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Kampf um Polens Führung
"Ich glaube, daß ich ohne Nachteile für das Land den polnischen Wagen führen kann", betont Arbeiterführer Lech Walesa in einem Exklusiv-Interview gegenüber der FURCHE. Dem Kandidaten der Zentrumsallianz für die Präsident-schaftswahl am kommenden Sonn-tag, 25. November, schwebt ein von ihm vorangetriebener "Alleingang Polens" in Richtung EG vor. "Wir müssen reicher werden", betont Walesa, "denn niemand wird eine Verbindung mit Armen eingehen. Nur Starke, Kluge und Reiche werden in Europa akzeptiert." Als Präsident - so Walesa - "werde ich sicherlich nicht mit Hilfe der Axt regieren". Beschleunigung des Pri-vatisierungsvorganges ist wirt-schaftspolitisches Stichwort für Walesa.
Ministerpräsident Tadeusz Ma-zowiecki, Walesas Gegner im Kampf um Polens Führung, ist der Meinung, daß man den Prozeß der wirtschaftlichen Stabilisierung in Polen bereits eingeleitet habe und auf diesem Weg ohne Nervosität und überhastete Entscheidungen voranschreiten sollte. Ohne auslän-disches Kapital könne Polen seine Wirtschaft nicht modernisieren, betont der Premier. Und diesem Kapital gelte es günstige Bedin-gungen - juristische, politische und wirtschaftliche Stabilität - zu schaf-fen. "Dieser Prozeß wurde bereits eingeleitet und ist fortzusetzen. Wenn Walesa das erkennt, dann wird er sicherlich nicht die polnische Wirtschaft stören", antwortet Mazowiecki auf die Frage, ob Wa-lesa als Präsident die wirtschaftliche Zusammenarbeit Polens mit dem Ausland destabilisieren würde. "Allerlei plötzliche Änderungen" - so Mazowiecki zur FURCHE - "entmutigen die Auslandspartner, besonders Investitionsträger, für die die wichtigste Garantie der künftigen Profite eben die Stabilität darstellt." Weil Walesa die "ohnehin unabwendbaren Entwicklungspro-zesse" beschleunigen wolle, habe er, Mazowiecki, beschlossen, sich gegen Nervosität und Beschleunigung zu stellen und das bisherige Tempo der evolutionären Entwicklung in Polen beizubehalten.
Der Premierminister möchte "die fortgeschrittenen Verhandlungen über einen EG-Assoziierungsvertrag abschließen" und hat das Ziel Polens vor Augen, "Ende der begonnenen Dekade der EG beizutreten". Bis dahin ist für ihn die Zusammenarbeit mit den südlichen Nachbarn - darunter auch Österreich - "ein lebensnotwendiges Bedürfnis". (Wortlaut Seite 4).
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