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Kampf der Drogensucht

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Die österreichische Drogenszene hat sich stabilisiert. Maßnahmen des Gesetzgebers und neue Wege in der Rehabilitation sollen dem Problem entgegenwirken.

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Die österreichische Drogenszene hat sich stabilisiert. Maßnahmen des Gesetzgebers und neue Wege in der Rehabilitation sollen dem Problem entgegenwirken.

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In den meisten westeuropäischen Ländern ist die Tendenz bei Suchtgiftdelikten steigend.

Österreich ist verstärkt Transitland Nr. 1 für den Rauschgifthandel von Ost nach West. In der heimischen Drogenszene hat sich aber, was die konsumierten Drogen und auch die Zahl der Delikte betrifft, in den letzten Jahren nur wenig verändert.

Der Konsum von Cannabis-Produkten (Haschisch) steht nach wie vor an der Spitze, gefolgt von Heroin. Allein bei Kokain konnte in letzter Zeit ein vermehrter Mißbrauch festgestellt werden, während LSD weiterhin eine geringe Rolle spielt.

Ein neuer Trend hat sich allerdings in den letzten Jahren bemerkbar gemacht. Das Alter der Abhängigen hat sich nach oben verschoben, sie sind heute meist in der Altersgruppe zwischen 18 und 25 Jahren zu finden.

Erste Initiativen wurden vom Gesetzgeber bereits 1980 gesetzt. Aufgrund einer Gesetzesnovelle wurde damals begonnen, Sucht-giftberatungs- und Behandlungsstellen einzurichten. Zur Zeit gibt es über das ganze Bundesgebiet verteilt 28, zum Teil von öffentlichen Spitälern, zum Teil von privaten Vereinen, etwa der Caritas, getragen und vom Gesundheitsministerium gefördert. Außerdem erschienen einige Informationsbroschüren, beispielsweise die „Drogenfibel“, die für Aufklärung sorgen sollen.

Am Beginn jeder Therapie steht der körperliche Entzug, der in einem Krankenhaus durchgeführt wird. Es gibt da zwei Methoden: Entweder wird das Suchtgift oder der Ersatzstoff langsam reduziert, oder abrupt entzogen.

Der optimale Weg danach, mit einer Erfolgsquote von bis zu 85 Prozent (Pernhaupt), ist eine einjährige stationäre Behandlung. Nur in Fällen, wo das absolut nicht möglich ist, zum Beispiel bei Berufstätigkeit, sollte diese Behandlung ambulant erfolgen.

In dieser Hinsicht hat Günther Pernhaupt im vergangenen Herbst eine Initiative gestartet. Auf einem Bauernhof in Krumbach in Niederösterreich soll ehemaligen Drogenabhängigen -nach dem Entzug und der einjährigen Therapie - Hilfe für einen neuen „Start“ geboten werden. Erklärtes Ziel des „Drogenpapstes“ ist es, daß aus dem Bauernhof in einigen Jahren ein von den Ex-Süchtigen selbstverwalteter Betrieb wird, der einen Wiedereinstieg in einen Beruf bietet.

Was die Entzugstherapie betrifft, wird an der Wiener Psychiatrischen Universitätsklinik seit etwa einem Jahr, einmalig in Österreich, eine in Amerika bereits erprobte Methode praktiziert. Den Drogenabhängigen werden sogenannte Opiatblocker verabreicht, die die Opiate in 24 bis 48 Stunden aktiv aus dem Körper entfernen. Gleichzeitig wird ein Medikament gegeben, das die Entzugsbeschwerden mildert. Der Vorteil dabei ist, daß die Entzugszeiten stark verkürzt sind.

Auf dem ambulanten Sektor werden die Patienten im Rahmen der Rückfallsprophylaxe mit Langzeitopiatblockern behandelt. Bei etwaigen Rückfällen spürt der Patient keine Wirkung der Droge, der Suchtmechanismus kommt nicht wieder in Gang. Diese Methode bietet also praktisch einen Schutz vor neuer Sucht, sie wirkt aber, wie Otto Presslich einschränkt, vor allem bei gut motivierten Patienten.

Die Motivation, zu einer Behandlung zu kommen, ist überhaupt der „springende Punkt“. Denn es ist äußerst schwer, an Drogenabhängige heranzukommen. Zwar ist es .jedem irgendwann einmal unheimlich, wenn er nur .funktioniert' wenn er unter Drogen steht“ (Presslich). Die Therapiewilligkeit kommt aber meist erst mit zunehmendem Alter, um 25 Jahre etwa (Pernhaupt).

(Trotz seiner Erfolge wurde der Drogenexperte kürzlich — obwohl fachlich unumstritten - seines Postens als Primarius des Anton-Proksch-Instituts in Mödling enthoben. Uber die tatsächlichen

Hintergründe herrschen noch so manche Unklarheiten.)

Durch die Entkriminalisierung wurde der Zugang aber etwas erleichtert. Nach der jetzigen gesetzlichen Lage werden Drogenabhängige, die sich in Behandlung begeben, nicht mehr automatisch in der Suchtgiftkartei des Gesundheitsministeriums geführt.

Doch wo liegen die Gründe für die Sucht? „In einer Fehlerziehung“, faßt es Günther Pernhaupt zusammen. „Eine konsequente Erziehung, glaubwürdige Eltern, die ihre Kinder in der Pubertät nicht im Stich lassen, sind der beste Garant gegen Drogen.“ Die Verhaltensstörungen der Süchtigen gehen in die Kindheit zurück. Und die meisten Drogenabhängigen haben in ihrer Familie ein „Modell“ vor Augen, einen Alkoholiker oder Tablettensüchtigen zum Beispiel. Bei 75 Prozent geht der Drogensucht auch ein Versagen in der Schule voraus.

Ein neues Problem für Rauschgiftabhängige, die „an der Nadel hängen“, ist mit dem Auftreten von AIDS aufgetaucht. Denrt die Süchtigen, die mit anderen gemeinsame Spritzen benützen, zählen zu den Risikogruppen der tödlichen Immunschwäche. Bis jetzt hat man festgestellt, daß etwa sechs bis sieben Prozent der Patienten, die sich in Behandlung begeben, bereits mit dem AIDS-Virus in Kontakt gekommen sind (was allerdings nicht bedeutet, daß sie auch tatsächlich erkranken).

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