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Kaspanaze und die Altparteien
Die Hoffnung, daß Politik doch auch anders und besser gemacht werden kann, hat am Sonntag die politische Landschaft im Ländle schlagartig verändert. Diese Hoffnung symbolisiert der Bregenzerwälder Jungbauer Kaspanaze Simma.
Diese Hoffnung war es, die bei den Landtagswahlen in Vorarlberg über viele Werbemillionen, straffe Parteiorganisationen und ausgeklügelte Wahlprogramme siegte: Fast jeder achte Vorarlberger hat sie gewählt.
Daß diese Hoffnung lebendig ist, wollten die Altparteien bisher nicht begreifen. Ihre Begriffsstutzigkeit hat dieser Kaspar Ignaz bloßgestellt.
Begriffstützig war die SPÖ, wenn sie ihre relative Mehrheit bei den Nationalratswahlen 1983 als Auftrag deutete, die Politik der siebziger Jahre mit kleinen FPÖ-Retuschen fortzuführen. Begriffstützig wäre die Vorarlberger ÖVP, würde sie nun das Halten der absoluten Mehrheit als Wählerauftrag zur Fortsetzung ihres bisherigen Kurses mißdeuten.
Warum hat die ÖVP in Vorarlberg über zehn Prozent ihres Stimmenanteiles von 1979 verloren, warum die SPÖ gar über 17 und die FPÖ immerhin auch gewaltige 16 Prozent? Warum wurde die Anti-Partei der Grün-Alternativen schlagartig zur dritten Kraft im Ländle?
Umweltfragen und Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien haben eine gewichtige Rolle gespielt, doch in diesem sensationellen Ergebnis steckt mehr: Der Wunsch, aus dem System der Sachzwänge auszubrechen, das den Bürger ohnmächtig erscheinen läßt, die Forderung, mit der politischen Routine zu brechen, die Uberzeugung, daß es anders gehen kann und muß.
Wunsch, Forderung und Uberzeugung: Das eben macht die Hoffnung aus, die Kaspanaze Simma symbolisiert, die er anspricht, wenn er von einer „liebevolleren Politik" redet. Die Früchte dieser Sehnsucht sind ihm in den Schoß gefallen, eine Ernte, die ihn selbst und seine Mitstreiter in diesem Ausmaß überrascht hat.
Werden Fred Sinowatz, Alois Mock und Norbert Steger aus der Lektion lernen, die Herbert Keßler, Fritz Mayer und Dieter Grabher am Sonntag erteilt wurde? Dann stünde der Politik ein radikaler Wandel bevor.
Sonst schlägt bei den nächsten Wahlen österreichweit die Stunde der Kaspanazes, auch wenn es heute im grün-alternativen Lager noch chaotisch zugeht. Das ist, ohne die regionalen Besonderheiten in Vorarlberg unterschätzen zu wollen, bereits mehr als nur Spekulation.
Politisches Bewußtsein und Wählerverhalten sind im Wandel begriffen. Der Prozeß ist absehbar. Unabsehbar ist noch, wohin er führt- auch nach diesem 21. Oktober.
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