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Kameraden der Straße

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Du kommst an mir nicht vorbei, Du Asphaltschnecke. Manche lernen’s eben nie. Du bist doch schon über zehn Kilometer hinter meinen Doppelrohr- Auspufftopf. Manche Sportwagen sind eben keine, und Dein Blechhybrid taugt nicht einmal zum Seifenkistenrennen.

Also wissen Sie, was da so alles unsere teuren Autobahnen befahren darf. Der da hinter meinem Kofferraum, immer an der hinteren Stoßstange, zum Beispiel: einer von den ganz gefährlichen: Rallyestreifen muß er natürlich haben und Zusatzscheinwerfer und superbreite Felgen.

Seit der vorletzten Autobahnabfahrt hat er geblinkt. Immer voll in meinen Rückspiegel. Aber da hat er sich getäuscht. Den habe ich schon beim erstenmal hochgeklappt. Dann hat er es rechts versucht. Aber das kann ich doch besser. Kurz und fest, voll reintreten. Als er sich vorbeischieben wollte, hat er sich wohl gewundert, was mein Flitzer alles noch kann. Und dann natürlich hupen, der blöde Spießer.

Wer ist denn nun im Recht? Seit wann ist denn in Österreich der Linksverkehr eingeführt? Dem habe ich’s aber gezeigt. Sechs Kilometer ging es Seite an Seite, dann hatte ich ihn hinter einen Autobus gedrängt.

Bei der Baustelle wollte er ganz clever sein. Scheinheilig schob er sich hinter mich. Tempo 80 und in zwei Spuren auf die linke Autobahnseite. Ich natürlich linke Spur. Was tut der Feigling: er nimmt die innere. Weiß wohl nicht, wie breit seine Rostlaube ist - und links hat er sowieso Schiß, von wegen Gegenverkehr und Blendung und so.

Ich immer die Hundert gehalten, man grüßt ja nicht jeden Geßler-Hut. Aber was tut er, der Popel? Er will innen durch mit mindestens 120.

Also, so geht’s auch nicht, mein Freund. Schließlich gibt es Bestimmungen für den Straßenverkehr, die sind sinnvoll, und die sind auch für Dich da, Du Sonntagsfahrer.

Wahrscheinlich hat er überhaupt keinen Führerschein. Oder einen aus dem Dorotheum. Soll auf seinem Trecker in die Agrar-Disco zuckeln und nicht ordentliche Bürger am Vorwärtskommen hindern. Da hab ich aber kurz durchgetreten und mich vor ihn geklemmt. Dann voll auf die Bremse! Der wird sich merken, daß Sicherheitsgurte auch anzulegen sind!

Der Bursche ist nicht zu erziehen. Er fährt ja schon wieder ganz dicht auf. Ja sieht denn der nicht, daß hier nur 100 erlaubt sind?

Was macht er denn jetzt? Der findet wohl den Knopf vom Kassetten-Recor- der nicht. Er spritzt sich die Windschutzscheibe voll. Der ist nicht ganz dicht.

Jetzt deutet er noch drauf und zeigt nach oben und winkt mit der Hand. Ach so! Die Geschwindigkeitsbeschränkung gilt nur bei Nässe. Der will mich belehren, der Pinsel.

Das ist ja wohl die Höhe - ich habe seit vierzehn Jahren den Führerschein. In der Stadt gemacht. Und die Verkehrsregeln kenne ich aus dem Effeff. Die Beurteilung, ob der Fall von Straßennässe gegeben ist, obliegt dem Lenker eines Kraftfahrzeuges. Ganz allein. Dir werde ich’s geben.

Diese Straße ist für mich naß. Da muß man vorsichtig fahren. Und vorsichtig heißt langsam, mein Freund. 80 kann jeder, aber ist das nicht zu schnell für diese gefährliche Verkehrslage? 70, 60,50 und noch ein bißchen langsamer, und nicht nach links rüber, doch?

Da bin ich schon! Ja, mein Freund, so fahren wir alle Tage: ordnungsgemäß und streng nach Vorschrift. So,

und jetzt mit 30 wieder zurück nach rechts. Geht ja schon ganz ordentlich.

Siehst Du, jetzt geht es wieder schneller. Aber nicht so schnell wie ich. Ich kann nämlich Autofahren. Hast Du’s nicht gesehen, der zeigt mir den Vogel! Ja, gibt’s denn so etwas!

Wart nur, überhol mich mal, dann gibt’s den Laserstrahl von hinten. Dann kannst Du dir ein paar hundert Lux in Deinen Armleuchter stecken. Und dann wirst Du wieder überholt.

Paß doch auf. Hörst Du die Hupe nicht, Penner?! Rechts rüber - und möglichst bald runter von der Autobahn. Du Gemeingefahr. Was man sich alles so bieten lassen muß. Gibt es denn keine Fahrschulen mehr?

Fein, daß die Strecke frei ist, da kann ich endlich zeigen, was zügiges Gleiten ist. Vollgas und grade aus. Der kommt ja immer näher. Der fährt ja fast auf!’ Man sollte solche Kübel aus dem Verkehr ziehen. Der Blechnapf ist doch gar nicht mehr auf der Straße zu halten.

Na gut, ich fahr mal rechts rüber. Man weiß ja, wie man sich verhalten soll - auch wenn man den stärkeren Wagen hat. Jetzt ist ihm wohl besser. Kein Wunder, wenn so viel passiert auf den Autobahnen!

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