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Karrierefrau oder Heimchen im Büro
Die Proteste amerikanischer Frauenvereinigungen gegen die Unterrepräsentation der Frauen in der Regierung Carter lenkten einmal mehr das Augenmerk auf die Situation der Frau - auch in Europa. Besonders hervorgehoben wurde der Umstand, daß Frauen in höchsten Positionen unter- und in niedrigen überrepräsentiert sind, in die mittleren Ränge aber ganz besonders schwer gelangen. Diese für Frauen kaum übersteigbare, auf dem Weg nach oben schon sehr tief unten aufgerichtete Hürde verhindert den beruflichen Aufstieg von ungezählten Millionen Frauen in allen Industrieländern der Welt. In der Politik haben sie es oft immer noch leichter als im wirtschaftlichen Bereich - wie die Tatsache beweist, daß in der Regierung Carter doch immerhin zwei Frauen vertreten sind, während man manchmal Mühe hat, in Tagungen für mittlere Wirtschaftsmanager, an denen Hunderte Männer teilnehmen, auch nur ein halbes Dutzend Frauen zu finden.
Woran liegt es, daß die Frau aller vielzitierten Chancengleichheit zum Trotz im Berufsleben immer noch nicht die gleichen Aufstiegsmöglichkeiten hat wie der Mann? Es gibt zwar einige Karrierefrauen, die echte Spitzenfunktionen erreichen und auch bestens ausfüllen, aber die überwiegende Anzahl der Frauen bleibt - trotz guter beruflicher Ausbüdung - in den unteren Rängen hängen, bis sie sich entweder resigniert an den häuslichen Herd zurückzieht oder mehr oder weniger frustriert auf die Pensionierung wartet.
Die Frau soll, ohne sich aufzureiben, für ihre Famüie da sein und vor allem ihre Kleinkinder möglichst lange selbst betreuen können. Aber sie muß auch das Recht haben, einen Beruf auszuüben und in ihrem Beruf weiterzukommen. Für viele Mütter ist eine Halbtagsbeschäftigung die einzige Lösung. Es gibt aber viel zu wenig Halbtagsstellen, das beweist die große Zahl von Bewerberinnen um solche Posten, und meistens bieten diese von vornherein keine Aufstiegsmöglichkeiten.
Wenn eine Frau heute in Karenzurlaub geht oder sich abfertigen läßt, um bei ihrer Familie bleiben zu können, verliert sie meist ganz den Kontakt mit der erlernten und ausgeübten Tätigkeit. Und wenn sie wieder zu arbeiten beginnt, muß sie von vorne anfangen, um sich im Leistungskampf zu behaupten und ein bißchen Erfolg zu erreichen.
Das scheint viele Arbeitgeber abzuschrecken, Frauen überhaupt verantwortungsvolle Posten zu übertragen. Die Sekretärin oder die Buchhalterin ist leicht auswechselbar oder durch eine Vertretung zu ersetzen - die Abteilungsleiterin nicht. Ihr kann man den Platz nicht freihalten, bis sie wiederkommt, also nimmt man von vornherein lieber einen Mann. Denn bei einer Frau weiß man ja nie, ob sie nicht eines Tages zu Hause bleibt…
So wird der Mutterschutz zum Vorwand einer frauen- und damit fa- müienfeindlichen Haltung genommen. Die berufliche Schlechterstellung der Frau wirkt sich natürlich auf das Familieneinkommen entsprechend aus. Und die Frau, die nicht nur Heimchen am Herd sein, sondern im Beruf „ihren Mann stellen” will - so nennt man das doch bezeichnenderweise -, kommt in jeder Hinsicht zu kurz. Ein Beruf ist ja nicht nur ein Job zum Geldverdienen, er soll auch innere Befriedigung bieten.
Vielleicht könnte man den Frauen während der Karenzzeit die Möglichkeit geben, mit ihren Firmen in Verbindung zu bleiben, an der Entwicklung des Betriebes Anteü zu nehmen- ohne zu arbeiten, weil sie ja sonst den gesetzlichen Anspruch auf das Karenzgeld verlieren würden. Es müßte die Tatsache, daß sie zum Betrieb gehören, in jeder Weise betont, es müßten Experimente in dieser Richtung gefördert werden, damit die Frau nach einem Karenzurlaub ohne Benachteiligung wieder in den Arbeitsprozeß eingegliedert werden kann.
Aber die Frauen müßten natürlich auch selbst bereit sein, alles zu tun, um „berufsfit” zu bleiben. Sie müßten durch Lektüre, eventuell Kurse (oder Fernkurse), die man zeitmäßig mit Hausarbeit und Kinderpflege vereinbaren kann, zu ihrer eigenen Weiterbildung beitragen. Dann wird der Wiedereinstieg in das Arbeitsleben für sie leichter und erfolgreicher sein. Das erfordert freilich einen Umdenkungs- prozeß bei allen Beteiligten, der eine gewisse Zeit brauchen wird.
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