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Kampf um Afghanistan

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Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen ist der Krieg in Afghanistan in ein neues Stadium getreten. Glaubte man, daß das rote Kabuler Regime gestürzt wird, sobald die rote Armee abzieht, so ist nach der Schiachtum Jalalabadklar, daß der Krieg wohl noch lange andauem wird.

Nach dem Abzug der Russen formierten die Mudjahidin trotz Differenzen eine Übergangsregierung, an deren Spitze SębghatullahMojade- di steht. Er ist der Chef einer der beiden starken Sufisten-Bruder- schaften und Vorsitzender der gemäßigten Partei Jabha. Dieser Präsident steht vor der schweren Aufgabe, zu beweisen, daß die Widerstandsbewegung in der Lage ist, staatliche Interessen über ihre inneren Zwistigkeiten zu stellen.

Obwohl man die bisherigen Erfolge dieser „Regierung“ anerkennen muß, so darf man doch an ihrer Effektivität zweifeln: Ihre Minister fahren ins Ausland, ohne den Präsidenten zu informieren; ihre Einheit wird ständig durch bewaffnete Zusammenstöße verschiedener Mudjahidin bedroht. Es ist nicht leicht, von der Parteiebene zu der der staatlichen Verantwortung zu wechseln, oder Einheit und Meinungsvielfalt zu wahren, brüderliches Blutvergießen aber zu meiden. Die internationale Anerkennung wird dieser „Regierung“ jedoch noch verwehrt; vielleicht zweifelt man an der Glaubwürdigkeit einer

Regierung der Mudjahidin?

In diesem Krieg tauchten „Kommandeure“ auf, die sogenannten Mudjahed. Sie treten heute nicht nur bei Kampfhandlungen hervor, sondern verwalten jene Sektoren, die ihrer Kontrolle unterstehen. Dort gründen sie Schulen, halten Gericht, bauen Krankenhäuser. In solchen Zonen versucht die Bevölkerung, das normale Leben wieder aufzunehmen: auf den Feldern wird ausgesät, auf den Ruinen gebaut. Die nichtstaatlichen Organisationen, die in Afghanistan tätig sind, arbeiten normalerweise mit diesen Kommandeuren zusammen, denn diese wollen die Zukunft des Landes in die Hand nehmen. Siefordem ihren Platz beim Aufbau des Friedens, weil dieser Friede ohne sie nicht geschlossen werden kann.

Aber der Krieg wird in Afghanistan noch andauem, weil die Mudjahidin nicht in der Lage sind, die großen Städte einzunehmen, die nach dem Abzug der Sowjets zu richtigen Festungen wurden. Die Schlachten um diese Städte werden lange dauern. Die Mudjahidin werden diesen Krieg aber nicht eher aufgeben, als daß sie jene von der Macht vertrieben haben, die sie Kommunisten nennen. Dafür opfern sie auch Hunderttausende Tote.

Dieser Krieg gegen die sowjetische Intervention hat das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer islamischen Gesellschaft und das Bewußtsein einer nationalen Identität gestärkt. Wenn den Afghanen der zentralisierte Staat auch fremd ist, so haben sie jetzt doch einen vertieften Begriff von einem gemeinsamen staatlichen Territorium. Abertrotz- dem kommt es zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen den einzelnen Parteien oder den verschiedenen Gruppen. Wird es einmal in Afghanistan einen Bürgerkrieg geben wie im Libanon?

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