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Kampf und Krampf

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Das österreichische Schicksal hat nun auch den Film ereilt: im Inland werden heimische Zelluloid-Streifen nach wie vor eher ignoriert und als nicht konkurrenzfähig abgetan, während sie im Ausland recht oft mit Preisen bedacht werden.

Um dem inländischen Film auf die Sprünge zu helfen, wurde 1981 der österreichische Filmförderungsfonds (ÖFF) gegründet, der im Zeitraum von 1981 bis 1987 aus 301 Projekten achtunddreißig auswählte und in der Herstellung durch Darlehen und Zuschüsse förderte. Beim ÖFF handelt es sich um einen unabhängigen Fonds, der jährlich vom Bund Förderungsmittel erhält. Waren es 1981 nur 26,4 Millionen,, sind es heuer bereits rund 43,5 Millionen Schilling.

Mit 1. Jänner 1988 tritt eine Gesetzesnovelle in Kraft, die das Tätigkeitsfeld des Fonds erweitert und einige Arbeitsbedingungen ändert. Gefördert werden sollen nach wie vor nur professionell konzipierte österreichische Filme mit kulturellem Anspruch, die vorrangig fürs Kino bestimmt sind und eine gewisse Mindestlänge besitzen. Neu ist ab nächstem Jahr jedoch die Referenzfilmförderung, bei der die Einspielergebnisse kommerziell erfolgreicher und kulturell wertvoller Zelluloid-Produkte vom ÖFF durch Zuschüsse aufgestockt werden. Somit wird schon fürs nächste Projekt eine Finanzgrundlage geschaffen. Außerdem sollen ab nächstem Jahr ebenfalls Nachwuchsfilmer zum Zug kommen.

Da eine Investition in der Filmbranche wie eine Anlage versteuert werden muß, ist es in Österreich mit der Privatfinanzierung schlecht bestellt. Der vom ÖFF geforderte Eigenmittelanteil wird daher ab 1988 von zwanzig Prozent auf zehn reduziert.

„Das größte Problem ist die Zwischenfinanzierung“, erklärt Veit Heiduschka, Geschäftsführer der Wega-Filmproduktion. „Das meiste Geld brauchen wir kurz nach der Fertigstellung des Films.“ Deshalb unterstützt der ÖFF verstärkt nicht nur die Herstellung, sondern auch den Verleih, den Vertrieb und die Synchronisation.

Weiteres Geld kann sich der

Produzent vom ORF holen, der im Zuge des Film-Fernsehabkommens seit 1981 der heimischen Filmindustrie mit rund 90 Millionen Schilling unter die Arme griff. Natürlich nicht uneigennützig. Dieses Geld ist die Abgeltung für die Fernsehrechte, von denen der ORF bisher erst 18 Monate nach Kinostart Gebrauch machen durfte. Ab 1988 ist schon nach sechs Monaten eine Ausstrahlung möglich. Außerdem besitzt der ORF mit seiner „Förderung“ die alleinigen Rechte.

ORF-Pressesprecher Andreas Rudas hingegen meint: „Die Filme werden nicht nach der Brauchbarkeit für den ORF ausgewählt, sie sollen gute Kinofilme sein. Wir wollen den österreichischen Filmen über den ORF einen besseren Ruf verschaffen.“ Auch Veit Heiduschka ist der Ansicht, „daß der Film eine Imageverbesserung benötigt“ und daß man „in Österreich nie die Produktionskosten einspielen kann“.

Um eine Vertretung der wichtigsten filmspezifischen Berufssparten zu gewährleisten, wurde die Auswahlkommission des OFF von sechs auf neun Mitglieder aufgestockt, die vom Bundesministerium für Unterricht und Kunst bestellt werden. Außerdem wird die letztentscheidende Stimme des Vorsitzenden ab 1988 abgeschafft. Auf eine ausgewogenere Vertretimg der Frauen soll ebenfalls mehr Rücksicht genommen werden.

Die Konzept- und Berufsförderung, die vor allem das Erstellen von Drehbüchern und die Beruf s-ausbildung für die Branche finanziell stützen soll, wird nach neuem Gesetz von der Einkommenssteuer befreit werden. Ein schwacher Trost, weil ein Drehbuchautor wohl kaum ein Jahr lang von 20.000 bzw. 40.000 Schilling leben kann. In der Bundesrepublik erreicht die Höhe der Drehbuchförderung oft dieselbe Ziffer, allerdings in D-Mark.

ÖFF-Geschäftsführer Gerhard Schedl meint dazu: „Die Förderung soll ein Mittelding zwischen Hunger und Sättigung sein.“ Zuwenig Sättigung scheint es für das Wien-Film-Kopierwerk gegeben zu haben: Es mußte kürzlich endgültig zusperren — obwohl in Osterreich genug Bedarf für ein so großes Kopierwerk vorhanden wäre.

Einerseits ist die Nachfrage nach inländischen Filmen da, andererseits gibt es durch die Produktionsflaute in den siebziger Jahren kaum noch Fachkräfte. Meist benützen heimische Produzenten die Infrastruktur der Werbe- und Industriefilme. Allerdings kommt es dann vor, daß ein kinoabstinenter Regisseur einen eineinhalb stündigen Streifen im Stil eines Werbefilms dreht, weil er gar nicht mehr Ästhetik und Technik einer so langen künstlerischen Produktion beherrscht.

Veit Heiduschka sieht einen Trend nach oben: „Wir haben gute, kreative Leute. In Österreich kann man billiger produzieren.“ Er sieht im Verkauf des Films ins Ausland eine wichtige Finanzierungsquelle. Außerdem erfüllt der OFF ab nächstem Jahr auch eine Beraterfunktion, damit die Bewerber um finanzielle Mittel nicht schon an den Hürden der Einreichungs-Bürokratie scheitern.

Zur Stilrichtung des heimischen Films meint Gerhard Schedl: „Der US-Film hat zwar schon jede Pore zugeschmiert, aber die österreichischen Themen sind konkurrenzlos.“ Das bewiesen zum Beispiel „Raffl“ und „1938“, die international große Beachtung fanden. Kommerziell erfolgreicher sind allerdings Produktionen wie Niki Lists „Müllers Büro“.

So bleibt zu hoffen, daß mit den steigenden Zuschüssen des Bundes auch Filmtätigkeit und Qualität weiter steigen. Die inländischen Kinobesucher sollten sich die Worte des Star-Regisseurs Claude Chabrol zu Herzen nehmen, der meinte: „Ich habe soviel Gutes über den österreichischen Film gehört, jetzt muß ich mich einmal damit beschäftigen.“

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