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Katholikentag: Ja, aber?
Kommenden Samstag werden in St. Pölten in Anwesenheit von Kardinal König die Gremien des für 1983 geplanten Katholikentages konstituiert werden.
Der bisherige Verlauf der Vorgespräche war nicht in allen Phasen erhebend. Es begann mit der Besinnung auf das 1983 fällige 300-Jahre-Jubiläum der Wien-Befreiung aus Türkensturm: ein Schlüsselereignis der Kirche in Europa.
Dennoch tauchten sogleich zaghafte Besorgnisse auf: Warum nur ein Blick zurück? War das Ereignis nicht doch sehr politischer Natur? Wo bleibt die Spiritualität? Und wird man nicht die heutige Türkei damit beleidigen?
Selbstverständlich dürfte ein Jubiläumskatholikentag nicht Front gegen den Islam heute beziehen (obwohl dieser gebietsweise wenig Skrupel hat, Front gegen das Christentum zu machen). Selbstverständlich geht es nicht gegen die Türkei heute, aber das könnte man ja doch wohl deutlich genug klarmachen.
Daß die Anregung, ins Katholikentagsmotto Europa wenigstens in der Form „Christus - Hoffnung Europas“ aufzunehmen, wenig Widerhall fand (FURCHE 47/1980), ist bedauerlich, aber noch ist das endgültige Motto ja (theoretisch) nicht fixiert.
Der Arbeitstitel heißt jetzt „Zur Hoffnung befreit“ und enthält, richtig verstanden, auch eine gesellschaftspolitische Komponente, die zum Wesen von Katholikentagen gehört. Hier ist einer Gruppe um P. Alois Kraxner für wichtige geistige Vorarbeit zu danken.
Dennoch: Das Motto bleibt noch immer ein wenig blaß. Und die Formulierung „Katholikentag in Österreich“ als Zwischending zwischen einem österreichischen und einem Europäischen Katholikentag ist ein typischer Einge- weihten-Kompromiß: Kein Durchschnittsmensch sieht der Formulierung an, was sie ausdrücken soll.
Gegen einen „Europäischen Katholikentag“ gab es auch den Einwand, daß die geistige und organisatorische Vorbereitungsarbeit Österreichs Kirche überfordern würde. Das glaubt man, hört man sich das Jammern vieler Kirchenfunktionäre (Geistlicher wie
Laien) über Termine, Veranstaltungen, Aktionen usw. an. Sie haben alle recht.
Trotzdem: Wenn die Kirche von Österreich nicht zumindest alle zehn Jahre einmal zu einer kraftvollen, überzeugenden Massendarstellung nach außen fähig ist, steht es schlecht um uns.
Schon tönt der nächste Einwand durch die Debatten: Die Kirche ist in den einzelnen Diözesen und Gemeinden so unterschiedlich, daß es eine österreichische Kirche eigentlich gar nicht gibt.
Ja und nein. Richtig verstanden, ist das Bemühen um lebendige Christengemeinden eine große Zukunftshoffnung. Falsch verstanden, kann daraus Eigen- brötlertum, Schneckenhauskirche, elitärer Egoismus werden.
Es gibt jedenfalls genug Gemeinsames, das die Kirche ganz Österreichs darzustellen hätte. Die vielen Ungläubigen, Desinteressierten oder jedenfalls am Aktions- und Verbandskatholizismus nur mäßig Interessierten sprechen
nie von „Gemeindekirche“ oder „Diözesankirche“.
Für sie gibt es eine Kirche von Österreich. Sie müßten einen katastrophalen Eindruck von deren Zustand erhalten, ließe man sie wissen, daß es diese „eigentlich“ gar nicht mehr gibt.
Deshalb wird man die Diözesen Innsbruck und Feldkirch sicher noch einmal sehr herzlich einladen müssen, nicht nur „Beobachter“, sondern voll engagierte Mitarbeiter in die Vorbereitungsgremien zu entsenden. Freilich müssen sie dort auch davon überzeugt werden, daß ihre Mitarbeit sinnvoll ist.
Der bisherige Verlauf der Vorbereitungssitzungen hätte sich mit einer solchen Beweisführung zeitweise schwer getan. Viel mehr als die Thematik erregte manche Teilnehmer die Frage, welche Organisation mit wievielen Vertretern in welches Katholikentagsgremium einziehen soll. Wer naiv genug war, diesen Konflikt der fünfziger Jah
re in den achtziger Jahren für ausgestanden und überholt zu halten, wurde eines Schlechteren belehrt.
Hoffentlich ist er ab nächstem Samstag ausgestanden. Nach der Konstituierung sollte nur noch über die Substanz des Katholikentags geredet werden.
Zur Substanz gehört natürlich der erwartete Papstbesuch. Geradezu skurril muten gewisse Überlegungen an, man müßte Katholikentag und Papstbesuch trennen, damit das „Spektakel“ nicht vom „geistigen Erneuerungsprozeß“ ablenkt - so, als ob der Papst quasi den Katholikentag „stören“ könnte.
Millionen Menschen interessiert heute an der Kirche überhaupt nur noch der Papst, doch nicht ein Symposium über Innerlichkeit mit Kirchensoziologen!
Aber selbstverständlich hat der Pastoralrat der Diözese Feldkirch recht mit der Feststellung, daß zwei Großereignisse in einem Jahr zuviel wären. Katholikentag im Frühjahr, Papstbesuch im Herbst wäre heller Wahnsinn.
Deshalb ist nur ein Katholikentag mit Papstbesuch vorstellbar. Und selbstverständlich wird Johannes Paul II. Zentralereignis des Katholikentags sein.
Das heißt aber nicht, daß nicht von diesem Katholikentag viel Besinnung, viel geistige Erneuerung ausgehen kann - auf alle Menschen dieses Landes und der Nachbarländer, nicht nur auf die Katholiken und schon gar nicht nur auf deren Funktionäre. (Um es klarzustellen: Ich bin auch einer.)
Der Katholikentag 1983 sollte eine große, Intellekt und Gefühl, Hirn und Herz ansprechende Selbstdarstellung einer Kirche sein, die unserer Zeit Hoffnung machen kann. Dieses Ziel ist erreichbar, wenn alle mittun, auf die es ankommt - Hunderte „oben“ und Hunderttausende „unten“.
Wenn wir uns das nicht mehr zutrauen, igeln wir uns halt in Tischrunden ein und bitten den Papst, 1983 statt nach Österreich in das hundertste andere noch nicht besuchte Land zu reisen.
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