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Kanal & Kraftwerk und Naturschute

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Die Entscheidung der Bundesregierung über die Empfehlungen der von ihr eingesetzten Ökologiekommission in Sachen Hainburg steht unmittelbar bevor. Die grundsätzliche Frage steht weiter im Raum: Können Flußkraftwerke auch Naturschutz bieten?

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Die Entscheidung der Bundesregierung über die Empfehlungen der von ihr eingesetzten Ökologiekommission in Sachen Hainburg steht unmittelbar bevor. Die grundsätzliche Frage steht weiter im Raum: Können Flußkraftwerke auch Naturschutz bieten?

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Fließendes Wasser enthält Energie, die die Menschen schon seit undenklichen Zeiten zum eigenen Nutzen, zum Beispiel in Mühlen verwenden. Städte wurden vielfach an Flüssen errichtet, da diese Nutzwasser und Energie bieten und einen Transportweg für schwere Güter mittels Schiffahrt darstellen. Ein Nachteil der Flüsse sind Überschwemmungen. Ein Beispiel einer Stadt an einem großen Fluß ist Wien an der Donau.

Wasserläufe haben die Eigenschaft, in leichten Krümmungen ihres Laufes am äußeren Rand des Bogens durch die Strömung das Ufer abzutragen und dadurch die Krümmung enger zu machen. Die natürlichen Wasserläufe verlaufen deshalb in Schlangenlinien (Mäander-Bildung). Dadurch wird der Flußlauf länger, das Gefälle und die Strömungsgeschwindigkeit geringer.

Bei Überschwemmungen wird das ganze Gebiet zwischen den Schlangenlinien überschwemmt, dadurch ist das Gebiet fruchtbar, es entstehen Auwälder. Das gilt auch für die Donau nördlich und östlich von Wien, Auwälder bedeckten früher die heutigen Stadtteile Brigittenau und Leopoldstadt, Reste sind der Prater und die Lobau.

Um Wien vor Überschwemmungen zu bewahren, wurde die Donau durch Baggerung, Uferbefestigung und Errichtung von Dämmen in ein gerades Flußbett gedrängt, parallel zum Fluß wurde ein Überschwemmungsgebiet angelegt.

Dadurch wurde aber die Strömungsgeschwindigkeit des Flusses wieder erhöht, statt Ablagerungen im Flußbett tritt eher Erosion auf, im Laufe der Zeit sinkt das Grundwasser in der Umgebung des Flußlaufes, die Auen werden nicht mehr überschwemmt, sie sind mit Wasser unterversorgt, sie verschwinden mit der Zeit und die Natur ist zerstört.

Den für die Natur schädlichen Folgen früherer Wasserbauarbeiten könnte aber heute ohne Beeinträchtigung der Sicherheit gegen Überschwemmungen, ohne Beeinträchtigung der Schiffahrt, sogar ohne wesentliche Beeinträchtigung der Nutzung in Kraftwerken entgegengearbeitet werden. Es wäre nur erforderlich, das Flußwasser aufzuteilen und zu trennen, gesondert für die Erhaltung der Natur, also der Auwälder, und gesondert für die Nutzung als Schiffahrtsweg und als Energiespender in Wasserkräftwerken.

Um den Ablauf des Wassers in den Auen einzuschränken, wären statt der Mäander durch eine Reihe niedriger Wehre Stufen zu bilden, die bei Hochwasser überströmt werden würden. Bei Normal- und Niedrig-Wasserstand wäre der Wasserspiegel normal so wie jetzt oder sogar etwas höher, womit auch das Grundwasser in der Umgebung wieder ansteigen könnte.

Das Wasser für die Schiffahrt und für ein Wasserkraftwerk — bei Normal-und bei Niedrigwasser wäre es der größte Teil des Flußwassers — muß dann in einem breiten und tiefen Kanal außerhalb der Auen, zum Beispiel flußabwärts von Wien nördlich der Auen, geführt werden.

Der Kanal muß so breit und so tief sein, daß die Strömungsgeschwindigkeit und das Gefälle möglichst gering sind, um für die Schiffe Energie zu sparen und um für das Kraftwerk, bei dem Schleusen anzubauen sind, möglichst viel Energie gewinnen zu können.

Selbstverständlich ist eine solche Lösung nicht billig. Aber: einen so großen Schaden, wie er durch frühere Wasserbauten hervorgerufen wurde, rückgängig zu machen, kostet viel Geld.

Wird nur eine billige Lösung mit geringer Berücksichtigung des Naturschutzes gewählt, wird der Schaden noch viel größer und irreparabel. Mit den heutigen technischen Mitteln ist die oben genannte Lösung mit dem getrennten Kanal durchführbar.

Auch im Betrieb der Kombination Kanal und Kraftwerk können mit den heutigen technischen Mitteln (Computerprogramme) Schwierigkeiten (etwa Wasserschwingungen durch Leistungsregelungen im Kraftwerk, Dämpfung derselben, Änderungen des Gefälles durch Änderungen der Strömungsgeschwindigkeit) durch Regelwehre bei der Abzweigung des Kanals von der Donau und längs des Kanals beherrscht werden.

Es könnte vielleicht auch noch Wasser zur Korrektur des Grundwasserstandes abgezweigt werden. Kleinere Wasserläufe, die von Norden in die Donau münden, könnten längs des oben genannten Kanals geführt oder fallweise durch Düker in die Donau geleitet werden.

Es ist also durchaus möglich, mit Wasserkraftwerken Probleme der Ökologie, des Naturschutzes und der Ökonomie gemeinsam einer möglichst idealen und dauerhaften Lösung zuzuführen.

Wasserkraftwerke verringern den Bedarf thermischer Kraftwerke, die auf Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas) beruhen, damit werden sowohl die Luftverschmutzung als auch die Importkosten verringert. Selbstverständlich müßte gemeinsam mit dieser Lösung auch die biologische Reinigung der Abwässer der Stadt Wien erstellt werden, dann könnte vielleicht die Flußfauna (Fische) wieder aufleben.

Vergleicht man die obige technische Lösung mit den relativ riesigen Bauleistungen unserer Vorahnen, die mit primitivsten Mitteln erzielt wurden, müssen wir uns schämen, wenn uns diese Lösung nicht gelingt, wo doch unsere technischen Hilfsmittel haushoch über den damaligen stehen.

Der Autor ist Maschinenbauingenieur und war als Konstrukteur bei den Puch-Werken beschäftigt

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