeder 7., 14., 21. und 28. auf einen Sonntag.

Es wäre dann nur noch ein passender Name für den 13. Monat ausfindig zu machen. Man könnte ihn „Ultimo" oder „Christmond" nennen, wie der Dezember im 15. Jahrhundert in Deutschland bezeichnet wurde. Man könnte auch — wie dies mit Juli und August geschehen ist — mit der Namensgebung die Ehrung einer überragenden Persönlichkeit verbinden. • Anmerkung der Redaktion: In Schaltjahren natürlich 72 Stunden!

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