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Digital In Arbeit

Kampf der Bürokratie!

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Was macht den Erfolg wirklich erfolgreicher US-Firmen aus? Eine Beratungsfirma ging dieser Frage in einem Forschungsprojekt nach. Im folgenden die wichtigsten Ergebnisse.

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Was macht den Erfolg wirklich erfolgreicher US-Firmen aus? Eine Beratungsfirma ging dieser Frage in einem Forschungsprojekt nach. Im folgenden die wichtigsten Ergebnisse.

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Auf einen gemeinsamen Nenner gebracht, kommt das wirklich Besondere an den besonders erfolgreichen, innovativen Unternehmen nach unserer Erfahrung in den folgenden acht Merkmalen zum Ausdruck:

• Primat des Handelns: „Probieren geht über Studieren." Zwar gehen auch diese Unternehmen in ihrer Entscheidungsfindung analytisch vor, im Gegensatz zu vielen anderen lassen sie sich dadurch aber nicht lahmlegen. Ihre gängige Verfahrensweise ist: „Do it, try it, fix it" (Mach es, versuche es, fixier es.)

So sagt ein leitender Angestellter der Digital Equipment Corporation: „Wenn wir bei uns ein großes Problem haben, dann schnappen wir uns zehn erfahrene Mitarbeiter und stecken sie für eine Woche zusammen in einen Raum. Die finden eine Lösung und setzen sie auch um."

Darüber hinaus sind diese Unternehmen von nicht zu bremsender Experimentierfreude. Statt 250 Ingenieure und Marketingleute in fünfzehnmonatiger Isolation über einem neuen Produkt brüten zu lassen, bilden sie Teams von fünf bis 25 Mitarbeitern, die neue Ideen häufig innerhalb weniger Wochen bei einem Kunden erproben, oft mit billigen Prototypen.

Auffällig ist auch die große Zahl praktischer Hilfsmittel, mit denen die überragenden Unternehmen sich ihre Beweglichkeit erhalten und gegen größenbedingte Trägheit angehen. # NäherzumKunden: „DerKunde ist König." Die besten Unternehmen lernen von ihren Kunden. Sie bieten unvergleichliche Qualität Serviceleistungen und Zuverlässigkeit — haltbare, gut funktionierende Produkte. Sie schaffen es, selbst dem gängigsten Massenartikel den Anstrich des Besonderen zu geben - so Frito Lay (Kartoffelchips), Maytag

(Waschmaschinen) oder Tupper-ware (Geschirr).

Viele der innovativen Unternehmen verdanken ihre besten

Produktideen ihren Kunden. Das ist der Lohn für ständiges, aufmerksames Zuhören.

• Freiraum für Unternehmertum: „Wir wollen lauter Unternehmer." Die innovativen Unternehmen fördern in all ihren Bereichen möglichst viele Führungstalente und Neuerer. In ihnen wimmelt es von „Champions". Sie versuchen nicht, jeden an so kurzem Zügel zu führen, daß er nicht mehr kreativ sein kann. Sie fördern praktische Risikobereitschaft und halten auch fehlgeschlagene Versuche für der Mühe wert. Sie folgen Fletcher Byroms neuntem Gebot: „Sieh zu, daß du genügend Fehler machst."

• Produktivität durch Menschen: „Auf den Mitarbeiter kommt es an." Die exzellenten Unternehmen betrachten ihre Mitarbeiter als eigentliche Quelle der Qualitäts- und Produktivitätssteigerung. Sie schotten sich nicht gegen ihr,.Fußvolk" ab, und ebensowenig betrachten sie Kapitalanlagen als das wichtigste Mittel zur Effizienzsteigerung. Wie Thomas J. Watson Jr. über sein Unternehmen sagte: „Die IBM-Philosophie besteht im wesentlichen aus drei einfachen Überlegungen. Ich möchte mit der beginnen, die ich für die wichtigste halte: unsere Achtung vor dem einzelnen."

• Sichtbar gelebtes Wertsystem: „Wir meinen, was wir sagen — und tun es auch." Watson und William Hewlett von HP sind berühmt für ihre Werksrundgänge. Ray Kroc von McDonald's inspiziert regelmäßig die Restaurants seiner Kette und beurteilt sie nach den Werten, die dem Unternehmen am Herzen liegen: Qualität, gute Bedienung, Sauberkeit und Preiswürdigkeit.

• Bindung an das angestammte Geschäft: „Schuster, bleib bei deinem Leisten." Zwar hat es einige Ausnahmen gegeben, doch scheinen überragende Leistungen am ehesten den Unternehmen zu gelingen, die sich nicht allzuweit von ihrem vertrauten Tätigkeitsgebiet entfernen.

• Einfacher, flexibler Aufbau: „Kampf der Bürokratie!" Trotz beachtlicher Größe wurde keines der von uns untersuchten Unternehmen bei näherer Betrachtung nach einer regelrechten Matrixstruktur geführt; die es mit dieser Form versucht hatten, waren wieder davon abgekommen. In den exzellenten Unternehmen sind die grundlegenden Strukturen und Systeme von eleganter Einfachheit. Die oberste Führungsebene ist knapp besetzt; nicht selten führt eine weniger als lOOköp-fige Zentrale ein Milliarden-Unternehmen.

• Straff-lockere Führung: „Soviel Führung wie nötig, so wenig Kontrolle wie möglich." Die überragenden Unternehmen sind zen-tralistisch und dezentralisiert zugleich. Zumeist haben sie, wie schon gezeigt, bis in die Werkshallen oder die Produktentwicklung hinein Freiräume für Unternehmergeist geschaffen. Andererseits sind sie bei den wenigen Grundwerten, die ihnen wirklich am Herzen liegen, fanatische Zen-tralisten.

Die meisten dieser acht Merkmale sind alles andere als sensationell. Einige von ihnen, vielleicht sogar die meisten, sind Binsenweisheiten. Doch wie Rene McPherson sagt: „Praktisch jeder würde zustimmen, daß die Mitarbeiter unser wertvollstes Kapital sind. Nur verhält sich fast niemand danach."

Die erfolgreichen Unternehmen machen mit ihrer Mitarbeiterorientierung Emst, ebenso wie mit ihrem Grundsatz, daß Aktion — jede beliebige Aktion - mehr wert ist als zahllose Ausschüsse und umfangreiche Studien. Sie leben ihr fanatisches Bekenntnis zu Qualitäts- und Servicestandards, die andere, optimierungsgläubige Unternehmen als Wahnwitz abtun würden, und das gleiche gut für den Nachdruck, mit dem sie Zehntausenden von Mitarbeitern, also nicht nur 200 hochbezahlten Berufsdenkern, regelmäßig Eigeninitiative (angewandtes Unternehmertum) abverlangen.

Auszug aus: AUF DER SUCHE NACH SPITZENLEISTUNGEN. Von Thomas V. Peters und Robert H. Waterman jun. Verlag moderne Industrie. Landsberg 1984, 395 Seiten.

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